THE BESNARD LAKES - A COLISEUM COMPLEX MUSEUM (2016)

Überraschung: THE BESNARD LAKES machen auf ihrem aktuellen Album A COLISEUM COMPLEX MUSEUM eine erstaunliche Entwicklung durch und einen interessante, aus der Zeit gefallenen Flower-Power-Dream-Pop.
Die kanadischen Besnard Lakes lassen uns an der Entstehung ihres ungewöhnlichen Flower-Power-Dream-Pop teilhaben.
Ist es nun ungeschickt oder Berechnung, seine neueste Platte mit musikalisch unattraktiven, aber dafür erfolgversprechenden Songs zu beginnen, um erst später Neuland zu betreten? Zumindest haben sich The Besnard Lakes für diesen Weg entschieden. So fangen sie womöglich zunächst die Aufmerksamkeit von Leuten, die einen anderen Verlauf der Geschehnisse vermuten, um diese dann ab Track 4 wieder zu verlieren. Dafür erreichen sie eventuell die an speziellen, interessanten Klängen interessierten Hörer erst gar nicht. Dieses Risiko ist nicht vermeidbar, wenn solch ein polarisierender Weg gegangen wird.
Review: The Besnard Lakes - A COLISEUM COMPLEX MUSEUM
Zunächst befriedigt die kanadische Formation, die vom Ehepaar Jace Lasek und Olga Goreas 2003 gegründet wurde, romantisch-sphärische Bedürfnisse. „The Bray Road Beast“ und „Golden Lion“ werden von einem asexuellen hohen Männergesang getragen, wie er bei Supertramp üblich war. Die Titel sind pompös, symphonisch und sakral. Sie beinhalten fiepende und breitflächige Synthesizer-Klänge und Gitarren, die entfernt Twang-Country und Surf simulieren. Samtig weiche, wolkige Synthies bilden die Grundlage von „Pressure Of Our Plans“. Romantische Stimmen unterstützen dabei watteweich. Twang-Gitarren mit Echo fallen dezent in die zuckrige Atmosphäre ein. Wer sich für ein Barclay James Harvest-Revival interessiert, liegt hier richtig.
Nun kommt der Zeitpunkt, ab dem sich die Besnard Lakes aus den Zwängen der Erwartungshaltungen und Konventionen befreien und sich dadurch neu erfinden. Ihr Lern- und Findungsprozess wird für „A Coliseum Complex Museum“ offengelegt. Die Platte führt über eine Verbindung von Melodic-Rock, Synthie-Pop und Mainstream-Progressive-Rock zu einer Art Flower-Power-Dream-Pop mit Surf-Music-Tendenzen. Das erzeugt eine ganz eigene, spezielle Stimmung.
Attraktive Surf- und silbrige, teils psychedelische Lead-Gitarren sorgen bei „Towers Sent Her To Sheets Of Sound“ für Schwung. Hier passt der harmonisch abgestufte Chor-Gesang aus dem Hintergrund hervorragend zur rauschhaften, phantasievollen Stimmung. Bei „The Plain Moon“ trifft der Soft-Rock von Fleetwood Mac auf den Electro-Groove von New Order und der Track wird noch durch attraktive weibliche Gesangsergänzungen verfeinert. Einleitende Space-Sounds weisen „Necronomicon“ den Weg zu einem schwebenden, bedächtigen, verschleierten, wolkigen Pop-Song.
Drogenvernebelt, hymnisch und zeitlupenhaft läuft „Nightingale“ ab. Perlend helle und glitzernde Vibraphon-Klänge blitzen aus den Synthesizer-Wolken hervor. Ein schleppend träger Rhythmus wird bei „Tungsten 4: The Refugee“ zu Gunsten von Pop- und Rock-Einschüben und fies jaulenden Gitarren-Passagen aufgelöst.
Die Wandlung der Band innerhalb des Albums ist verblüffend und eindrucksvoll. Schade ist allerdings, dass die ersten drei Songs nicht nach der Machart der restlichen Kompositionen entstanden sind und nicht deren Qualitätsstandard erreichen. Dann wäre dies jetzt schon ein Kandidat für die Bestenliste von 2016 gewesen. So ist „A Coliseum Complex Museum“ immerhin eine gute, interessante und ungewöhnliche Platte geworden.

Kommentare

Beliebte Posts aus diesem Blog

Waiting For Louise - Rain Meditation

Jahresbestenliste 2023

Lesestoff: Pop steht Kopf