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Es werden Posts vom 2019 angezeigt.

Abrechnung 2019

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War 2019 nun hinsichtlich der qualitativen Ausbeute von großartigen Alben und Songs ein besonderes, durchschnittliches oder schlechtes Jahr? Auf diese Frage wird wohl erst der zeitliche Abstand eine eindeutige Aussage möglich machen. Auf jeden Fall gab es wieder einige bemerkenswerte Veröffentlichungen. Und da mir längst nicht alles zu Ohren gekommen ist, was im abgelaufenen Jahr erschienen ist, kann dies nur eine kleine, subjektive Auswahl sein: Beste Alben: 01. Sugarfoot - In The Clearing Der psychedelische Country-Folk der Norweger begeistert jedes Mal von Neuem. Die Zeit scheint in ihrer Musik seit den frühen 1970er Jahren stehen geblieben zu sein und dennoch wirkt ihr Beitrag frisch, zeitgemäß und überaus spannend. 02. Calexico / Iron & Wine - Years To Burn Verwehter Hippie-Westcoast-Sound, himmlische Harmonien und filigran-sehnsüchtige Arrangements bestimmen das Klangbild von Sam Bean und Calexico. 03. Vampire Weekend - Father Of The Bride Vampire Weekend

Jesper Lindell - Everyday Dreams (2019)

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„Everyday Dreams“ von Jesper Lindell bietet authentischen Retro-Soul mit Pop-, Folk-, Blues- und Gospel-Bezügen. Sein halbes Leben lang hat der Schwede Jesper Lindell - der aus der Provinz Dalecarlia stammt, aus der auch Mando Diao und The Tallest Man On Earth kommen - damit zugebracht, sich intensiv mit Musik zu beschäftigen. Mit 13 Jahren fing der heute 26jährige Musiker an, Bass zu spielen und in einer Garagen-Band zu singen. 2017 erschien dann seine Solo-EP mit dem Namen „Little Less Blue“, auf der die Schwestern von First Aid Kit Harmonien singen und deren Vater Benkt Söderberg für die Produktion zuständig war. Nun steht die Veröffentlichung des ersten Albums an, bei dem der Blues Pills-Bassist Zack Anderson die Regie übernommen hat. Lindell zeigt sich hier als tiefgründiger Sänger und Komponist, dessen Eckpfeiler im Folk und Soul zu suchen sind. Der Opener „Whatever Happens“ ist im herzzerreißenden, schwülen Southern-Soul-Gospel zu Hause. Jesper lässt zu der hingebungsvollen M

Vug - Onyx (2019)

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„Onyx“ von Vug lässt neue Perspektiven in der Rockmusik erkennen. „Onyx“ sollte unvoreingenommen gehört werden, denn es ist unerheblich, woher die Musiker stammen und welcher Stil-Schublade sie bisher zugeordnet wurden. Die Musik spricht für sich und will entdeckt werden. Die Band zitiert und probiert, nimmt nachvollziehbare Einflüsse auf und baut überraschende Wendungen ein. Die Gruppe hat sich nach einem heute recht anachronistisch anhörenden Song der Progressive-Rock-Band Atomic Rooster benannt, deren „Devil`s Answer“ 1970 ein angesagter Song in Progressive-Rock-Kreisen war. Das Stück beinhaltet sowohl improvisierte, freie jazzige Elemente wie auch einen pumpenden Boogie-Blues, der im Hintergrund alles zusammenhält. Ein wagemutiger Track also, der sich eigentlich zwischen alle Stühle setzt und nur im damaligen Psychedelic-Hippie-Kontext ein Publikum finden konnte. Aber nachvollziehbar ist die Namenswahl schon, denn auch Vug legen Wert auf ein solides Gerüst, auf dem sie ihre vielse

"If You're Going To The City" - A Tribute To Mose Allison (2019)

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Nicht nur „Parchman Farm“, „Young Man`s Blues“ und „The Seventh Son“ gehören zu den Evergreens von Mose Allison, wie das neue Tribute-Album "If You're Going To The City" belegt. Mose Allison wurde am 11. November 1927 auf der Farm seines Großvaters nahe Tippo im Mississippi-Delta geboren und starb am 15. November 2016 in seinem Geburtsort. Seine Eltern besaßen ein Piano, auf dem er schon mit fünf Jahren Blues- und Boogie-Songs nach Gehör nachspielte, denn er war durch die Musik-Boxen des Ortes vom Sound der Südstaaten infiziert worden. Country-Blues, Jazz und Gospel bestimmten also sein Klavier-Spiel und die milde, auf den Punkt konzentrierte Stimme von Nat King Cole seinen Gesang. Nach dem Zweiten Weltkrieg nahm er zunächst ein Engagement in einer Army-Band an, bevor das Englisch- und Philosophiestudium beendet und das eigene Trio gegründet wurde. 1956 zog der Künstler nach New York und war dort unter anderem Mitglied in den Ensembles der Jazz-Künstler Stan Getz und Gerr

Kareyce Fotso & Reiner Witzel - Aneya (2019)

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Wenn Kultur auf Wirklichkeit trifft: Kareyce Fotso & Reiner Witzel verschmelzen für „Aneya“ afrikanische Traditionen mit jazzigen Beiträgen. So klingt es also, wenn das Goethe-Institut ein deutsch-kamerunisches Projekt fördert. Aneya (auf Deutsch: Elefant) ist das Ergebnis einer zweijährigen Gemeinschaftsarbeit zwischen dem deutschen Saxophonisten und Flötisten Reiner Witzel, der schon mit der Afro-Beat-Legende Fela Kuti und der Reggae-Band Third World zusammen gearbeitet hat und der Sängerin Kareyce Fotso aus Kamerun, die in ihrem Heimatland ein Star ist. Die beiden Künstler sind allerdings nicht als Duett tätig, sondern haben eine Crew aus erfahrenen Musikern hinter sich, die für eine geschmeidige, ausfüllende Grundausstattung sorgen. „Pegne“ gleitet dahin wie eine leichte, warme, sich wiegende Brise. Ein dichter, polyrhythmischer Takt sorgt dabei für die stabile Basis, auf der das weitgehend beherrscht agierende Saxophon und die engagierte Stimme ihre Dialoge austauschen. 

Woodland - Bad Days In Disguise (2019)

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Unerschöpfliches Trondheim: Woodland erweitern das Umfeld von Motorpsycho mit "Bad Days In Disguise". Trondheim in Norwegen ist die Heimat von  Motorpsycho  und die Stadt scheint - was deren Einfluss angeht - fest in ihrer Hand zu sein. Die Band hat stilübergreifend ihre Spuren hinterlassen, ihre Einflüsse geltend gemacht oder Ableger gegründet. Egal, ob sie jetzt  Spidergawd ,  Moving Oos , Orango, Wizrd, Draken oder  Sugarfoot  heißen, der heiße Atem der Überväter ist überall zu spüren. So auch bei Woodland. Das Quintett hat nämlich Hallvard Gaardløs in ihren Reihen, der auch Bassist bei  Spidergawd  und Orango ist. Die Combo scheint grade der Garage, dem Quell der Entstehung brachialer, explosiver, mächtiger Rock-Musik entsprungen zu sein. Ihre Rhythmen peitschen hungrig, die Gitarre sucht zwischen Blues, Psychedelic-, Hard- und Heavy-Rock nach Anerkennung, der Bass baut mächtig am Gerüst des Gebäudes, die Keyboards verzieren stilübergreifend und der Sänger empfiehlt sich

The Band - The Band (1969 / 2019)

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„The Band“ ist jetzt 50 Jahre alt und beinhaltet alles, was heute unter Americana verstanden wird, und dies in emotionaler wie auch musikalischer Vollendung. 1968 geriet die Musik von vier Kanadiern und einem US-Südstaatler aus Arkansas inmitten von psychedelischen Klängen zu einem originellen Phänomen, weil sie sich - obwohl traditionell ausgerichtet - neuartig, ungewöhnlich und magisch anhörte. Gemeint ist „Music From Big Pink“, das Debüt-Album von The Band, deren Mitglieder von etwa 1959 bis 1963 als Begleiter des Rockabilly-Musikers Ronnie Hawkins Erfahrungen sammelten, aber besonders ab 1965 als Backing-Band von  Bob Dylan  für Furore sorgten. Unabhängig von ihrer Herkunft waren die Männer mit Rhythm & Blues, Soul, Gospel, Country, Folk, Blues und Rock & Roll aufgewachsen und sogen diese Eindrücke wissbegierig in sich auf, die später die Grundlagen für ihre eigene Arbeit bilden sollten. Dabei verstanden sie sich nicht unbedingt als Verwalter dieser Stile, sondern als Reko

Tindersticks - No Treasure But Hope (2019)

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Die Hoffnung stirbt zuletzt und sie hält auch Einzug in "No Treasure But Hope" der Tindersticks. Gute Laune geht anders. Seit die Tindersticks 1993 ihr gefeiertes Erstlingswerk herausgaben, kultivieren die Engländer um den mit sonorer Bariton-Stimme ausgestatteten Frontmann  Stuart A. Staples  die Melancholie zu einer eigenen, intensiven, unabhängigen Kunstform und sind so als Institution in schöner Gesellschaft von  Joy Division ,  Nick Cave ,  Leonard Cohen ,  Scott Walker  und Nick Drake. Selbst Bereicherungen des Sounds mit locker-swingenden Soul-Zutaten („Can Our Love“ (2001)) konnten nur gelegentlich gedämpften Optimismus spenden. Ansonsten regiert die Anmut der gepflegten Tristesse. Neben düsteren Soundtrack-Arbeiten für die Regisseurin Claire Denis (z.B. „Trouble Every Day“ (2001)) findet diese finstere Ausdrucksform bei „Ypres“ (2014) besonders bedrückende Begleitumstände. Hierbei handelt es sich nämlich um eine Klanginstallation, die als Dauerschleife in einem Muse