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Es werden Posts vom Mai, 2020 angezeigt.

Lost & Found-Portrait: Günter Ramsauer – Das Leben als Mixtape.

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Das war schon lange überfällig. Da habe ich einen langjährig musikjournalistisch tätigen Kollegen und Freund,  der auch als Buchautor tätig ist und ich habe es lange versäumt, auf Spurensuche zu gehen und die Hinter- und Beweggründe seines Handelns aufzudecken. Aber dafür ist LOST AND FOUND ja da. Schon 2014 ist sein zweites Buch erschienen und das nehme ich zum Anlass, seinen Werdegang aufzudecken. Günter, spulen wir zurück zum Anfang. Wie hast Du als Kind Musik aufgenommen und erlebt? Wurde bei Dir zuhause musiziert oder haben Dich Deine Freunde musikalisch beeinflusst? „Zuhause musiziert wurde bei uns nicht, dafür durfte ich in meiner Kindheit dem deutschen Schlager der 50er und 60er Jahre lauschen. Ich erinnere mich noch gut daran, wie mein Vater am Wochenende mit dem Cassetten-Recorder vom Radio die neuesten Hits aufnahm, denn Vinyl-Singles und Langspielplatten waren nur in Ausnahmefällen mit dem Haushalts-Budget zu bestreiten. Obwohl niemand ein Instrument spielte, wünschte i

Vikesh Kapoor - The Ballad Of Willy Robbins (2013)

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Vikesh Kapoor ist ein ernsthafter junger Folk-Musiker, der wie aus der Zeit gefallen scheint. Aber eigentlich ist er auch grade wieder modern, denn er spiegelt genau den Sound wider, der im aktuellen Coen-Brüder Film INSIDE LLEWYN DAVIS porträtiert wird. Gemeint ist die New Yorker Greenwich Village Folk-Szene der frühen und mittleren 60er Jahre, aus denen solche Größen wie DAVE VAN RONK (sein Leben lieferte grob die Vorlage für den Streifen), PHIL OCHS und BOB DYLAN hervorgegangen sind. Auch wenn er seine Songs nur einmal solo zur Gitarre vorträgt (bei „Blue Eyed Baby“), wird sein Hang zum Geschichtenerzähler deutlich. THE BALLAD OF WILLY ROBBINS basiert inhaltlich auf einem Zeitungsartikel. Der Name ist ausgedacht, die Geschichte ist wahr. Sie erzählt vom Scheitern eines Arbeiters in der Zeit der wirtschaftlichen Depression. „Es ist die brutale, aber hoffnungsvolle Geschichte von einem Mann, der nach und nach alles verliert: Ambitionen, Gesundheit, Familie und Schutz“, so beschreibt V

Lost & Found-Portrait: Lizz Wright – Grenzensprengende Stimmgewalt.

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Formal wird sie dem Jazz zugeordnet. Diese Einordnung widerspricht aber ihrer Flexibilität. LIZZ WRIGHT, geboren am 22. Januar 1980 in Hahira im Bundesstaat Georgia, im Süden der USA, ist eine Grenzgängerin zwischen den Stilen Jazz, Gospel, Rhythm & Blues, Pop, Country, Folk, Gospel und Soul. Auch die Wahl ihrer Cover-Versionen zeigt, dass sie keine Berührungsängste kennt. Sie wagt sich dabei in Bereiche vor, die von anderen Kolleginnen weitgehend gemieden werden. LIZZ WRIGHT wurde die Wirkung, die Musik auf Körper und Seele haben kann, schon von klein auf bewusst. Ihr Vater war Prediger und sie sang schon als Kind in seinem Kirchenchor und erhielt Klavierunterricht. Musik muss berühren, es muss ein Funke überspringen, der Hörer und Künstler verbindet. Darauf legt sie bei der Auswahl von Fremdmaterial und beim Komponieren ihrer Songs großen Wert. LIZZ WRIGHT wirkt sehr überlegt bei ihrem Vorgehen und tief verbunden mit dem, was sie tut. Sie lässt sich ausreichend Zeit, neue Aufnahm

The Grave Brothers vs. Adios Pantalones - Clash Of The Primitives (2013)

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Diese Split-CD präsentiert THE GRAVE BROTHERS und ADIOS PANTALONES aus Belgien mit jeweils 6 Songs. Nach eigenem bekunden sind die GRAVE BROTHERS eine Country/Punk/Psychobilly/Bluegrass-Band. Eine treffende Beschreibung, denn alle diese Elemente kommen in ihrer Musik wechselweise vor. Ergänzen kann man noch eine gewisse Schwäche für ENNIO MORRICONE-Soundtracks. Die Band nutzt die Ausgelassenheit des Bluegrass, um den Stücken einen erdigen Bezug zu verleihen. Das Banjo wird dabei häufig als ein Lead-Instrument eingesetzt und sorgt für vergnügliches Fußwippen. Die Präsentation beginnt mit GOAT SKIN CLOGS, einem munteren Instrumentaltitel mit lebhaftem, führenden Banjo und anregend-melodischer E-Gitarrenbegleitung. Es folgt WAY UP HIGH/DOWN BELOW. Hier ist die Band noch schneller unterwegs. Sie stellen eine Verbindung von Punk und Bluegrass her, früher hieß das mal COWPUNK. Der Lead-Gesang klingt gehetzt und wird noch durch einen aufgepeitschten Chor-Gesang im Refrain zusätzlich angestach

Sea Wolf - Old World Romance (2013)

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SEA WOLF ist das Pseudonym, unter dem ALEX BROWN CHURCH aus Kalifornien Musik macht. Bei seinem 4. Album OLD WORLD ROMANCE halfen ihm Multiinstrumentalist ZAC RAE, Drummer JOEY FICKEN, Bassist TED LISCINSKI und Keyboarderin LISA FENDELANDER bei der Umsetzung. Musiker, die den Weltschmerz auf ihren Schultern tragen, gibt es mehr als genug. Auch bei SEA WOLF gibt es eine melancholische Grundausrichtung. Es wird jedoch versucht, diesen Aspekt in ihrem Folk-Pop durch einen stellenweise übertriebenen Einsatz von synthetisch-stupiden Drum-Sounds wieder aufzulösen. Leider läuft diese Aktion manchmal ins Leere. Dann tötet das einfallslose, aufdringliche Getrommel den sensiblen Charakter der fragilen Ton-Gebilde. Ihre Substanz wird dadurch ausgehöhlt und so ist das Ergebnis dann nicht Fisch noch Fleisch. So geschehen bei:  IN NOTHING, KASPER und MIRACLE CURE. Ausgewogenere Songs, wie das schöne, von Mellotron-Schwaden umwehte BLUE STOCKINGS oder das eingängige WHIRLPOOL verströmen eine etwa

Waiting For Louise – Treetones (2013)

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Setzte das letzte WAITING FOR LOUISE Album ROADSONGS FOR THE BUSINESS CLASS von 2010 bei mir noch einen Schwall von Assoziationen frei, so ringe ich bei TREETONES damit, die Aufnahmen in einen Zusammenhang im Pop-Universum zu bringen. Zu eigenständig, unabhängig und beständig gereift ist die Band, um sich plump zu- und einordnen zu lassen. Bisher konnte man sich immer noch mit „Americana im weitesten Sinne“ herauswinden, wenn es um eine schnelle Beschreibung gehen sollte. Aber TREETONES sprengt selbst solch eine weit gesteckte Markierung. W4L bestand bei den neuen Aufnahmen aus Mastermind MICHAEL MANN (Gesang, akustische und Bariton-Gitarre, Banjo, Mundharmonika und Harmonium), DETLEF GOCH (Drums & Percussion), JOHANNES LEHMANN (Bass) und UTE RETTLER (akustische und elektrische Gitarren und Mandoline). Ein eingespieltes Team von Amateurmusikern, die wie Vollprofis klingen. Harmonisch, akzentuiert, flexibel und kreativ schaffen sie Stimmungsbilder, die anregend sowie phantasie- un

Trentemøller - Lost (2013)

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Anders Trentemøller geht neue Wege. Er verwendet Dance-Music-Themen, bewegt sich aber auch in Independent-Rock-Gefilden und ist auch nicht abgeneigt, klassische Songwriter-Strukturen einzubinden. Von Haus aus ist der Däne Techno- und House-Music-Produzent sowie Remixer. Er tummelt sich also hauptsächlich in der Dancefloor-Club-Szene. Bisher wurde man auf ihn durch etliche Singles und EP`s, zwei Volle-Länge CDs und einige Compilation-Beiträge aufmerksam. Darunter seine Zusammenstellung für die LATE NIGHT TALES-Reihe, die sein weites Spektrum zeigt. Hier findet man 60er Jahre Girlgroup-Sound (Remember von den Shangri-La`s) neben Velvet Underground. Und ein introvertierter Songwriter wie M. WARD wird zwischen allerlei sphärischen, atmosphärischen Klängen und dunklen Indie-Rock-Beigaben platziert. Besonders reizvoll ist dabei seine eigene geheimnisvolle Cover-Version von CHRIS ISAAK`s BLUE HOTEL.  Eine besondere Verbindung hat er anscheinend zu den Slow-Core-Musikern von LOW. Diese berücks

The Monsters – Masks (1989) + The Hunch (1991)

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Die Schweiz ist nicht nur bekannt für ihre hohen Berge, ihr verschwiegenes Bankensystem, herzhaften Käse und Atemwege befreiende Bonbons, sondern unter Insidern auch für wilde, ungezügelte, ursprüngliche Klänge zwischen spätem Rhythm & Blues und frühem Rock`n`Roll. Dieser Sound wird auf dem Spezialitätenlabel VOODOO RHYTHM mit adäquaten Auswüchsen in verschiedene andere gleichnamige Richtungen präsentiert. Jetzt gibt es neues Altes vom Label-Eigner Reverend Beat Man. Quasi seine Jugendsünden, die unter der Marke THE MONSTERS ausgelebt wurden. Die ehemaligen Vinyl-Veröffentlichungen MASKS (1989) und THE HUNCH (1991) werden jetzt als CD, Vinyl und Download wiederveröffentlicht. Und entsprechend der Label-Philosophie findet man auch hier heftig rumpelnde, wilde Rhythmen vor. Ganz in der Tradition der Vorbilder der CRAMPS und dem, was diese Retro-Rocker selber als Rocka- oder Psychobilly aus den Vorlagen recycled haben. Das Debutalbum wurde damals in 3 Tagen im Luzerner Schweinesou

Jake Bellows - New Ocean (2013)

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Bei NEW OCEAN geht es inhaltlich unter anderem darum, dass man die Angst vor dem Tod verlieren kann, wenn man begreift, dass wir alle Teil eines großen Ganzen sind. Das ist ein Aspekt der philosophischen Botschaften, die JAKE BELLOWS mit seiner Arbeit verknüpft. Hier zeigt sich, dass er sich für die großen ungelösten Rätsel der Menschheit interessiert. Seine Leidenschaft gehört jedoch in erster Linie der Musik. Er war lange Zeit Frontmann der Indie-Rock-Band NEVA DINOVA, hatte sich aber nach deren Auflösung aus dem Musikbusiness zurückgezogen. Anlässlich eines Soundtrack-Projektes erkannte er aber, dass er nicht vom musizieren lassen konnte und stürzte sich in die Arbeit zu seinem ersten Album unter eigenem Namen. Der titelgebende Opener lässt mich mit seinem geschrammelten, konturlosen Indie-Rock noch völlig kalt zurück. ALL RIGHT NOW punktet dann aber mit einer einschmeichelnden Melodie und mit verzerrten, eruptiven Gitarrenausbrüchen. Bei   YOU AND ME wird das Tempo rausgenommen. Be

Songs des Tages: Der Corona Soundtrack mit Gene Clark und The Rembrandts.

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Die derzeitigen Einschränkungen des gewohnten Leben haben einen ernsten Hintergrund: Den Schutz von sogenannten Risikogruppen. Solidarität ist also oberstes Gebot. Vorsicht gegenüber denen, für die das Corona-Virus eine tödliche Gefahr darstellen kann, ist geboten. Das hat zur Folge, dass die gewohnte Nähe zu anderen Menschen durch Abstands- und Hygieneverordnungen aus Sicherheitsgründen nicht möglich ist. Dieser Zustand kann nicht adäquat ersetzt werden, aber die Musik kann in dieser Situation für Ablenkung und Kraft sorgen. Und da spielen zwei Songs für mich grade eine zentrale Rolle: Die stimmungsvolle Ballade “From A Silver Phial” von Gene Clark ist Trostspender und Mutmacher zugleich, während die Power Pop-Kraft von “I`ll Be There For You” von The Rembrandts für positive Schwingungen und Aufbruchstimmung sorgt  Zwei Seiten einer Medaille also, die jeweils intro- und extrovertierte Gefühle in den Mittelpunkt stellen. Gene Clark nimmt den Hörer in den Arm, sorgt für Empathie und b

Lost & Found-Portrait: The Byrds – Höhenflüge in stürmischen Zeiten.

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Es gibt kaum eine einflussreichere Band als THE BYRDS aus Los Angeles. Sie prägten die Stile Folk-Rock, Psychedelic-Rock, Country-Rock und Americana entscheidend mit und hatten immer außergewöhnlich talentierte Sänger, Komponisten und Musiker in ihren Reihen. Die Anfangsformation bildeten der unangepasste Folksänger DAVID CROSBY, der Dylan verehrende Song-Schreiber GENE CLARK und der im Vorleben BEATLES-Songs vortragende Gründer JIM „ROGER“ McGUINN. Vervollständigt wurde die Combo durch den auf Bass umgestiegenen Mandolinenspieler CHRIS HILLMAN und Drummer-Neuling MICHAEL CLARKE. Wahrscheinlich wurde schon alles Erwähnenswerte über die Bedeutung  dieser Formation geschrieben. Deshalb wird sich LOST AND FOUND auch darauf konzentrieren, an die subjektiv auffälligsten Songs ihrer Karriere zu erinnern und das sind nicht immer die offensichtlichen Hits. In den USA tüftelten gegen Mitte der 60er Jahre viele junge Leute an der Umsetzung einer Gegenkultur mit einem neuen Lebens- und Freiheit