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Es werden Posts vom 2022 angezeigt.

Marxist Love Disco Ensemble - MLDE

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Für das Marxist Love Disco Ensemble gehören Marx & Dancefloor genauso zusammen wie Philosophie und Groove.   Tanzbare Musik und politische Aussagen - kann das zusammenpassen? Es kann und diese Kombination ist nicht neu. In den 1980er Jahren erregten zum Beispiel Heaven 17 im Jahr 1981 mit ihrer Single " (We Don`t Need This) Fascist Groove Thang " Aufsehen, weil sich der Text kritisch mit der Haltung von Margaret Thatcher und Ronald Reagan im Hinblick auf Rassismus und Faschismus auseinandersetzt. Aufgrund dieser provokanten Aussagen wurde der Titel von der BBC verboten. " Free Nelson Mandela " von The Special AKA sorgte 1984 dafür, dass das Schicksal von Nelson Mandela einer größeren Öffentlichkeit bekannt wurde und unterstützte somit in gewisser Weise seine Freilassung. Derlei Beispiele von Protest-Songs, die Menschen zum Denken und Handeln bewegen, gibt es viele. Stellvertretend dafür seien hier  die 1969er Anti-Vietnam-Kriegs-Hymne  " War " von Edwi

Teresa Bergman - 33, Single & Broke

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Aus einer beklemmenden Ausnahmesituation entsteht ein kreativer Höhenflug: Teresa Bergman öffnet mit "33, Single & Broke" ein Füllhorn an ideenreichen, hochkarätigen Songs.    Was für eine ernüchternde Bilanz. Es ist nicht unbedingt katastrophal, mit 33 Jahren noch oder wieder Single zu sein, aber es ist besorgniserregend, wenn man sich ausgelaugt, pleite, vielleicht ausgenutzt oder kaputt fühlt. Genau das ist der neuseeländischen Wahlberlinerin passiert: Die Pandemie nahm ihr die öffentliche Arbeit als Musikerin und zeitgleich musste sie eine Trennung verarbeiten - eine erschütternde Kombination.  Statt sich jedoch in Selbstmitleid zu suhlen, wandelte Teresa Bergmann ihre Enttäuschung in kreative Energie um. Sie inszeniert sich in ironisch-lustigen Videos als eine Protagonistin, die optisch an die oft missverstandene französische Königin Marie Antoinette angelehnt ist. Für ihr drittes Album "33, Single & Broke" schlüpft dieser Charakter sozusagen in ihre Ro

Alina Bzhezhinska & HipHarpCollective - Reflections

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"Reflections" zeigt, welche Strahlkraft eine Harfe besitzen kann, wenn sie eine Könnerin bedient und das sie begleitende Ensemble geschmackvoll arrangiert wird . Bei aller Eigenständigkeit und Kreativität kann die in London lebende ukrainische Harfenistin Alina Bzhezhinska ihre Verehrung für die Kolleginnen Dorothy Ashby und Alice Coltrane (die ex-Frau des Saxophonisten John Coltrane) nicht leugnen. Kunststück, so viele prägende Harfenistinnen gibt es ja auch gar nicht im Jazz. Und damit ist auch schon die grobe Stilrichtung von "Reflections" vorgegeben: Spirituell verspielter und intellektuell groovender Jazz, der genauso von einer festen Struktur wie von lebendiger Improvisation lebt. Die glitzernd perlenden, rauschend wehenden und klingelnd hellen Töne der Harfe prägen selbstverständlich das gesamte Klangbild, lassen aber auch Raum für andere Sound-bildende Instrumentalisten. So trägt beim Eröffnungstrack ” Soul Vibrations " (der ursprünglich 1968 von Doroth

Skye Wallace - Terribly Good

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" Terribly Good" bietet e nergische Girl-Power, die mitreißend, melodisch und voll innerer Spannung in Szene gesetzt wird.  Wo sind sie geblieben, die peppigen, erfrischenden, engagierten Bands, bei denen Frauen dringlich und selbstbewusst  den Ton angeben, wie bei   The B-52`s , Blondie , The Go-Go`s , The Bangles , The Donnas oder den  Pretenders ? Sie sind völlig zu Unrecht aus der Mode gekommen. Das ist bedauerlich, denn Musikerinnen, die schon alleine mit ihrem Temperament statt nur mit schierer stimmlicher Gewalt (wie z.B. Whitney Houston oder Adele) auftrumpfen, haben sich stets als nachhaltig vitalisierende Unterhaltungs-Künstlerinnen herausgestellt. Die Kanadierin Skye Wallace weiß genau, wie man schwungvoll-vitalisierendes Material, das zwischen Pop und Rock angesiedelt ist, attraktiv in Szene setzt. Textlich dreht sich bei "Terribly Good" vieles um den Selbstfindungsprozess der jungen Frau. "Am Anfang war ich spröde, da war ich in meiner schlimmsten

Karolina - All Rivers

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Mit "All Rivers" schüttet Karolina ein Füllhorn an bezaubernden Ideen und speziellen Sounds aus. Die israelische Sängerin und Komponistin Keren Avratz bekam ihren Spitznamen Karolina von ihrer Großmutter verliehen. Nach ihren Projekten Funset und Trio Habanot Nechama startete sie ihre Solo-Karriere dann unter diesem Pseudonym. "All Rivers" ist jetzt ihre erste englischsprachige Veröffentlichung und trägt den Gedanken in sich, dass alle Flüsse ins Meer fließen oder dass eigentlich alle Flüsse zu den Flüssen zurückfließen. Es geht also um Kreisläufe, die von Wellen angetrieben werden und das Album spiegelt diese Wellenbewegungen laut Deutung der Künstlerin als Ausdruck verschiedenartiger Emotionen wider. Credit: Tru Thoughts Gleich zu Anfang entführt Karolina mit "Boots" unter Mithilfe des israelischen Multi-Instrumentalisten und Arrangeurs Avishai Cohen in eine glitzernd-bunte Klangwelt zwischen Traum und Realität. Karolina verkörpert mit ihrer akzentuierte

Jeb Loy Nichols - United States Of The Broken Hearted

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Jeb Loy Nichols, wie man ihn kennt und schätzt: Lässig, intelligent und geschmackvoll. Jeb Loy Nichols scheint eines der am besten gehüteten Geheimnisse der Pop-Musik zu sein. Der Musiker veröffentlicht seit 1990 - zuerst mit seiner Band Fellow Travellers , dann ab 1997 als Solo-Künstler - konstant hochwertige Alben, die sich unter anderem aus Folk-, Country-, Reggae-, Jazz-, Soul-. Funk-, Pop-, Weltmusik- und Blues-Bestandteilen speisen. Nichols ist lässig wie Jack Johnson , vielseitig wie Paul Simon und verfügt über eine markante, näselnd-sinnliche Stimme mit hohem Wiedererkennungswert. Seine Songs sind anmutig und pfiffig, können also zu Tränen rühren (z.B. "Kissing Gate" von "Just What Time It Is" (2000)) oder hinsichtlich ihres speziellen Charakters verzücken (z.B. "My Kind" von "Days Are Mighty" (2007)). Aber der große Durchbruch lässt trotzdem immer noch auf sich warten. Credit: Jeri Noble Vielleicht ändert sich das ja jetzt mit seinem vi

Lemony Rug - Bigger Frame

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Veränderungen und Erfahrungen erweitern den Horizont und haben "Bigger Frame" inspiriert. Léon Rudolf, der  in Hamburg lebende Singer-Songwriter und  Sänger der Band Bilbao , legt mit "Bigger Frame" nach "There`s Good To Come" aus 2021 seine zweite Solo-EP als Lemony Rug vor. Credit: Marvin Contessi Prägende Erlebnisse und Erfahrungen haben aus der aktuellen Perspektive für einen erweiterten Blick auf das große Ganze bei  Léon Rudolf geführt. I m Sinne einer angepassten Lebensphilosophie leitet sich  der Titel "Bigger Frame" davon ab. Die allgemeinen weltpolitischen Entwicklungen haben jedoch nicht zu einer düsteren musikalischen Reflexion geführt, sondern es werden viele sonnige Melodien bereitgehalten.  Die Töne von "Out Of Here" und "Mt. Everest"  klingen einerseits mühelos-luftig wie schwebende Löwenzahn-Samen, sind andererseits so erfrischend wie Meeres-Brisen.  Die Gefühle schlagen zwar in beiden Fällen keine Purzelbäume

Love Machine - Alles OK

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"Alles OK" ist ein Trugschluss, den Love Machine ironisch aufarbeiten und zugleich ihre Kompositionen nicht selten mit ungestümen Tönen unterlegen. "Alles OK" ist die fünfte Platte der Düsseldorfer Love Machine. Love Machine spielen punkigen Hard-Rock  mit einer anarchistischen Grundhaltung. R egelmäßige Ausflüge in andere Stilrichtungen gehören wie selbstverständlich zur Tagesordnung. Sie reichen von Progressive-Rock-Experimenten über Jazz-Einflüsse bis hin zu Pop-Einbindungen.  Credit: Frederike Wetzels Vor Überraschungen ist man bei diesem Quintett jedenfalls nie sicher. Die Rhythmen des groovend hüpfenden Minimal-Art-Intros ziehen sich fast durch den gesamten Eröffnungs-Song "Leben und sterben bei Nacht", während der Gesang von Marcel Rösche auf Coolness bedacht ist und er mit seiner dunkel-herben Stimme ein eigenständig-weises Aroma hinterlässt. Hart-heftige Heavy-Metal-Riffs reißen das Stück aus seinem sauber strukturierten Ablauf und lassen die Luft

Old Sea Brigade - 5 AM Paradise

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Old Sea Brigade haben sich ein warmes Plätzchen zwischen Pop und Folk gesucht und füllen dies mit zärtlich-gepflegten Liedern aus. Old Sea Brigade haben sich im Soft-Pop-Bereich mit Folk-Wurzeln etabliert. Der warme, weiche Sound wirkt dabei nur selten seicht, aber immer hübsch und leicht. "5 AM Paradise" ist das dritte Album des 1991 in Atlanta, Georgia geborenen Ben Cramer, der als Old Sea Brigade seit 2016 seine musikalischen Fantasien auf physischen Tonträgern auslebt.   Credit: Sophia Matinazad Der in Nashville lebende Singer-Songwriter, der eine unverwechselbare, beruhigend-ausgeglichene Stimme besitzt, thematisierte auf "Ode To A Friend" aus 2019 den Selbstmord seines besten Freundes und beschäftigte sich bei " Motivational Speaking " unter anderem mit der Vergänglichkeit des Seins. Der Song "5 AM Paradise" beschreibt, um was es generell aktuell geht: Er stellt nämlich die Reifung des Charakters in den Vordergrund. Als Twen steht oft das P

Yes We Mystic - Trust Fall

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Man soll aufhören, wenn es am Schönsten ist oder wenn erkannt wird, dass die Zeit reif für einen Wendepunkt ist.   10 Jahre bestand das kanadische Quintett Yes We Mystic und nun gab es den gemeinschaftlichen Beschluss, dass mit dem dritten Werk "Trust Fall" die Band-Geschichte ein Ende finden soll. Dafür wurden nochmal alle Energien gebündelt, Gast-Musiker und Musikerinnen eingeladen, ein flankierendes Kunstwerk installiert ("Trust Fall Hotline") und ein letztes Proberaum-Live-Video der Songs "Sit Down", "Head Rush", "High Beams" und "Long Dream" zusammen mit den ehemaligen Mitgliedern Eric Ross und Solana Johannson gedreht ("Showroom"). Ein würdiger Abschluss! Die Formation um Adam Fuhr (Gesang, Tasteninstrumente, Gitarren, Schlagzeug-Programmierung), Jensen Fridfinnson (Gesang, Violine, Keyboards), Keegan Steele (Gesang, Synthesizer, Mandoline) Jodi Plenert (Cello) und Jordon Ottenson (Schlagzeug, Percussion) wird