Angela Aux - Wrap Your Troubles In Dreams (2016)

Was zeichnet vor allem einen guten Song aus? Eine raffinierte Melodie, die Emotionen auslöst und geheimnisvoll bleibt. Dieses Rezept setzt der vielseitige Künstler FLORIAN KREIER mit seiner Kunstperson ANGELA AUX um. Er plündert die Folk-Songs einiger großer Individualisten, interpretiert die Vorlagen intim und hat sich schöne, verschlungene Melodien einfallen lassen. Fertig ist WRAP YOUR TROUBLES IN DREAMS.

Traumhafte Melodien und Besinnlichkeit sind die Basis dieser intimen Folk-Songs von Angela Aux alias Florian Kreier.

Das ist erklärungsbedürftig: Angela Aux ist ein Mann mit blonder Perücke, Frauenkleidern und Vollbart. Anders als bei Conchita Wurst handelt es sich jedoch nicht um eine transsexuelle Darstellung, sondern eher um ein androgynes Verwirrspiel. Angela beziehungsweise Florian Kreier stammt aus dem Chiemgau, lebt in München und ist als Musiker noch in den Projekten Aloha Input, Futurehausen und L`egojazz tätig, sowie unter dem Pseudonym Heiner Hendrix als Journalist und Autor bekannt. „Wrap Your Troubles In Dreams“ ist bereits das dritte Album unter dem Pseudonym Angela Aux. Es zeigt den umtriebigen Künstler als jemanden, der mit wenigen Zutaten einen stimmigen Song zustande bringt, dabei zwar deutlich Vorbilder zitiert, sich aber kompositorisch nicht vor denen verstecken muss.
Angela Aux: Wrap Your Troubles In Dreams (CD) – jpc
Der „Fucked Up Blues“ eröffnet mit verhalten-schüchternem Gesang. Die schrammelnde Akustik-Gitarre klingt dazu eher unbeholfen. Geschmeidige Streicher, verspielte Electronics und monoton klimpernde Piano-Beigaben helfen dem kurzen, ruhigen Lied, interessant über die Runden zu kommen. Für „Make Up Your Mind“ wird die unverstärkte Gitarre, die häufig als Lead-Instrument eingesetzt wird, wieder in den Vordergrund gestellt. Eine dezente Untermalung taucht auf und versetzt das Lied in ein mildes Licht.
Der „Alien Song“ gemahnt in seiner unnachgiebigen Monotonie an die Solo-Sachen des Pink Floyd-Gründers Syd Barrett. Schwellende Piano-Akkorde und eine zurückgenommene, Akkorde streichende Gitarre sind die einzigen Begleiter auf dieser außerirdischen Reise und „Simone Please“ ist ein Streicher-umwehtes, romantisches Stück mit hinreißender Melodie. „Help Me Out“ und „Big City Blues“ wurden genauso gefühlsbetont interpretiert, wobei der „Big City Blues“ ein wenig heller und lebhafter ausgefallen ist.
Gemütlich trabend, mit vorsichtigen E-Gitarren-Einwürfen geht es bei „No Encore“ zu. Unaufgeregt und gleichförmig gerät dieser Hippie-Folk in die Gehörgänge. „Wrap Your Troubles In Drums“ ist ein Beispiel für Folktronic: Ein Drum-Computer gibt den Takt vor und darüber trägt ein billiges Bar-Piano gleichbleibende Akkorde bei. Im Hintergrund laufen dann noch Field-Recordings von menschlichen Stimmen ab. Zu „Diachronic Blind Spot“ und „Personal Howl“ fällt der akustische, melodiebetonte Beck von „Mutations“ aus 1998 ein. Aber auch Neil Youngs „Silver & Gold“ (2000) bietet Anknüpfungspunkte.
Es braucht nicht viel Fantasie, bei der Musik die Haupt-Eckpfeiler Elliott Smith (z.B. „Fucked Up Blues“), Nick Drake (z.B. „Make Up Your Mind“) oder Syd Barrett (z.B. „Alien Song“) zu erkennen. Das ist sehr offensichtlich, aber trotzdem wurde dieses wohltemperierte Folk-Konzept sehr ansprechend und schlüssig umgesetzt. Da Angela melodieverliebt ist, funktionieren die Songs in jeder Ausprägung.
Die Begleitung ist intim, warm und geschmackvoll. Die Singstimme kommt angenehm zurückhaltend, frei von Exzessen, voller Harmonie und Wärme, aber dennoch präsent rüber. Sympathie, Demut und Zufriedenheit werden dadurch überzeugend transportiert. Die Melancholie ist daher nicht lähmend, sondern schmiegt sich wie eine weiche, kuschelige Decke um die Gehörgänge. Das ist im Ansatz pure Wohlfühlmusik, die sich an wertbeständigen Vorlagen orientiert.

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