Graham Candy - Plan A (2016)

Es gibt einen neuen Hoffnungsträger auf den Pop-Olymp: GRAHAM CANDY hat grade sein erstes Solo-Album veröffentlicht. Es trägt den Namen PLAN A und zeigt den extravaganten Sänger, der 2014 am Sommerhit „She Moves (Far Away)“ von Alle Farben beteiligt war, in bestechender Form. 

Graham Candy ist ein Tausendsassa mit einem erfrischenden und stellenweise auch unkonventionellen Pop-Verständnis.

Graham Candy hat keinen Plan B. Für ihn gibt es keine Kompromisse, sondern nur den einen, direkten Weg. Zielstrebigkeit gehört zu seinen herausragenden Merkmalen. Egal, ob er sich der Schauspielerei widmet oder als Musiker tätig ist. Schon früh hatte er den Wunsch, Songs zu schreiben. Deshalb schwänzte er die Schule und ließ sich von Freunden Gitarrengriffe beibringen. Im Jahr 2013 machte er sich von seiner Heimat Neuseeland nach Berlin auf und nahm dort mit dem DJ und Produzenten Alle Farben den Song „She Moves (Far Away)“ auf, der 2014 als Sommerhit in die Top 10 in Deutschland gelang.
Graham Candy - Plan A - Ahoimag
Für sein Solo-Debüt öffnet er jetzt sein breites Geschmacks-Spektrum und versteht es oft, selbst abgedroschenen Mainstream-Ansätzen neues Leben einzuhauchen. So geht es mit „Glowing In The Dark“ direkt auf die Tanzfläche. Electro-Disco-Pop ist angesagt. Lockere Partylaune wird verbreitet. Musikalisch bewegt sich das zwar zwischen den Pet Shop Boys und Lady Gaga, klingt aber trotzdem frisch und unverbraucht.
Graham Candy ist ein beeindruckender Komponist mit einer großen stimmlichen Bandbreite. Es werden zwar die höheren Tonlagen bevorzugt, andere Stimmlagen bereiten aber auch keine Probleme. Als Sänger löst er die traditionelle geschlechtliche Zuordnung auf, da der reine Klang diese Einstufung nicht mehr zweifelsfrei ermöglicht, was aber hier auch irrelevant erscheint. So führt der Gesang auch bei „90 Degrees“ auf die falsche Fährte. Kaum jemand würde darauf tippen, dass bei diesem vom Rhythm & Blues angeheizten Tanzbodenfüller ein Mann singt. Das klingt schon eher nach Duffy.Was letztlich zählt, ist die Wirkung der Stimme auf den Hörer und die ist betörend, ergreifend, beschwörend oder überschwänglich.
Graham begleitet „Home“ mit hoher, aber kontrollierter Stimme, die sich nah am Falsett bewegt. Diese Ballade ist feierlich und wird vom Piano geführt, von einem Chor geadelt und von einem künstlichen Takt am Leben gehalten. So wie mit der Verbindung von Power Pop und Soul bei „Back Into It“ umgegangen wird, erinnert Graham an einen anderen aufstrebenden Musiker, nämlich an Joel Sarakula.
Ähnlich zeitlos findet er die Ideallinie zwischen Hitpotential und raffinierten Arrangements. Das Ergebnis ist dann eine packende, intelligente radiotaugliche Hymne. „My Wellington“ entfacht karibische Leichtigkeit, bekommt aber auch Sollbruchstellen verpasst, um den Titel nicht zu gefällig und durchschaubar erscheinen zu lassen. Mitsing-Pop in gemäßigtem Tempo bietet „Kings And Queens“. In einer besseren Welt wären einige Songs von Graham Candy Chart-Stürmer. Hier sind sie höchstens Favoriten bei Pop-Gourmets.
Der Song „Travellers Lovers“ steht immer kurz vorm Brodeln, es wird aber stets der Deckel draufgehalten. Und so kühlt sich das Gebräu immer wieder ab. Emotional hochtrabend, schmachtend, vor Rührung überlaufend, so präsentiert sich das eindrucksvoll gesungene „Little Love“. „Paid A Nickel“ entzieht sich klaren Zuordnungen. Exotik, Extravaganz und seelenvoller Gesang prägen dieses stilübergreifende Lied, das sich nicht eindeutig bei Soul, Pop oder Kunstlied einordnen lässt. „Broken Heart“ überträgt Lagerfeuerromantik in eine sehnsüchtig gesungene Ballade. Die E-Gitarre trägt bei „Memphis“ spielerisch-jazzige Züge. Der Takt wird zunächst nur locker angedeutet und im Verlauf stufenweise verstärkt. Graham steigert sich gesanglich phasenweise von einem intimen Begleiter zu einem intensiven Shouter.
„Heart Of Gold“ ist nicht eine Cover-Version der Neil Young-Komposition. Der Track fängt an wie „When We Were Young“ von Adele. Der Gesang rochiert dazu zwischen Fistel-Stimme und feminin-operettenhafter Ausrichtung sowie hellem, geschlechtlich nicht zuordenbaren Tönen. Musikalisch wird im Kern moderner Electro-Pop mit Balladen-Charakter ohne besondere Note geboten.
Kompositorisch nähert sich Graham gängigen Trends an, hat aber auch ein Faible für den zeitlosen Pop-Song. Durch diesen Spagat bietet er ein Spektrum an, das durchaus auch Fusionen zulässt und Zuordnungen offen gestaltet. Hier tun sich vielfältige Möglichkeiten auf. Die Prognose ist: Graham Candy könnte ein kommender Star sein. Es muss nur noch die breite Öffentlichkeit auf ihn aufmerksam werden. Vielleicht hat er sogar das Potential, das Erbe von Prince anzutreten.

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