MARIA TAYLOR - In The Next Life (2016)

Maria Taylors Mehrkomponenten-Folk erfüllt viele Bedingungen, um einen harmonischen und intensiven Gesamteindruck zu hinterlassen.

Maria Taylors gemeinsame Arbeit mit ihrer besten Freundin Orenda Fink vereinte beide Musikerinnen nach mehreren Anläufen im Duo Azure Ray. Auch solo bildete Maria die Stationen und Erfahrungen ihres Lebens ab und feierte mit dem Album „Something About Knowing“ 2013 den Umzug nach Kalifornien und die Gründung einer Familie. Die Verantwortung als Mutter und die neue Rolle als Ehefrau veränderten die Weltsicht. Aus dieser Perspektive zog sie Bilanz, stellte sich die Sinnfrage nach dem Inhalt des Lebens und überlegte, was ihr wohl die Zukunft bringen mag. „In The Next Life“ sollte unter der gedanklichen Voraussetzung, dass nur noch ein Album möglich wäre, ein endgültiges Statement abgeben. Also die volle Konzentration im Angesicht der Veränderung und Vergänglichkeit auf die Musik lenken.
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Diese Besinnung auf neue Erfahrungen und die Endlichkeit des Lebens hat aber nicht zu einem schmerzlich-verzweifelten Werk geführt, sondern eher zu einem weitgehend harmonisch-gelassenen Zustand beigetragen. Die Songs bestehen dabei immer mindestens aus zwei Komponenten, wobei die Basis Folk oder Folk-Rock ist: „Home“ klingt feierlich und würdevoll. Der Song beginnt als verletzliche Piano-Ballade und bekommt am Ende noch einen kurzen Ruck durch einen Folk-Rock-Einschub. Mit leichtem und luftigem Karibik-Funk-Flair wird die Leichtigkeit des Seins bei „Free Song“ eingeblendet und um einen kräftigen Rock-Anteil ergänzt. „If Only“ bietet kammermusikalisch getönten Folk mit Marsch-Rhythmus als gegenläufiges Element. Gesanglich unterstützt hier unauffällig Conor Oberst, in dessen Band Bright Eyes Maria auch mal Mitglied war.
Der liebliche Pop-Folk „There`s Only Now“ wird durch eine männliche Duett-Stimme und einen feinen Chor angereichert. Echo-gleich werden Textzeilen wiederholt. Eine schunkelnde, langsame Pop-Folk-Ballade mit Hang zum Walzer-Rhythmus wurde mit „While The Rest Of Me Is Waking Up“ kreiert.
Durch geschmeidigen Folk-Rock mit Minimal-Art-Rhythmus-Elementen fällt „A Good Life“ auf. Filigraner, teils gehauchter Gesang wird bei „It Will Find Me“ von sparsamen Gitarren- und Piano-Tönen und einem in sich gekehrten Chor begleitet. Beschwörend-monotone Trommeln leiten „Just Once“ ein. Eine Geige sirrt im Hintergrund wie ein sich näherndes Insekt. Die E-Gitarre setzt mysteriöse Duftmarken und der Chor verströmt zur Beruhigung wohlige Ton-Schwaden. Der Gesang unterstützt zunächst die ruhige Seite der Komposition, die jedoch immer wieder aufmunternde Bestandteile erhält. Ein wogendes Auf und Ab mit lebhaften und ruhigen Passagen bestimmt den Ablauf des Songs. Sehnsüchtige Background-Stimmen verbreiten bei „Flower Moon“ eine beinahe schon unnatürlich gefühlsbetonte Stimmung, die fast durchgängig gehalten wird. Kurze, verstreute Percussion-artige Rhythmus-Hüpfer deuten an, dass das Lied auch durchaus in der Lage wäre, eine andere Wendung zu nehmen. „Pretty Scars“ beginnt mit einem Fehlstart und wirkt deshalb wie eine Übungsaufnahme. Die zart hingetupfte Ballade fängt so einen besinnlichen Augenblick voller entwaffnender Intimität ein.
Marias verführerische, die Seele umschmeichelnde Stimme besitzt ein ausgeprägt individuelles Profil, das Behaglichkeit und Wohlbefinden vermittelt. Jeder Song bekam ein spezielles Arrangement verordnet, so dass sich die Lieder trotz der ähnlichen Ausgangsbasis angemessen voneinander unterscheiden. Dieses Prinzip ist wohldurchdacht und wurde kompetent umgesetzt.

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