Damien Jurado & Richard Swift - OTHER PEOPLE`s SONGS VOLUME 1 (2016)

Wenn sich kreative Musiker Kompositionen anderer Künstler vornehmen und diese nach ihren Vorstellungen umstrukturieren, können dabei spannende Ergebnisse rauskommen. So auch bei DAMIEN JURADO & RICHARD SWIFT. Ihr OTHER PEOPLE`s SONGS VOLUME 1 gab es schon 2010 als Gratis-Download, nun ist das Hobby-Projekt auch als CD erschienen. Einziges Manko: Die damalige Laufzeit von ca. 30 Minuten wurde nicht durch weitere Songs aufgestockt.

Das spannende, leider aber viel zu kurze Cover-Versionen-Experiment von Damien Jurado & Richard Swift aus 2010 gibt es jetzt erstmals auf CD.

Die Idee zu diesem ungewöhnlichen Cover-Versionen-Projekt stammt schon aus 2010. Damals gab es die Einspielungen als Gratis-Download, nun sind sie auch als physischer Tonträger zu haben. Der kalifornische Songwriter und Tastenmann Richard Swift hatte damals gerade „Saint Bartlett“ vom Kollegen und Saitenmann Damien Jurado aus Seattle produziert. Zur Entspannung trafen sich die beiden an einem Wochenende im August in Richards Haus, um im Wohnzimmer und der Küche ein paar Lieblingslieder auf einem Vierspur-Rekorder aufzunehmen.
Damien Jurado & Richard Swift: Other People's Songs Vol.1 (CD) – jpc
Dass die Wahl dabei auf den introvertierten Bill Fay traf, ist einleuchtend, denn die Songschmiede sind ja auch eher in ruhigeren Fahrwassern unterwegs. „Be Not So Fearful“ vom Fay-Debüt aus 1971 verliert in der Interpretation natürlich die Streicher-Unterstützung. Der Track transportiert eine Angst akzeptierende Stimmung, die trotz melancholischer Grundnote genauso bei der Cover-Version herausgearbeitet wurde.
Relatively Clean Rivers sind eine obskure Psychedelic-Folk-Band, die nur eine LP herausgebracht hat. „Hello Sunshine“ von 1976 klingt blumig und entspannt. Die Jurado/Swift-Version kann die friedliche Hippie-Stimmung sogar noch intensiver darstellen.
Außer Steven Wilson, dem ex-Porcupine Tree-Kopf und Prog-Rock-Gourmet gibt es wohl kaum jemanden, der es cool finden würde, einen Song von Yes in sein Repertoire zu übernehmen. Für diese Sammlung wurde die Ballade „Sweetness“ von deren Erstlingswerk aus 1969 von Damien Jurado ausgewählt. Ein Kindheitstraum wird damit für ihn wahr. Auch aus dieser fremd anmutenden Vorlage drechselt das Duo souverän etwas Eigenes.
Die Musiker haben ein Gespür für gute Songideen und so machen sie selbst aus Mainstream-Stoff ansprechende Lieder. So wie aus dem reizenden „Sincere Replies“ vom Broadway-Musical „Oh! Calcutta!“. Chubby Checker fiel Anfang der 60er-Jahre hauptsächlich durch seine Twist-Aufnahmen auf. Aber er konnte auch anders: „If The Sun Stops Shinin’“ ist eine ruhige, intime Gospel-Nummer, die auch in der Bearbeitung die andächtige Stimmung behält. John Denver hatte ein Faible für eine schmalzige Umsetzung von romantischen Country- und Folk-Songs. Das kommt auch bei „Follow Me“ zum Tragen. Jurado und Swift befreien das Lied von einigem überflüssigen Ballast, lassen aber die bittere Süße bestehen.
Das Gesangstrio The Fleetwoods bestand aus zwei Frauen und einem Mann und hatte 1959 zwei Hits, nämlich „Come Softly To Me“ und „Mr. Blue“. Der liebliche, aber nicht zu zuckrige Titel „Outside My Window“ schaffte es 1960 immerhin auf Platz 28 der US-Billboard-Charts. Die neue Sichtweise zeigt einen Track, der sowohl eine psychotisch-gespenstige Ausrichtung, aber auch eine Pop-Basis besitzt.
Krautrock und vor allem Kraftwerk gelten besonders in Frankreich, England sowie den USA zu Recht als innovative Strömung in der elektronischen Pop-Musik und sind in Insiderkreisen immer noch gefragt. Das zeigt auch die Auswahl von „Radioactivity“ (1975), das es ursprünglich mit englischem und deutschem Text gab. Der monoton-kalte Electro-Pop wurde für „Other People`s Songs Volume One“ ziemlich umgekrempelt. Zwar ist der Gesang, der für die letzte Strophe die deutsche Sprache bemüht, auch hier verschleiert und kühl, aber die Instrumentierung kann durch neblig-wattige Keyboard-Schwaden sowie einen akustischen Bass/Schlagzeug-Rhythmus für mehr Wärme sorgen als beim Original. Dieser Vorschlag stammt wieder von Damien, der die Schönheit und Einfachheit des Songs herausstellen wollte.
Der letzte Beitrag ist etwas für Spezialisten: Hinter Link Cromwell & The Zoo verbirgt sich kein Geringerer als Lenny Kaye, der Songwriter und Gitarrist, der später durch seine Forschungsarbeiten in Sachen Garagen-Rock („Nuggets“) und die Zusammenarbeit mit Patti Smith bekannt wurde. „Crazy Like A Fox“ ist ein Slow-Beat aus 1966, der von Damien Jurado & Richard Swift relativ nah am Original belassen wurde.
Der Freizeitspaß der experimentierfreudigen Singer/Songwriter war ein Schnellschuss und fand unter einfachen Aufnahmebedingungen statt. Das Ergebnis wirkt trotzdem ernsthaft und professionell. Die ausgewählten Lieder waren langjährige Begleiter der Musiker und so konnten sich genaue Vorstellungen manifestieren, wie sie anders dargestellt werden können. Auch deshalb werden sie eben nicht nur nachgespielt, sondern erhalten fast immer ein neues Gesicht. Leider ist schon nach 30 Minuten Schluss, was ärgerlich ist. Seit 2010 hätten die beiden weitere Bearbeitungen ansammeln sollen, um so mehr Musik fürs Geld zu bieten. Dann wäre der Spaß vielleicht perfekt geglückt.

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