Laura Marling - Short Movie (2015)

LAURA MARLING geht ihren Weg unbeirrt weiter. "Short Movie" zeigt sie wieder unangepasst, innovativ und eigenständig. 
Laura Marling gehört zu einer neuen, introvertierten, intellektuellen Songwriter-Szene aus England, die ohne Scheuklappen Folk, Psychedelic-Rock, Pop-Geschmeidigkeit und Sound-Tüfteleien zulässt.
Das ist der fünfte Teil einer erstaunlichen Entwicklung und Entdeckungsreise. Laura Marling legt mit „Short Movie“ die logische Fortsetzung von „Once I Was An Eagle“ (2013) vor und beweist dabei Kontinuität in puncto Qualität und Kreativität. Sie konserviert im Prinzip das hohe Niveau des Vorgängers, probiert auch Neues aus und arbeitet weiter an der Optimierung ihrer Ausdruckskraft und Unverwechselbarkeit. Zwar lässt sich hier und da eine Verwandtschaft zu Joni Mitchell nicht leugnen und es werden Assoziationen zu ihren aktuellen Favoriten wach, aber grundsätzlich strebt die zierliche Künstlerin eine eigene Identität an. Das erreicht sie alleine dadurch, dass die Kompositionen nicht in Hinblick auf modische Trends oder Chart-Notierungen konzipiert wurden. Konventionen, Erwartungen und Marketingstrategien scheinen bei ihr keine Rolle zu spielen, denn die Verwirklichung von musikalischen Visionen steht im Vordergrund ihrer Kunst. Die Musik von Laura Marling erfordert Aufmerksamkeit und belohnt dafür mit einer befriedigenden, weil anregenden Hörerfahrung.
Laura Marling: Short Movie (Kritik & Stream) - Musikexpress
Die Engländerin lebte der Liebe wegen eine Weile in Los Angeles. Die Beziehung zerbrach und „Warrior“ legt Zeugnis über die gescheiterte Verbindung ab. Die Metapher: „Ich kann nicht weiter dein Pferd sein, denn du bist nicht der Krieger, den ich gesucht habe“, spricht eine deutliche, desillusionierte Sprache und steht als Leitthema über diesem neblig-verschwommenen Psychedelic-Folk. „False Hope“ wirkt dann wie ein Befreiungsschlag. Der Titel platzt förmlich vor Tatendrang. Vollgepfropft mit Tonspuren, sprüht der Song vor Leidenschaft und Ungeduld. Es ist mächtig Druck auf dem Kessel und Laura ist bemüht, diesen so kontrolliert und effektiv wie möglich freizusetzen. So energisch erlebt man sie dann nur noch bei „Don`t Let Me Bring You Down“. Freie, rhythmisch aufputschende E-Gitarren-Riffs und ein lässig-unterkühlter Gesang, der dem von Chrissie Hynde (Pretenders) ähnelt, sind die markanten Eckpunkte dieser Komposition.
Überwiegend herrschen gedeckte, pastellfarbene und nachdenkliche Töne vor. Das funktioniert mal in der Art der intellektuellen Lässigkeit einer Joni Mitchell („I Feel Your Love“, „How Can I“, „Walk Alone“), die in Jazz-Folk-Bereiche hineinreicht. Oder es werden kultivierte und introvertierte Folk-Weisen („Easy“, „Divine“) verabreicht. Ganz in ihrem Element ist Miss Marling, wenn sie vom Hippie-Folk-Geist der Endsechziger/Frühsiebziger Jahre beseelt wird. „Howl“ ist ein düster-mysteriöser Song, bei dem die E-Gitarre die Richtung vorgibt und phantasievolle Muster in den Äther sprüht. Auch „Worship Me“ beginnt abwartend, tastend und suchend, fast wie „The End“ von The Doors. Streicher verbreiten dann noch würdevoll Sanftmut. Bei „Gurdjieff's Daughter” werden hinsichtlich Aufbau und Gitarrenarbeit Verbindungen zu den frühen Dire Straits („Sultans Of Swing”) wach. Durch die individuelle Gestaltung des Liedes verblassen diese Gedanken aber nach und nach wieder.
Neuland betritt Laura mit „Strange“. Vielleicht kann man die Nummer als Folk-Rap bezeichnen. Jedenfalls wird der Sprechgesang von aufgestachelten Akustik-Beats begleitet und die Nummer ist wohl bewusst gegen den Strich gebürstet worden. Das Ergebnis muss aber als misslungenes Experiment gewertet werden. Gewagt und gewonnen hat Laura dagegen mit dem Titel-Track. Im linken Kanal sorgt ein kreischendes Feedback für Unruhe. Das Tempo wird allmählich hochgesetzt und klatschende, trockene Akkorde heizen die Stimmung weiter auf. Gegenläufige Streicher-Partituren bringen Seriosität und gleichzeitig Verwirrung in den wagemutigen Ablauf.
Der Überraschungseffekt von „Once I Was An Eagle“ ist natürlich nicht mehr vorhanden. Man ahnte in etwa, was einen bei „Short Movie“ erwarten könnte. Der Ideenreichtum des aktuellen Albums ist aber trotzdem wieder beeindruckend und verlangt schon mehrere Hördurchgänge, um umfassend wahrgenommen und verarbeitet werden zu können.

Kommentare

Beliebte Posts aus diesem Blog

Waiting For Louise - Rain Meditation

Jahresbestenliste 2023

Lesestoff: Pop steht Kopf