JESPER MUNK - Claim (2015)

JESPER MUNK ist das neue Blues-Rock Wunderkind. Mit seinem 2. Album "Claim" hat er ein Monster erschaffen.
Nicht vom Äußeren täuschen lassen! Jesper Munk ist ein authentischer, unkonventioneller Blues-Musiker mit Biss und Visionen.

So kann man sich von Äußerlichkeiten täuschen lassen. „You Can’t Judge A Book By Looking At The Cover“, davon wusste schon der Blues-Gigant Muddy Waters zu berichten. Und das bewahrheitet sich auch im Falle von Jesper Munk wieder. Er ist nicht der, für den man ihn aufgrund seiner Erscheinung halten könnte. Der Musiker sieht wie der nette Junge von nebenan aus, der auch als Mitglied einer Boygroup durchgehen würde. Doch schon die ersten Töne von „Courage For Love“ rücken ihn ins rechte Licht. Unter der Mitwirkung von Blues-Avantgardist Jon Spencer (The Jon Spencer Blues Explosion) hat der unangepasste Musiker einen schneidenden, messerscharfen Blues-Rock mit wilden, aufgepeitschten Vocals zustande gebracht. Dem Hörer wird die rohe Kraft des Rock`n`Roll um die Ohren gehauen. Die von Spencer produzierten Sachen klingen wie die giftigsten Black Keys- oder Jack White-Songs, die aber hier noch auf die Spitze getrieben werden. Dieser Blues-Punk ist im besten Sinne aufmüpfig, dreckig, wütend, dunkel und gefährlich („White Picket Fence“, „101 Proof“, „Reeperbahn“, „Smalltalk Gentlemen“).
Als weitere Sound-Architekten sind Mocky (Feist, Jamie Lidell), Sepalot (Blumentopf) und Jesper selber tätig. Daraus resultieren auch anders klingende Ergebnisse, wie eine stilvolle, zurückgenommene Soft-Jazz-Ballade („Morning Coffee“). Beim raffinierten Bar-Blues „Shakespear & Heartbeat“ fühlt man sich sogar an Joe Henry erinnert. „Ya Don't Have To Say Goodbye” ist rumpelig und catchy zugleich, wie frühe Kitty Daisy & Lewis-Interpretationen. Und bei „Soldiers Of Words“, „Clean” und „The Parched Well“ werden schmerzliche Emotionen frei.
Woher hat dieser Jungspund nur diese vom Leben gegerbte, raspelig-kratzige Stimme? Gurgelt er mit Reißnägeln oder ist er Kettenraucher und Whiskey-Liebhaber? Die Stimme passt jedenfalls zum Sound wie Howlin` zu Wolf, wie John Lee zu Hooker oder wie Iggy zu The Stooges. Jedenfalls bringt der 22-Jährige frischen Wind in die verkrustete Altmänner-Blues-Szene. Wo andere Vertreter des Genres rumjammern und traurig-resignierend ihr Pech und ihre missliche Lage beklagen, da drückt Jesper sein Leid und seinen Schmerz, der auf Schuldgefühlen („Guilty“, von Randy Newman) oder Seelenpein beruht, durch die rastlose Wut einer schreienden Seele oder sein blutendes Herz aus. Er kämpft gegen Missstände an, aber manchmal ist das Schicksal eben stärker und man muss sich fügen. Jesper Munk scheint gegen die gleichen Dämonen zu kämpfen, die auch Jeffrey Lee Pierce (The Gun Club) oder Lux Interior (The Cramps) im Würgegriff hatten.
Die Songs des Deutsch-Dänen wirken authentisch. Die Balladen zeigen menschliche Notlagen auf, verlieren sich aber nicht in Tristesse („The Parched Well“). Nur einmal gewinnt der Romantiker, da werden Zugeständnisse an die Erwartungshaltung der Allgemeinheit zugelassen („Cold Waters“). Ansonsten ist „Claim“ ein Monolith inmitten von halbherzigen Blues-Rock-Produktionen, die althergebrachte 12-Takt-Schemen für betuliche Blues-Hörer bedienen.
Man sollte sich übrigens unbedingt das Format mit der Bonus-CD zulegen. Hier gibt es weitere wertvolle Einblicke in den musikalischen Kosmos von Jesper Munk. Demo-Skizzen verraten, dass Songs auf Folk-Basis entstehen („Tree Of Time“) und hochkarätige Outtakes zeigen, dass der Mann sein Pulver lange noch nicht verschossen hat („Charley`s Night“, „59 Bullets“). So bringen die scheppernden Schlagzeug-Becken bei „Death Don`t Have No Mercy“ die Tränen zum explodieren. Die vier Live-Aufnahmen beweisen, dass der Blueser auch auf der Bühne durch eine engagierte Performance zu überzeugen weiß. Beide Daumen hoch für den neuen subversiven Blues-Hoffnungsträger!

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