OPEZ - Dead Dance (2015)

Opez entführen den aufgeschlossenen Hörer genussvoll, lässig und kunstvoll in ausdrucksstarke, vieldeutige Klanglandschaften und behalten dabei den Boden unter den Füßen.
Man stelle sich vor, im Grenzgebiet zwischen Kalifornien und Mexiko unterwegs zu sein. Dead Dance könnte für eine musikalische Umsetzung der landschaftlichen und kulturellen Eindrücke stehen, die dort auf den Reisenden einprasseln. Dabei handelt es sich bei den Akteuren von Opez nicht um Vertreter des amerikanischen Kontinents, sondern um die beiden italienischen Musiker Massi Amadori (Gitarre, Percussion, Ukulele, Akkordeon) und Francesco Tappi (Kontrabass, Streich- und Blasinstrumente). Sie selber bezeichnen ihren Stil als Latin Desert & Funeral Party, wobei sie mit natürlichen Instrumenten ohne Elektronik-Einsatz einen sinnlichen, entspannten, teils entrückten, teils lebensnahen Folk-Noir erzeugen. Auch von Tönen der Einsamkeit, die mysteriöse Landschaften entstehen lassen, ist die Rede. Außerdem ist ein unterschwelliger, dunkler Latino-Einfluss zu spüren und am Rande werden sogar noch Assoziationen an den Easy-Listening-Sound des Bandleaders Billy Vaughn wach.
Opez - Dead Dance (2015, Vinyl) | Discogs
„Carlos Primero” fängt sinnbildlich die letzten Sonnenstrahlen vor der Dämmerung ein. Die ausgeruhte Stimmung begleitet den Hörer in den beginnenden Abend, wenn den Erlebnissen des Tages gedanklich nachgehangen wird.
Silbrige Gitarren halten bei „Malinco“ Zwiesprache miteinander. Seltsame, sirenengleiche Stimmen, die fast wie singende Sägen klingen, erzeugen ein sphärisches Klima. Ab und zu tritt dabei der sprichwörtliche Pfeifer im Dunkeln als Fixpunkt hervor. Bei „Estelita“ denkt man unwillkürlich an einen Nachmittag am Meer, wenn die Mittagshitze nachlässt und die Geschäftigkeit der Menschen wieder zunimmt. Mit „Adriatica“ lässt sich die Siesta gut verleben. Der Titel ist jedoch lebhaft genug, um damit nicht den ganzen Tag zu verdösen.
Das lässige Leben, bei dem den Gedanken freien Lauf gelassen wird, symbolisiert „Libre“. Ernsthafte Momente werden auch eingestreut, um dann aber schnell wieder in entspannten Gefilden anzukommen. An Totentanz mag man bei „Dead Dance“ gar nicht denken, eher an eine Untermalung für den Genuss eines Cocktails an der Poolbar. „Diavolanza“ stellt einen tänzelnden Bezug zu einem abendlichen, orientalischen Unterhaltungsprogramm dar, hat ergänzend aber auch ruhende, ausgeglichene Passagen. Verträumt und sachte fließend stellt sich „Sangoda“ vor, während „Tristu“ ein repetitives Stück ist, das die Gleichförmigkeit des Alltags abzubilden scheint. „Corolla“ erinnert an Kirmes und flanierende Straßenkünstler in einem gleichmäßig pulsierenden Klangbild. „Balera De Mar“ lässt schließlich vor dem geistigen Auge Palmen, Sandstrand und eine laue Brise erscheinen.
Opez liefern Stimmungsbilder ab, die trendübergreifend funktionieren und unaufdringlich, zurückhaltend sowie charmant-suggestiv die Sinne berühren. Es würde nicht verwundern, wenn Calexico das Opez-Projekt für den Support einer Tournee engagieren würde. Im Grunde sind sie nämlich Brüder im Geiste.

Kommentare

Beliebte Posts aus diesem Blog

Waiting For Louise - Rain Meditation

Jahresbestenliste 2023

Lesestoff: Pop steht Kopf