MARK LANEGAN Band - Gargoyle (2017)

Auf MARK LANEGAN ist Verlass. Egal in welcher Konstellation er auftritt, das Ergebnis ist immer außergewöhnlich. So auch GARGOYLE, das er mit seiner Band aufgenommen hat und wo er in weiten Teilen dem düster-schwermütigen New Wave frönt.

Mark Lanegan zeigt sich nach „Phantom Radio“ wieder im abgründigen New-Wave-Modus.


Wer das Schaffen des ex-The Screaming Trees Leaders Mark Lanegan verfolgt hat, der konnte lange Zeit den Eindruck gewinnen, dass er seine ursprüngliche musikalische Prägung hauptsächlich durch einflussreiche, gediegene, legendäre Singer-Songwriter wie Tim Hardin, Johnny CashScott Walker oder John Cale erhalten hat. Aber seine Wurzeln liegen auch im düster-schwermütigen New Wave und da bei Bands wie The CureEcho & The Bunnymen, The Comsat Angels oder Siouxsie & The Banshees. Diese Einflüsse und dabei besonders der damals übliche leidvoll-bedrohliche Einsatz von Elektronik und Rhythmusgeräten lassen sich beim derzeitigen Songmaterial und dessen Umsetzung auf „Gargoyle“ nachvollziehen und ableiten.
Mark Lanegan: Gargoyle (CD) – jpc
Dumpfes Grummeln geht bei „Death's Head Tattoo“ in einen tanzbaren Underground-Disco-Groove über, den Mark durch einfühlsam-suggestiven Gesang am Übersprudeln hindert. „Nocturne“ vereinnahmt die pochenden Basslinien von New Order, die stechenden Gitarrenläufe von Siouxsie & The Banshees und den stoischen Rhythmus der Sisters Of Mercy. Darüber liegt der urwüchsige, gefährlich wirkende, gegerbt-herbe Bariton des eindringlichen Sängers. Sakral-bedächtige, tiefer gelegte, plätschernde Takte bilden das Gerüst für das nachdenklich-bewegende „Blue Blue Sea“. „Beehive“ fällt durch peitschende Rhythmen und eine Ohrwurm-Melodie auf. Die Gitarren bilden einen elektrischen Teppich, aus dem Solo-Einlagen herausgelöst werden. Der Song würde auch vorzüglich mit einem Country-Folk-Arrangement funktionieren.
„Sister“ wirkt hypnotisch-beschwörend. Die schwirrende und ätherische Elektronik fängt atmosphärische Sound-Erlebnisse von Velvet Underground und King Crimson sowie eine Abwandlung des Synthesizer-Intros von „Won`t Get Fooled Again“ von The Who ein. „Emperor“ ist für Lanegan-Verhältnisse ungewöhnlich leichtfüßig und beschwingt ausgefallen und „Goodbye To Beauty“ kommt als leiser, pastellfarbener, zu Herzen gehender Folk-Rock zum Tragen. Dadurch bricht das Lied aus der New Wave-Retro Beschallung aus. „Drunk On Destruction“ kombiniert die Melodik der Singer-Songwriter-Seite von Mr. Lanegan mit hitzigem, hektisch-nervösem Post-Punk. Die Ballade „First Day Of Winter“ hätte in dieser Form auch von den Psychedelic Furs stammen können. Elegische Background-Sound-Wände sorgen für Anmut und die Grazie steuert Mark mit wohlig knurrendem Gesang bei. Für „Old Swan“ werden gegenläufige Tempi eingesetzt: Der Gesang lässt den schnell klopfenden Rhythmus unbeeindruckt vorbeiziehen.

Mark Lanegan, ein Meister der Tristesse, gehört längst zur Riege der ausdrucksstarken, einzigartigen, niveauvollen Individualisten, die anspruchsvollen Songs eine Heimat von bleibendem Wert gewähren. Damit ist er in einem Zuge mit Nick Cave, Tex Perkins oder Tom Waits zu nennen. Auch „Gargoyle“ zeigt den Mann aus Seattle wieder in blendender Form und wie auch schon beim Vorgänger „Phantom Radio“ aus 2014 spielen Einflüsse aus der New Wave-Ära eine gewichtige Rolle. Sie geben der Musik einen distanzierten Anstrich und zeigen den Künstler im Vergleich zu seinen Alternative-Folk Ausflügen dadurch in einem etwas differenzierten, aber dennoch nahtlos passenden Licht.
Sechs Songs entstanden zusammen mit dem englischen Musiker Rob Marshall. Ihn kennt Mark seit 2008, als er mit seiner Band Exit Calm als Support für die Soulsavers fungierte. Die anderen Kompositionen werden von Alain Johannes, einem langjährigen musikalischen Mitarbeiter, bereut. Die typische dunkle Prägung der Lanegan-Songs, die generell eine Vorliebe für unheimliche, inbrünstig-einschneidende Sound-Erlebnisse offenbaren, ist dabei voll erhalten geblieben. Wir erleben also einen authentischen, unverwechselbaren Mark Lanegan, der lediglich die Kreativität und das Einfühlungsvermögen von Vertrauten aus seinem Umfeld bündelt, um weiterhin Musik auf hohem Niveau abliefern zu können.

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