Fat Freddy’s Drop - SLO MO (2024)

Fat Freddy`s Drop bezeichnen SLO MO als „afrorhythmische Soulmusik und eine Erkundung der schwarzen Musik aus Polynesien“. 

 
Seit ihrer Gründung im Jahr 1999 wächst die Anhängerschaft der Formation Fat Freddy’s Drop aus Wellington in Neuseeland, ständig. Das liegt zum einen an den spannenden Tonträgern, aber auch an den mitreißenden Konzert-Darbietungen. Zurzeit besteht die dynamische Truppe aus DJ Fitchie alias Chris Faiumu (Drums, Samples), Joe Dukie alias Dallas Tamaira (Gesang und Gitarre), Chopper Reeds alias Scott Towers (Saxofon), Tony Chang alias Toby Laing (Trompete), Kuki Blaze alias Iain Gordon (Keyboards), Hopepa alias Joe Lindsay (Posaune) und MC Slave alias Mark Williams (Raps).

Credit: Jamie Leith

Die Diskografie von Fat Freddy`s Drop reicht bis ins Jahr 2001 zurück und begann mit "Live At Matterhorn". "SLO MO" ist bereits die 31. Veröffentlichung der Gruppe, jedenfalls laut der auf der Bandcamp-Seite aufgelisteten Titel. Das Werk beinhaltet neun Tracks mit einer Laufzeit von 61 Minuten und "ist die bisher stärkste Studiodarstellung einer Freddy's Live-Show", wie Saxofonist Chopper Reed findet.


Das Eröffnungs-Lied "Avengers" ist ein Sahnestück. Der Song groovt so lässig, dass automatisch jeglicher Stress von den aufmerksam Zuhörenden abfällt. Der Sound ist dicht, hält komplexe Abläufe bereit, die oft in die Beine gehen, aber auch das Gehirn füttern. Man kann sich das in etwa so vorstellen, als ob das filigrane Vibrieren von Little Feats "One Love Stand", das rauschhafte Innehalten bei "Wooden Ships" von Crosby, Stills & Nash und das brodelnde Soul-Funk-Gebräu, welches bei "The Cisco Kid" von War entstand, aufeinander treffen. Köstlich!


Der Funk-Jam-Track "Slo Mo" hinterlässt gar keinen besonders stark abgebremsten Charakter. Das Takt-Gefüge bewegt sich über acht Minuten hinweg fließend, unangestrengt und wach. Auf Dauer entsteht allerdings der Eindruck, dass das gefundene Leit-Thema arg ausgewalzt und überstreckt wird. Ein weniger an Laufzeit hätte für mehr Konzentration auf das Wesentliche gesorgt.

Der Reggae-Hip-Hop "Next Stop" präsentiert MC Slave als Rapper im Mittelteil und ist so einladend eingängig, dass er problemlos als Werbe-Jingle für alles eingesetzt werden könnte, was ein gewisses Sunshine-Feeling ausstrahlen soll. Trotz der besonderen Güte-Klasse der Musiker kommt dieser Song aber aufgrund seiner Berechenbarkeit nicht über das Niveau eines durchschnittlichen Gassenhauers heraus.

Das war es dann aber auch schon mit der biederen Hausmannskost. Ab nun wird es wieder (und bleibt beständig) hochklassig: Der geschmeidige Reggae "Stand Straight" lässt an The Beat denken, die unter anderem mit "Save It For Later", "Doors Of My Heart" oder "Can`t Get Used To Losing You" Anfang der 1980er Jahre eine ähnliche Philosophie der Generierung von leichtfüßigen Kompositionen mit Ohrwurmqualität und instrumentaler Brillanz verfolgt haben. Das Stück ist so anschmiegsam und lässig, dass man sich seinem hypnotischen Charme nicht entziehen kann.

Für "Oldemos" treffen unheilvoll klingende, dumpfe Trommeln, eine Ärger ankündigende Spaghetti-Western-Twang-Gitarre, sphärische Sounds und Echo-artige Dub-Reggae-Effekte bedeutungsschwanger aufeinander. Das Tempo bleibt stets verhalten und der Track zieht seine Anziehungskraft aus der geheimnisvollen Stimmung und den sich unerforscht anhörenden Hintergrundgeräuschen.

Ein bildhaftes Easy-Listening-Feeling, gepaart mit Dub-Reggae-Hall, leitet "Out To Sea" ein. Joe Dukie federt das Stück dann gesanglich mit viel Seele in der Stimme ab und umgarnt die Noten liebevoll. Schließlich nimmt der Song aufgrund der instrumentalen Dominanz eine Wendung: Eine lebhafte Funk-Gitarre und galoppierende Percussion-Beiträge lassen ihn Fahrt aufnehmen und zügig-elastisch ausklingen.

Mit "Roland" gibt es einen bannenden, polyrhythmischen Afro-Funk ohne Gesang zu hören, der die rauschhafte Wirkung von Minimal-Art-Sounds entfaltet.

Ähnlich verführerisch ist auch "Getting Late" unterwegs, wobei sich der Rhythmus aus den stoisch agierenden Elementen der Electronic-Dance-Music speist, was ihn weniger nahbar als "Roland" klingen lässt. Diese Empfindung kann selbst Joe Dukie nicht verhindern, der dem Track mit seiner einfühlsam-sympathischen Stimme verwöhnt.

"I Don’t Wanna See You" nimmt den eben gesponnenen Faden auf und macht daraus einen 
ausgedehnten, keyboardlastigen, mit Space-Sound-Effekten garnierten Track, der sich teilweise jazzig-improvisiert oder Kraut-rockig-experimentell anhört. Dukies Gesang taucht dabei nur geisterhaft im Hintergrund auf.

Fat Freddy`s Drop ist eine gut geölte Groove-Maschine, die mühelos Soul, Funk, Reggae, Karibik-Sounds und psychedelische Töne zu einer erregend pulsierenden Mischung verbindet. Und "SLO MO" ist somit eine Geheimwaffe gegen schlechte Laune, denn durch die Musik kann man sich anspornen lassen oder den Geist auf anregende oder erholsame Reisen schicken. 

Mit leichter Hand wickeln die Musiker ihre Hörerschaft um den Finger. Es ist schwer, der Zauberkraft, die ihrer Musik innewohnt, zu widerstehen. Auch wenn nicht jeder Song einer kritischen Würdigung vollständig standhält, so ist es (immer wieder) das Gesamtkonzept, das überzeugt und zu guter Letzt begeistert.

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