Isaac Hayes - THE SPIRIT OF MEMPHIS 1962 - 1976

Vor 60 Jahren wurde der Grundstein zur Gründung des STAX-Labels in Memphis, Tennessee gelegt. Zum Jubiläum der Südstaaten-Soul-Schmiede erschien jetzt eine Werkschau eines ihrer berühmtesten Künstler. ISAAC HAYES war bei der Plattenfirma als Komponist, Musiker und Produzent für andere Künstler sowie als Solo-Artist tätig und ihm wurde jetzt die 4 CD + 7"-Vinyl-Single Edition THE SPIRIT OF MEMPHIS 1962 - 1976 gewidmet. Mehr Infos dazu gibt es hier:
Der Soul-Erneuerer Isaac Hayes wird mit einer umfangreichen Werkschau geehrt, die ihn auch als Produzenten und Songlieferanten für andere zeigt.
Das einflussreiche Stax Records-Label aus Memphis in Tennessee feiert dieses Jahr seine 60-jährige Grundsteinlegung. Der Name der Plattenfirma setzt sich aus den ersten beiden Buchstaben der Nachnamen der Gründer Jim Stewart und dessen Schwester Estelle Axton zusammen. Von den Initiatoren wurde damals bei der Musikauswahl der ursprüngliche Südstaaten-Soul mit seiner Verbindung zum Funk und Rhythm & Blues bevorzugt. Damit standen sie in Konkurrenz zum zweiten großen Soul-Label der USA: Bei Motown aus Detroit setzte der Eigner Berry Gordy mit seinen Künstlern wie Diana Ross & The Supremes, The Temptations, Four Tops oder Smokey Robinson & The Miracles vorwiegend auf Perfektion, Geschmeidigkeit und Pop-Instinkt, um die Charts zu knacken. Motown nannte sich deshalb auch „Hitsville USA“, während Stax unter „Soulsville USA“ firmierte. Das erfolgreichste und einfallsreichste Autoren-Duo im Stax-Stall waren David Porter und Isaac Hayes. Hayes gehörte außerdem auch zu den berühmtesten Interpreten des Unternehmens. Zum Jahrestag wird ihm jetzt diese 4 CD + 7“-Single-Werkschau gewidmet.
Aufgewachsen war der 1942 geborene Isaac in ärmlichen Verhältnissen. Früh auf sich selbst gestellt, sang der Junge schon mit fünf Jahren im Kirchenchor und brachte sich selber das Piano-, Orgel- und Saxophon-Spiel bei. Er arbeitete später auf einer Baumwollfarm, als Schuhputzer, Wagenwäscher und Packer in einer Fleischfabrik, um über die Runden zu kommen. Als Behausung diente ihm in dieser Zeit auch schon mal ein Autowrack. Es dauerte eine ganze Weile, bis der Labelchef Jim Stewart auf das junge Talent aufmerksam wurde. Isaac fiel ihm bei einer Studio-Session als Pianist des Saxophonisten Floyd Newman auf, daraufhin bot er ihm einen Aushilfsjob bei der Hausband Booker T & The MGs an. 1964 spielte er dann auch für Otis Redding auf dessen „Otis Blue“, da der etatmäßige Keyboarder Booker T noch minderjährig war und grade nicht zur Verfügung stand. Danach nahm seine Karriere als Komponist und Produzent rasant Fahrt auf, was hier auf der CD „Soul Songwriter, Soul Producer“ dokumentiert wird. Das reicht vom jazzigen, instrumentalen Rhythm & Blues von Floyd Newman über den charmanten Country-Soul von Charlie Rich bis hin zu den einschlägigen, munteren, tanzbaren Hits von Sam & Dave, wie „Hold On I`m Coming“ und „Soul Man“.

The Spirit of Memphis ('62-'76) (Ltd. 4CD + 7" Edt.) - Hayes ...
The Spirit of Memphis ('62-'76) (Ltd. 4CD + 7" Edt.) - Hayes ...
1967 startete Isaac mit der Groove-Jazz-Produktion „Presenting Isaac Hayes“ seine eigene Solo-Karriere, aber erst mit „Hot Buttered Soul“ von 1969 fand er zu seinem speziellen Sound. Mit diesem innovativen Werk präsentierte er sich als Erneuerer des Soul: Der Funk-Rhythmus bekam durch elektrische Gitarren Schärfe und wurde von flatternd-brandenden Streicher-Wellen gezähmt. Songs aus dem weißen Mainstream-Radio wie „Walk On By“, geschrieben von Burt Bacharach und gesungen von Dionne Warwick, wurden sexuell aufgeladen und unter Einbeziehung der hervorstechenden, grummelnden und aufreizenden Bass-Bariton-Stimme sinnlich-verführerisch aufbereitet. Die teils endlos gedehnten Stücke schufen ein neues Selbstbewusstsein in der Soul-Musik, machten die rüde elektrische Gitarre salonfähig, brachen mit der 3-Minuten-Single-Tradition und können wegen der vereinzelten Verwendung von Sprechgesang als Vorläufer des Rap geltend gemacht werden. Hayes stieg damit zum afro-amerikanischen Jugendidol auf, auch weil sein Äußeres Stolz und eine exotisch-verruchte Ästhetik demonstrierte: Das kahlrasierte, vollbärtige, Sonnenbrille tragende Aushängeschild des neuen schwarzen Selbstbewusstseins zog sich bunte, mit afrikanischen Mustern bedruckte Hemden an, behängte sich mit schwerem Goldschmuck und präsentierte seinen nackten Oberkörper. Isaac Hayes war der Vorreiter für Soul-Konzeptalben, inszenierte sich 1971 als „Black Moses“ und brachte 1973 mit „Joy“ Aufnahmen raus, die mit erotisiertem, samtenen Funk und dreisten Bläsern unverhohlen lasziven Schlafzimmer-Soul in den Vordergrund stellten. Dadurch ging er auf Konfrontationskurs mit dem gleichgelagerten Smooth-Soul von Barry White.
Die Singles des Künstlers werden in der Box mit der CD „Volt & Enterprise Singles“ vorgestellt. Natürlich ist hier auch sein größter Erfolg, das listig erkundende, großmäulig groovende und galant verführerische „Theme From Shaft“ vertreten. Aus dem selben Soundtrack stammt auch das großartige flirrend-schwüle „Do Your Thing“, das hier in der Single-Version vertreten ist und auf dem Album auf über 19 Minuten Laufzeit kommt. Für die Filmmusik des Blaxploitation-Films „Shaft“ bekam Mr. Hayes sogar einen Oscar, einen Golden Globe sowie zwei Grammys und das war dann auch der Einstieg für weitere Aufträge dieser Art wie z.B. die Schaffung der Musik für „Three Tough Guys“. Das Titel-Thema sollte auch auf dieser CD vorhanden sein, leider fehlt es wohl aufgrund eines technischen Fehlers. Eines der coolsten Stücke von Isaac Hayes ist das sowohl hektisch-aggressive wie auch mondän-exotische „Truck Turner“, das es auch nicht in diese Auswahl geschafft hat. Aber Quentin Tarantino hatte wieder mal den richtigen Riecher und verwendete den Track für „Kill Bill Vol. 1“.
Eine weitere CD beschäftigt sich mit Cover-Versionen („Cover Man“), die durch Konzert-Mitschnitte von der „Operation PUSH Black Expo“ im International Amphitheatre, Chicago am 1. Oktober 1972 aufgefüllt wird. Bei den Neuinterpretationen der Fremdkompositionen sticht das zwölfminütige, schon erwähnte „Walk On By“ besonders hervor: Dramatik, Schärfe, Spannung, Romantik und knisternde Erotik machen dieses Stück zu einem Epos, das alle Sinne beflügelt. Besonders interessant klingt das Konzept von CD Nummer 4 mit Namen „Jam Master“, da fast nur unbekanntes, teils ausschweifend improvisiertes und unvollendetes Material geboten werden soll. Aber leider stellen sich die ersten fünf Stücke als rein instrumentale Tonspuren heraus. Ohne den Reiz von Isaacs mächtiger Stimme verlieren sich die Jams allerdings im eintönigen Hintergrund-Berieselungs-Niemandsland. Höhepunkt dieser CD ist eindeutig das 33minütige, völlig überspannte, aus den Fugen geratene, rauschhafte Psychedelic-Soul-Monster „Do Your Thing“.
Die Verbindung von Isaac Hayes und Stax-Records endete offiziell im Jahr 1976. Sowohl Hayes wie auch Stax waren pleite und so versuchte Isaac mit seinem eigenen Label „Hot Buttered Soul“ an frühere Erfolge anzuknüpfen. Aber seine Disco-Ausflüge und Duette mit Dionne Warwick oder Millie Jackson konnten nicht mehr künstlerisch überzeugen. Das warf den einstigen Innovator Anfang der achtziger Jahre aus der Bahn, denn er musste wegen eines Drogendelikts ins Gefängnis. In den neunziger Jahren wurde er dann von DJs zwecks Sampling wiederentdeckt. 1995 veröffentlichte er mit „Branded“ noch ein gutes Album und machte von sich Reden, als er seine markante Stimme dem Chefkoch in der Comic-Serie „Southpark“ lieh. In diesem Zusammenhang wurde seine Mitgliedschaft in der Scientology-Sekte bekannt und er beendete 2006 den Synchronisations-Sprecher-Job, weil sich die Macher in einer Episode kritisch mit der Pseudo-Glaubensgemeinschaft auseinandersetzten. Zu neuen musikalischen Veröffentlichungen kam es danach nicht mehr, denn Hayes verstarb am 10. August 2008 in seinem Haus in Memphis an einem Schlaganfall.
Der Musiker, Sänger, Komponist und Gelegenheitsschauspieler ist zweifellos eine wichtige und schillernde Persönlichkeit des Soul, die durch seine Ausstrahlung der afro-amerikanischen Gemeinschaft eine neue Identität verschafft und andere Künstler wie Curtis Mayfield, Teddy Pendergrass oder Marvin Gaye entscheidend beeinflusst hat. Mögen einige seiner späten Aufzeichnungen einem gewissen ästhetischen Ausverkauf unterliegen, so ist sein prägender Einfluss auf die Soul-Musik, der bis heute seine Auswirkungen zeigt, nicht zu leugnen. Das vorliegende limitierte Andenken an einige seiner wichtigsten Arbeiten wurde hochwertig in Buchform gekleidet. Neben den vier CDs, die zehn bisher unveröffentlichte Tracks enthalten, liegt dem Set noch eine Vinyl-Single mit den ersten von Isaac veröffentlichten Songs (Side A: „Laura, We’re On Our Last Go-Round“, Side B: „C.C. Rider“) bei. Das 60-seitige, gebundene Buch ist randvoll mit Archivfotos, Grafiken und Beiträgen von Zeitzeugen sowie einem Essay des Musik-Journalisten Robert Gordon. Für eingefleischte Fans bietet das Paket wenig Neues, wer aber eine edel aufgemachte Werkschau des Künstlers sucht, liegt hier goldrichtig.
Von seinem Klassiker HOT BUTTERED SOUL (1969) kann man hier seine Version des BURT BACHARACH-Songs WALK ON BY lauschen:

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