JONAS ALASKA - FEAR IS A DEMON (2018)

Bei uns ist JONAS ALASKA aus Norwegen leider noch ein unbeschriebenes Blatt. Vielleicht ändert sich das jetzt ja mit seinem vierten Album FEAR IS A DEMON. Verdient hätte das der umtriebige, kreative Künstler auf alle Fälle. Warum das so ist, kann hier nachgelesen werden:
Angst kann lähmend sein, aber die Auseinandersetzung damit kann auch Kreativität freisetzen. So wie bei Jonas Alaska.
So gehen die Ansichten auseinander: 1974 behauptete John Cale noch „Fear Is A Man`s Best Friend“, jetzt hält Jonas Alaska mit der Behauptung „Fear Is A Demon“ dagegen. Gegenüber dem Power-Pop des Vorgängers gibt es aktuell überwiegend die nachdenkliche Seite von Jonas Aslaksen, wie der Musiker aus Norwegen bürgerlich heißt, zu entdecken. Aber auch die Liebe kommt auf dem vierten Album des Singer-Songwriters nicht zu kurz. Wobei bei diesem Gefühl ja auch häufig die Angst in Form von Verlustängsten präsent ist. Jonas hat allerdings erkannt und in seiner Musik berücksichtigt, dass das Leben ein komplexes Gefüge ist. Und komplex im Sinne von vielfältig und interessant sind auch die dazugehörigen Klänge ausgefallen. Denn der Norweger gehört zur Gattung der individuellen, querdenkenden, künstlerisch agierenden Komponisten, die ihr kreatives, oft abseitiges Ding durchziehen, ohne auf Trends oder Vorgaben zu achten. Ähnlich gelagerte Geheimtipps wie Biff Rose, David Ackles, Tom Jans, Bob Brown oder Bill Fay sind durch eine ähnliche Vorgehensweise zwar nicht reich und berühmt geworden, werden aber von Kollegen hoch geschätzt und von Fans und Experten tief verehrt.
Fear Is a Demon - Jonas Alaska: Amazon.de: Musik
Auch Jonas Alaska schickt sich an, in diesen erlauchten Kreis einzutreten, denn seine Musik folgt in erster Linie künstlerischen Gesichtspunkten und unterliegt keinen kommerziellen Erwartungen. Die Lieder werden von einer Aura umgeben, als würden sie aus irgendeiner goldenen Ära der Pop-Musik stammen, wann immer die auch gewesen sein mag. Zu hören sind im Grunde zwar klassische Pop-Songs, Jonas macht aber vom ersten Augenblick klar, dass seine Sicht auf die Dinge eine spezielle ist und versucht sich fast von allen Zwängen zu lösen. Dieses Bekenntnis bringt er auch inhaltlich bei „Love You Bright“ zum Ausdruck. Hinsichtlich seiner freigeistigen Haltung tritt er in die großen Fußstapfen von Paul Simon. Ebenso wie bei diesem epochalen Musiker profitieren auch seine Kompositionen von einem großen Melodienreichtum, geschickten Instrumentenverbindungen, überraschenden Wendungen und einer großen geschmacklichen Sicherheit bei der Präsentation.
Bei „The Moon & The Steeple“ entsteht der Reiz durch eine Kombination der androgyn eingesetzten Stimme mit den vertraut erscheinenden Pop-Zutaten. Das Ohr wird getäuscht, weil es diese Verbindung nicht erwartet und sucht sich zwangsläufig Ankerpunkte. Und schon ist man mit der andersartigen Welt des Jonas Alaska verbunden. 

Mit „Back To School“ schnappt die Kontaktfalle dann endgültig zu: Wer komplex gesponnene Pop-Musik mag, die gleichzeitig einprägsam ist und auf brillante Pop-Bands wie Crowded House oder Squeeze steht, wird hier zwangsläufig anbeißen. „Love You Right“ ist dann aufs nötigste reduziert worden: Verlorene Akustik-Gitarren-Akkorde und trauriger Gesang erzeugen intensive Intimität und Schmerz. „Kissed Me In The Backseat“ scheint die nachdenkliche Stimmung weiterzutragen. Aber die Ballade bekommt unerwartet eine bissige Note verpasst: Die elektrische Gitarre kreischt und faucht zwischendurch und lässt Leidenschaft aufblitzen.
Katerstimmung macht sich bei „My Girl“ breit: Alle Sinne laufen beim Protagonisten auf Sparflamme, jetzt bloß keine unnötigen Anstrengung vornehmen. So ziemlich alles ist grade unwichtig, nur die aktuelle Beziehung nicht. Dieses Szenario wird in dem recht statischen Song dargestellt, der erst kurz vorm Ende auftaut und an Konturen gewinnt. Der traurige, langsame Folk-Blues „Shark“ wird nur zur akustischen Gitarre begleitet und vermittelt den Eindruck, uralt zu sein. „Never Knew I Was In Trouble“ ruft Erinnerungen an das Solo-Schaffen von John Lennon hervor. Die Lieder „Imagine“ und „Woman“ kommen hinsichtlich der Leichtigkeit, bei der trotzdem Verletzlichkeit erzeugt wird, in den Sinn. Beim poppigen Glam-Rock „Diamond In The Shadow“ wird offen das von David Bowie 1972 geschriebene und von Mott The Hoople bekannt gemachte „All The Young Dudes“ zitiert. Zerbrechlich und verloren startet „All Coming Down Today“ als melancholischer Folk-Song. Schwere Streichersätze machen daraus dann ein Stück, das für jeden Volkstrauertag eine Zierde wäre. Besser kann Trübsal kaum in Noten gegossen werden. Aber die Hoffnung stirbt zuletzt: „When I Get Better“ ist zum Abschluss ein kurzer, zwar noch zaudernder, aber dennoch optimistischer Ausblick auf sonnigere Zeiten.
„Younger“ hat die Irrungen und Wirrungen des Teenager-Lebens unter die Lupe genommen. Bei vielen Songs von „Fear Is A Demon“ geht es laut Aussage des Musikers darum, wie es ist, alleine durch die Welt zu stolpern und sich nach Vergangenem zu sehnen. Auch wenn die Grundstimmung eher melancholisch ist, schwingt bei den grüblerischen Liedern immer auch eine Portion Lebensfreude mit. Jonas schlüpft überzeugend in unterschiedliche Rollen und Befindlichkeiten. Wie ein guter Schauspieler eignet er sich das Gefühlsleben seiner Akteure an und findet dazu die passende, unterstützende musikalische Untermalung, ohne auf Klischees auszuweichen. Wer Elliott Smith oder Damien Rice schätzt, der sollte sich auch mal die neuen Schöpfungen von Jonas Alaska zu Gemüte führen.

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