The Devil Makes Three - Spirits (2025)
Das Thema Geister und Tod zieht sich wie ein roter Faden in unterschiedlichen Ausprägungen durch "Spirits", dem aktuellen Album von The Devil Makes Three.
Die Beschäftigung mit spirituellen Gedanken kommt nicht von ungefähr, denn innerhalb von vier Jahren verlor der The-Devil-Makes-Three-Musiker Pete Bernhard seine Mutter, seinen Bruder und seinen engsten Freund aus Kindertagen. Neben diesen persönlichen Einflüssen findet man auch Aussagen zur politischen Lage und der Spaltung der Gesellschaft in den Texten der Songs auf "Spirits".
Die Redewendung "The Devil Makes Three" kann bedeuten, dass eine zusätzliche dritte Person in einer Zweierkonstellation Unheil auslösen kann. In solch einer Beziehung wird die dritte Person sinnbildlich auch als Teufel angesehen, der für Versuchung oder Sünde steht. Entsprechend sind die Themen von The Devil Makes Three oft auf die problematischen Seiten des Daseins ausgerichtet. Als musikalische Untermalung orientiert man sich dabei am weiten Americana-Umfeld, also hauptsächlich an Folk, Country und Blues. Aber gerne zitiert man auch Einflüsse aus Pop, Punk, Soul, Funk und Jazz, was die Kompositionen offen und reizvoll klingen lassen.
Im Jahr 2016 brachte das muntere, vielfältig begabte und interessierte Dreier-Gestirn die Cover-Versionen-Platte "Redemption & Ruin" heraus. Eine Studio- und eine Live-Aufnahme später erscheint am 28. Februar 2025 nun ihr siebentes Studio-Werk "Spirits". Pete Bernhard (Gesang, Gitarre, Kompositionen), Lucia Turino (Kontrabass) und Cooper McBean (Gesang, Saiteninstrumente, Kompositionen) gründeten die Band bereits im Jahr 2002 in Santa Cruz (Kalifornien), und sie veröffentlichten im selben Jahr auch ihr Erstlingswerk. Inzwischen hat MorganEve Swain die Rolle als singende Bassistin von Lucia Turino übernommen. Bei den Aufnahmen zu "Spirits" waren außerdem noch Stefan Amidon am Schlagzeug und Piano als festes Band-Mitglied und Ted Hutt (Percussion) als Gast dabei. Wenn man die besonderen Kennzeichen der erzeugten Musik mit nur einem Begriff beschreiben sollte, dann passt "lebhafte und gefühlsechte Spielfreude" sehr gut zu den verbreiteten Schwingungen.
Credit: Jarrod Macilla
"Lights On Me" dreht sich vermutlich ums Sterben. Engel und Hexen tauchen auf und es geht darum, was passiert, wenn der letzte Atemzug den Körper verlässt. Bedeutet dieses Ende auch ein Tor zu einem neuen Anfang? Der Takt des Liedes ist an den Gypsy-Swing angelehnt, geht aber auch als Folk-Funk durch. Die Musiker lassen sich also vom traurigen Thema nicht ins rhythmische Boxhorn jagen und verbreiten Lebenslust. Wahrscheinlich, weil dem jüngsten Gericht sowieso niemand entkommen kann. Warum also nicht vorher noch Spaß haben?
Der Song "Spirits" setzt sich ausdrücklich mit den Verlusten der geliebten Menschen von Pete Bernhard auseinander. Er sucht nach Antworten, verständigt sich mit den Geistern der Verstorbenen und sieht das als Versuch an, weiter mit den Toten in Kontakt bleiben zu können. Eine knackige Country-Twang-Gitarre wird zur Übermittlung der niederschmetternden Gefühle in ein verschlepptes Tempo eingebettet, der Kontrabass spielt dazu die ganze Palette dunkler Gedanken aus und ein schepperndes Tamburin erinnert trotz der Trauerarbeit schemenhaft an die Sternstunden gemeinsamer Erlebnisse. Petes Stimme wirkt gefasst, ist aber von den Gedanken an die Verluste gezeichnet.
Ein flottes Country & Western-Tempo bildet die Basis für "Ghosts Are Weak". In dem Song wird beklagt, dass die Kommunikation mit der Welt der Dahingeschiedenen nicht immer für Trost sorgen kann. Als Ersatz dafür müssen dann unter Umständen Drogen herhalten. Die Verwirrtheit in einem Leben mit der Sucht bestimmt daraufhin den Textinhalt. Es wird aber auch eine Dankbarkeit für das Erleben von guten Zeiten betont.
Die Zeiten werden für die produktive Mittelschicht immer härter - nicht nur in den USA. Politisch wird eine rosige Zukunft verkauft, aber die Realität gibt eine andere, schwierige Situation frei. "Half As High" verweist auf zunehmend rauere Umgangsformen und zeichnet ein Bild einer verängstigten Gesellschaft ("Wir schalten besser einen Gang runter, aus Angst, dass alles zusammenbricht"). Als Konsequenz aus der veränderten Umwelt droht Realitätsverlust ("Wie kommt es, dass wir die Träume von jemand anderem träumen?"). Ein swingender Country mit Jazz-Nähe verhilft dem Lied zu einer gewissen abgebrüht-gleichgültigen Stimmung, die die trüben Aussichten erträglich gestaltet.
Die Missstände der Inflation, der ungerechten Bezahlung und des Betrugs durch Menschen, die Notlagen ausnutzen, werden in "Hard Times" aufgegriffen. Diese dunkle Mountain-Folk-Ballade geht an die Nieren, ist transparent instrumentiert und trotzdem atmosphärisch dicht umgesetzt worden.
Manchmal kann man sich noch so sehr anstrengen, um ein Ziel zu erreichen, aber es liegen einfach zu viele Hindernisse im Weg, sodass der angestrebte Plan nicht aufgeht. "The Devil Wins" beschreibt diesen Zustand des Scheiterns, die Musik vermittelt als Kontrast dazu eine selbstsichere Einstellung, bei der Aufgeben keine Option darstellt. Die Rhythmusabteilung sorgt für einen ausgelassenen Schwung, der sich auf alle Beteiligten überträgt. Das ist eine Strategie, um die bösen Geister der negativen Vorsehung besiegen zu können.
Die ergreifende Folk-Pop-Ballade "The Dark Gets The Best Of You" blickt tief in die Seele und stellt unter anderem die Frage, unter welchen Umständen wir den ersten Stein werfen würden, wenn es um die Brandmarkung eines Menschen geht: "Sie verteilen kostenlose Steine. An alle, die reinen Herzens sind. An jeden mit Feuer in den Augen, der den Krieg beginnen sehen will."
Lebendig, spritzig, aufrüttelnd und energiereich kommt "Fallen Champions" daher. Der Song lässt keinen Zweifel daran, dass Musik in jeder Lebenslage und egal, welche Inhalte vermittelt werden, euphorisierend und kraftspendend sein kann. Dieses Country-basierte Konstrukt groovt jedenfalls unwiderstehlich, nicht unbändig, dafür aber hypnotisch, was tief unter die Haut kriecht. Das Stück ist ein Loblied auf alle, die sich für andere eingesetzt, aber keinen Ruhm geerntet haben: "Die Geschichte zeigt nicht die gefallenen Champions. Alle, die kämpften, damit wir den Glanz der Sonne spüren können. Es sind die, die ihr nie kennen werdet."
"The Gift" beinhaltet Bezüge zur ägyptischen Mythologie. Es finden Osiris, der Gott des Todes und der Unterwelt, sowie Isis, die Göttin der Geburt und Wiedergeburt und auch Seth, der Gott des Chaos und Verderbens, in dem bizarren Text Erwähnung. Passend dazu wird ein cooler Voodoo-Blues geboten, der sowohl eine melodische Raffinesse vermittelt als auch eine geheimnisvoll zurückhaltende Atmosphäre verbreitet.
Ein beweglich-zügiger Bluegrass-Sound, der von Geige und Banjo angetrieben wird, findet seine Erfüllung in "Divide And Conquer". Eine Aussage des Liedes ist, dass alles besser ist, als Krieg gegeneinander zu führen: "Kommt jetzt, lasst uns all diese Kriegslieder singen. Solange niemand mehr kämpfen oder sterben muss."
Wenn die Geister, die man rief, die Kontrolle übernehmen, dann hat man ein Problem: "I Love Doing Drugs" schildert ironisch-bizarr die fatalen Folgen, wenn Drogen das Leben bestimmen und sich die Realität immer mehr verzerrt. Der locker ablaufende Country-Folk-Sound täuscht darüber hinweg, welche Hölle sich inhaltlich auftut.
Unter der cremigen Oberfläche von "Poison Well" passiert eine Menge an akustischen Kabinettstückchen und der Klang verbreitet eine wohlige, karibische Leichtigkeit. Die Lead-Gitarre agiert leicht und locker wie ein Schmetterling an einem Sommermorgen, und die Rhythmus-Gitarre bringt einen milden Funk-Groove ein. Der Kontrabass brummelt gemütlich vor sich hin, wie Balu der Bär im Dschungelbuch, und das Schlagzeug verhält sich so dezent, dass es mehr zu ahnen als zu hören ist. Dieses Gebilde klingt sehr delikat und Pete Bernhard adelt es mit seinem besonnen-weisen Gesang. Die Wörter lassen unterschiedliche Interpretationen ihrer Bedeutung zu: gescheiterte Liebe, Drogenmissbrauch mit Abrutschen in die Kriminalität und schließlich die Ermordung der Geliebten.
Die Hillbilly-Ballade "Holding On" wird von einer leidenden Fiedel und von stoisch den Takt vorgebenden akustischen Gitarren bestimmt. Beide Elemente sorgen dafür, dass die Geschichte, die vom Tod und vom Leiden erzählt, authentisch untermalt wird. Letztlich geht es im Leben darum, durchzuhalten, koste es, was es wolle. Das ist zumindest die Grundhaltung des Trios ("Oh, eines Tages wird alles, was ich liebe, weg sein. Ich glaube nicht an Zufall. Ich glaube nicht an das Schicksal. Ich glaube einfach daran, durchzuhalten.")
The Devil Makes Three haben einen Sound kultiviert, der gleichzeitig traditionelle Werte hochhält und sich dabei zeitgemäß-flexibel anhört. Die Musiker biedern sich an keine Mode an, wirken glaubwürdig und stehen mit allen sechs Beinen tief im musikalischen Vermächtnis der USA. Die Säulen der Kompositionen und Arrangements bestehen aus folgenden Bestandteilen: Die Lead- und Background-Stimmen sind verantwortlich für den ausgewogenen und stimmigen Sound, selbst in einem aufgewühlt-spritzigen Milieu. Die Instrumentierung ist hochwertig, abwechslungsreich und sehr songdienlich, gradezu virtuos. Die Textstrukturen beweisen Charakter, liefern Themen zum Nachdenken, sind poetisch verschlungen und dabei intelligent ausformuliert. Die Musiker stehen den hochgelobten Studio-Cracks aus Nashville hinsichtlich Kreativität und Fingerfertigkeit in nichts nach.
The Devil Makes Three haben mit "Spirits" eine durchgängig interessante Platte an den Start gebracht, die allen Americana-Liebhabern wärmstens empfohlen werden kann.
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