Guts - Philantropiques (2019)

Guts hat den Rhythmus im Blut und sorgt mit seinen „Philantropiques“ durchgehend für anregende, exotische und elegante Grooves.
Wer den seit 1990 öffentlich tätigen Franzosen Fabrice Henri bisher nur als HipHop-Produzenten wahrgenommen hat, wird erstaunt sein, wenn er jetzt „Philantropiques“ hört. Wer den als Guts bekannt gewordenen Musiker mit diesem sechsten Werk das erste Mal erlebt, allerdings auch. Das Album klingt nämlich nicht nur ausgesprochen erfrischend und belebend, sondern auch anders, als das meiste, was der Tüftler seit 2007 in eigener Regie aufgenommen hat. Der zusammengesetzte Titel der Platte gibt schon Aufschluss über die angestrebte Zielrichtung: Ein Philanthrop ist ein Menschenfreund und als solcher hat sich Guts mit einer Vielzahl von unterschiedlichen Sängern, Sängerinnen und Instrumentalisten für die Realisierung seiner Ideen umgeben. Die Tropen geben die geographische Lage der Sounds an, die als Vorlage für die neuen Kompositionen dienten.

So gibt es unter anderem bei „Sa Ce Kado“ gutmütig-leichten und bei „Kenke Corner“ monoton-hypnotischen Afro-Pop zu hören.
Für „Daddy Sweet“ werden swingend-verspielte Jazz-Grooves mit Querflöte aufbereitet und ein Funk-E-Bass ist für „Matadou“ bei gleichem Grundschema das führende Instrument. Psychedelische Effekte begleiten andererseits den Fusion-Jazz „Li Dous Konsa“ in ausgelassen-trunkene Sphären. Lockere Karibik-Disco-Vibes und launige Easy Listening-Atmosphäre laden an anderer Stelle zum Entspannen ein und polyrhythmische Latin-Sounds sowie zackiger Ska sprechen zwischendurch das Fernweh an. Ein Cooler Jazz-Funk-Jam („Bouge Bagay La“) sowie elegante kubanische Töne („Se Nou Menm“) sowie lebensfrohe mexikanische Folklore („Nosso Carimbo E Do Mundo“) sind weitere Bestandteile dieser kunterbunten, vielfältigen, rhythmisch aktiven sowie Sonne und Bewegungsenergie spendenden Kompositionen.
Bei „Voyaging Bird“, einem Afro-Beat-Jam mit jazzigen Bläsern, der ohne solistische Einlagen auskommt und grade deswegen glänzt, wie auch beim tanzbaren „Mucagiami“ wird die Nähe zwischen afrikanischen und brasilianischen Sounds deutlich. Für „Ja Nao Ha Mais Paz“ und „Penda“ geht Smooth-Jazz mit karibischer Leichtigkeit eine harmonische Allianz ein und „Groove Ma Poule“ zeigt, dass sich auch das französische Chanson in den Tropen wohl fühlt und der Electro-Afro-Funk-Pop „Shake It And Rise Up“ sorgt mit stampfenden Takten für einen Tanzbodenfüller.
Die jeweiligen Arrangements, die luftig-locker, aber auch konzentriert-intensiv erscheinen, lassen oft große Besetzungen erahnen. Da kommen Erinnerungen an Dr. Buzzard`s Original Savannah Band und dessen Nachfolge-Formation Kid Creole & The Coconuts („Stool Pigeon“, 1982) auf, die in den 1980er Jahren mit einer ähnlichen Klangausrichtung sogar in Deutschland die Top 10 gestürmt und mit ihren schwungvollen Konzerten für volle Häuser gesorgt haben.
Guts hat mit Bass, Schlagzeug, Percussion, Posaune und Saxophon eine eingespielte Stamm-Instrumentierung an der Hand, die durch diverse Bläser, Gitarren, Flöten, Vibraphon, Balafon und Keyboards je nach Stil und Stimmung aufgefüllt wird. Daneben sorgen diverse Gast-Stimmen für spezielle, lebendige Klangfarben. Die Tracks verbindet trotz der weltumspannenden Einflüsse das gleiche tropische Musikverständnis. Nämlich ein harmonisches Rhythmusgefühl und ein swingender Groove, der Herz, Hirn und Bewegungsapparat miteinander verbindet.
Erstveröffentlichung dieser Rezension: Guts - Philantropiques

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