Joe Henry - Civilians (2007)

Joe Henry gehört zweifellos zu den beeindruckenden, beständigsten und einfallsreichsten Musikern unserer Zeit. Seit seinem Debüt von 1986 („Talk of Heaven") hat er sich kontinuierlich entwickelt. Vom Folk-beeinflussten Geschichtenerzähler, progressiven Americana-Interpreten zum innovativen, kreativen Lieder-Schmied, der Stil- und Konventionsgrenzen einreißt und sich traut, Sounds jenseits kommerzieller Auflagen zu kreieren. Er ist dabei alleine dem guten Geschmack verpflichtet.

Gediegene, fein gesponnene, gut durchdachte Songs sind seit jeher sein Markenzeichen. Ab dem Album "Trampoline" von 1996 begann Joe Henry abenteuerliche Strukturen aufzubauen. Die darauf folgenden Veröffentlichungen „Fuse" (1999), „Scar" (2001) und „Tiny Voices" (2003) waren noch spannender, vielschichtiger, unangepasster, komplizierter und schöner. Diese Entwicklung ist nicht verwunderlich, denn schon bei seinen frühen Werken war Joe Henry ein Grenzgänger, der in kein Klischee passte. Er verwendete Klangfarben und Instrumentierungen, die im Country-Folk-Genre nicht üblich waren. Darüber ließ er seine rauchig-zarte, intensive Stimme glitzern, so dass man sich vollständig in einen Klang-Taumel gezogen fühlt.

Joe Henry hat sich unterdessen auch einen Namen als erstklassigen Produzenten gemacht. Seine Arbeiten für Solomon Burke, Elvis Costello und Allen Toussaint sowie Mary Gauthier sind Meilensteine. Außerdem war er Initiator der hervorragenden Soul-Compilation „I believe to my soul". Für diese Arbeit holte er 2005 die Ikonen Allen Toussaint, Irma Thomas, Mavis Staples, Ann Peebles sowie Billy Preston ins Studio und nahm mit ihnen herzerwärmende Lieder auf. 

Auf „Civilians" bündelt Joe Henry alle seine Talente: verschachtelte, aber trotzdem zündende Melodien, reiche detaillierte Arrangements, instrumentelle Vielfalt und abwechslungsreiche Stimmungen.
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Fühlt man sich beim Titelstück noch an die rauchige Klangwelt von Tom Waits erinnert, so wechselt die Stimmung schon im 2. Song in eine weiche, wattige Struktur, ähnlich eines warmen Frühlingsmorgens. Im Folgenden herrschen die milden, getragenen Töne vor. Joe Henry erweist sich dabei als Meister der Variation. Er leuchtet in diesem Bereich die Möglichkeiten von Grabesstimmung bis zu kraftvollen Balladentönen aus. Dabei verzichtet er auf die experimentelleren Schattierungen seiner letzten Alben, bleibt aber ganz und gar der ernst zu nehmende Geschichtenerzähler, ohne allzu intellektuell zu werden. Ein Höhepunkt jagt dabei den nächsten. Der Name Joe Henry ist ein Qualitätssiegel. Er wird noch weitere erstaunliche Arbeiten abliefern. Da bin ich sicher. 


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