RANDWEG - Meanderlust (2016)

Kunst und Unterhaltung gehen bei Randweg eine muntere Fusion ein.
Obwohl die Musik von Randweg textlos ist, werden durch die phantasievolle Wortwahl bei den Titeln Hinweise auf die Intention und Sichtweise der Musiker gegeben. Ein Randweg ist keine Hauptstraße und entsprechend sind die produzierten Töne auch nicht auf eine mehrheitsfähige Hörerschaft ausgelegt. Sie sind vielmehr für Menschen gestaltet worden, die neuen Erfahrungen, ungewöhnlichen Verbindungen und Querdenkern eine Chance geben.
Das englische „meander“ bedeutet auf Deutsch mäandern, also kurvenreiche, verschlungene Muster aufweisen. Das steht hier für den Spaß, gängige Kombinationen durch gewagte, ungewöhnliche Ideen zu ersetzen. Diese werden intellektuell hochwertig, aber nicht verkopft oder schwer nachvollziehbar umgesetzt. Es gibt immer mindestens eine stabile Grundform der Melodik und aufmunternde Rhythmen spielen auch eine große Rolle. Lautmalereien werden mit natürlichen Eindrücken wie etwa echoartigen Formen, organischen Schwingungen und minimalistischen Wiederholungen lebendig in das Gefüge eingebunden. Die Freigeister Andreas Ernst (Klarinette) und David Baurmann (Bass, Gitarre, Cajon, Electronics) entwerfen ein Klangbild, das natürliche und künstliche Klänge gleichwertig behandelt. Sie entwickeln eine passende Formel für das Miteinander beider Welten. Wer Vergleiche braucht, kann sich in etwa an Peter Michael Hamel`s Between oder Ralph Towner`s Oregon orientieren.
Randweg - Meanderlust / Funken FUNKEN002 - Vinyl
Aber Randweg sind eigen und lassen sich nur ansatzweise vergleichen. „Wokules Walzer“ hangelt sich von einer verträumten, abwartenden Haltung zu einer beschwingten Ausdrucksweise, bei der die Klarinette die Leitmotive bestimmt. Barocke Linien wechseln sich dabei mit freieren Partituren ab. „Firletanz“ assoziiert zunächst Break-Beats und hüpfende Rhythmen, führt aber in weiteren Schichten ruhigere Improvisationen ein. Percussion-Schwärme, flächige Feedback-Anordnungen und malerische Effekte sowie Echolot-artige Klarinetten-Klänge bilden dann das Gerüst von „Bassas“.
Der Name Larry Farrey hört sich wie Larifari an, was so viel wie sinnloses Geschwätz bedeutet. Das kann aber mit „(The Beautiful World Of) Larry Farrey“ nicht gleichgesetzt werden, denn das Stück wurde aufwändig und mehrdimensional aufgebaut und wurde natürlich auch instrumental umgesetzt. Neben nervös klappernden Rhythmen, die von Ruhepausen unterbrochen werden, gibt es eine geheimnisvoll eingebundene Melodie, die im Hintergrund wie durch einen Nebel wahrnehmbar ist.
„Morning Glory“ beinhaltet minimalistische Klarinetten-Schleifen, die zusammen mit jazzigen Solo-Ausflügen einen tanzenden Wirbel erzeugen. „Drommeldar“ entführt den Hörer in fremde Länder, ohne das wirkliche Ziel der Reise Preis zu geben. Die eingesetzten Trommeln klingen ansatzweise orientalisch, aber durch die auflösenden elektronischen Spielereien bleibt die Herkunft der Musik weitestgehend verschwommen.
„Gobold`s Riddle“ mag es schon beinahe Dancefloor-mäßig aktiv. Aufgedreht und polyrhythmisch ist das ein Weckruf, der auch weltmusikalische Anklänge enthält. „Mars Mellow“ ist gar nicht so sanft und lieblich wie der Name vorgaukelt. Ein stumpfer Takt sorgt für Bewegung und die Töne werden dynamisch neben- und hintereinander angeordnet. Und die Klarinette brummt dazu wie eine Hummel oder jubiliert wie ein Singvogel. Oszillierende Synthesizer-Beigaben sorgen parallel für die Anregung der Gehörgänge und der Hirnströme. Was sich wirr liest, hat aber in Wahrheit Methode, Konzept und eine klare Linie.
„Life One“ enthält nahezu vollständig konventionelle Rock- und Pop-Bestandteile, die durch Gitarren-Feedback-Attacken aufgeraut werden. Biegsame und unbiegsame Tonkaskaden entfalten ein spritziges Miteinander. Bei „Pool“ sendet die Klarinette minimalistische Morsezeichen, die in eine romantische Melodielinie übergehen. Eine geschmeidig-weiche E-Gitarre übernimmt dabei die Leitfunktion.

„Meanderlust“ ist ein Füllhorn an Ideen, bei denen Klänge zusammengesetzt werden, die teils vertraut erscheinen, aber in dieser Kombination überraschend sind und die Ohren freispülen. Es ist erstaunlich, wie es die Musiker bewerkstelligen, gleichzeitig avantgardistisch und unterhaltsam zu sein.
Auf ihrer Internetseite haben die Musiker noch ein paar Klang-Beispiele hinterlegt:
Randweg

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