Karwendel - Geteiltes Herz

Geteiltes Herz, aber doppelter Genuss: Karwendel steht für liebevolle Sensibilität, musikalisches Einfühlungsvermögen und geschmackvolle Zuneigung.

Karwendel alias Sebastian Król ist bekannt für mitfühlend-wehmütige Lieder, die den Folk als Basis in sich tragen und weltoffen eine eigentümliche musikalische Bandbreite abdecken. Diese poetische Songwriter-Kunst konnte bisher schon auf den EPs "Für den Moment" (Veröffentlicht am 22. Januar 2021) und dem Album "Im Lichte der Zeit" (Veröffentlicht am 26. November 2021) genossen werden. Am 6. Oktober 2023 kam nun mit "Geteiltes Herz" ein neues 6-Track-Werk hinzu.

Für Karwendel sind Text und Musik gleichwertig. Eine intim-hingebungsvolle Lyrik ist der Ausgangspunkt für kunstvoll-ästhetische, hochwertige Musik. Król sucht für "Geteiltes Herz" nach neuen Ausdrucksformen in der Verbindung von Poesie und Schönklang und findet sie in der Schnittmenge zwischen kammermusikalischem Folk, melodisch verschachteltem Jazz, anspruchsvollem Pop und anregend-unterhaltsamen Experimenten. Das Ensemble transportiert dabei einen warm-harmonischen, wohlig-einschmeichelnden, leidenschaftlich-eigenständigen Sound mit Hang zur konstruktiven Melancholie auf Basis von freigeistigen Klängen. Ausgeglichenheit und Nachdenklichkeit werden auf diese Weise dynamisch gemixt und betörend umgesetzt.
Sebastian Król

Der Sänger, Akustik-Gitarrist und Komponist Sebastian Król hat sich als Verbündete auf dem Weg zur schöngeistigen Herrlichkeit die Talente der Künstler Max Braun (Bassgitarre, Produktion), Joshua Weiß (Schlagzeug, Percussion), Samantha Wright (Klarinette), Linus Kleinlosen (Altsaxofon, Baritonsaxofon), Anna Wydra (Gesang) und Sönke Torpus (Piano, Gitarren, Gesang) gesichert und mit ihnen einen virtuos-stimmungsvollen Beistand gefunden.

Eine bekannte Redensart lautet: "Jeder ist seines Glückes Schmied". Das bedeutet, dass man für sein Glück selbst verantwortlich ist und sich nicht unbedingt auf den Zufall oder die Hilfe von Anderen verlassen soll, wenn es um die Erlangung von innerer Harmonie geht. "Mein Glück" macht da allerdings andere Hemmnisse auf dem Weg zum Seelenheil aus: "Es fehlt so oft an Mut, manchmal auch an Überzeugung", um einem Impuls zu folgen, der sich als vielversprechend darstellt. Die Hauptperson des Liedes hat jedenfalls sein Glück gefunden: "Ich setz’ dich doch nicht aufs Spiel. Ich lass’ dich nicht mehr los, du bedeutest mir zu viel", dichtete Sebastian für den Refrain. Bei aller textlich zur Schau gestellten Glückseligkeit ist der Song dennoch kein rührseliges Liebeslied geworden, sondern eine wehmütige Ballade, bei der sich der Sänger der Gefahr bewusst ist, dass ein Wohlgefühl leicht zerbrechlich ist. Diese Gefahr steckt hinter jeder Note.

Mit seinem belebenden, suggestiv-monotonen, afrikanischen Folk-Jazz-Rhythmus und den gefühlvollen Klarinetten- und Saxofon-Klängen erinnert "Du darfst lieben" gleichzeitig an Richie Havens und an Ralph Towners Oregon. Der Song wird von folgender Aussage begleitet: "Kein Thema wird in der Popkultur so sehr besungen wie die Liebe. Umso überraschender erscheint es, wie neu der Selbstzuruf "Du darfst lieben – Lieb‘ so viel du willst" klingt. Es geht um eine Liebe abseits der romantischen Liebesbeziehung, die zu wenig Aufmerksamkeit und Akzeptanz erfährt. Sie ist überall zu finden: In Freundschaften, im Umgang mit unbekannten Menschen, im Verhältnis zum Körper oder der Natur."

Für "Neuanfang" teilt Sebastian den Lead-Gesang mit Anna Wydra und geht mit ihr auch ein verführerisches Duett ein. Was als Lagerfeuer-Romantik beginnt, entwickelt sich im Nachgang zu einem fragilen Singer-Songwriter-Track mit raffiniert-unorthodoxem Joni-Mitchell-Flair. 

Bleierne Schwere legt sich auf "Wie du gibst": Das Tempo ist gering und Hoffnungslosigkeit scheint zu regieren. Die Töne tropfen zäh wie Sirup herab und färben den Untergrund dunkel. Der Harmoniegesang ist so sanft und zärtlich, dass es förmlich wehtut, wenn er aufhört. Man möchte ihn am liebsten als Seelenwärmer ständig im Ohr behalten. Klarinette, Piano, Stimme und Schlagzeug gehen eine innige Liebesbeziehung ein, die das Lied weit über den Status einer gewöhnlichen Ballade hinaushebt. Es ist nämlich eine bekümmerte Hymne, die einem übersinnlichen Gospel gleicht, welcher die Herzen mit einem spirituellen Feuer erfüllt. "Ein guter Platz an meiner Seite bleibt immer frei für all das, was ich noch nicht kenn, für das Licht, was in dir schon brennt" ist ein Bekenntnis zur Offenheit und zum Vertrauen.

"Nur ein Schritt" ist quasi das Kernstück der EP, weil sich hier alle bisher ausgedrückten Emotionen und Gedanken in einer Sound-Collage wiederfinden und auf die Spitze getrieben werden. Auch für dieses Stück gibt es eine Erklärung vom Komponisten: "So Du Wa Lo Wa Du So Sa Lo - ein chorales Mantra, das wir heute nicht verstehen. Es braucht mutige Schritte ins Ungewisse, um neue Türen zu öffnen und das Bewusstsein und Verständnisse zu erweitern. Auch, wenn Sicherheiten aufs Spiel gesetzt, Fehler oder gar Schuld riskiert werden. Der Antrieb, diesen einen Schritt zu gehen, diesen Sprung zu wagen, dies Wort zu sagen - der Antrieb ist die Sehnsucht nach einem lebendigen, erfüllten Leben".

Bei "In der Sonne" gibt es keinen Gesang, dennoch verfehlt das Stück nicht einen inspirierenden Effekt. Es bleibt allerdings kein Raum mehr für weitere Innovationen, denn jetzt sind Einkehr und Besinnung gefragt, die durch die Reinheit und Transparenz der Töne gewährleistet werden. Deshalb musste wohl ein Instrumentalstück den Schlusspunkt setzen, das sich im Kern auf alte Werte bezieht und den Jazz an seiner Wurzel packt.

"Van Morrison und Robert Wyatt sind Einflüsse für die offene Form, Bonnie "Prince" Billy und Manuel García für die organische Produktion", definiert und spezifiziert 
Sebastian Król seine Hauptanregungen bei der Umsetzung für "Geteiltes Herz". Das attraktive Folk-Jazz-Flair wurde passgenau in das bittersüße Befinden integriert, wobei die Atmosphäre letztendlich tröstend und nicht depressiv ist. Warme Blasinstrumente, dezent raumfüllende Keyboards und eine flexible Taktgebung setzen besondere Duftmarken. Der diskret-vertrauliche Gesang sowie die geistreichen und gütigen Texte sind dann noch das Tüpfelchen auf dem I. 

Sebastian Król setzt seine Empfindsamkeit stets unbestechlich durch und sorgt dadurch für einen hohen Wiedererkennungswert und für ein großes Maß an Identifikationspotential. Das Werk ist originell und bemerkenswert kraftspendend - trotz (oder gerade wegen) der vielen Moll-Töne!

Kommentare

Beliebte Posts aus diesem Blog

Waiting For Louise - Rain Meditation

Jahresbestenliste 2023

Lesestoff: Pop steht Kopf