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Es werden Posts vom Juni, 2024 angezeigt.

Tigran Tatevosyan - Mer Tan Itev (2024)

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Vermächtnis und Originalität: Tigran Tatevosyan beherrscht die Traditionen und sucht eigene Wege. Tigran Tatevosyan ist ein Wunderkind an den Tasten. Der Armenier begann schon mit sechs Jahren eine acht Jahre dauernde Klavierausbildung, die ihm die klassische Musik näherbrachte. Sein Sinn stand ihm aber auch nach Improvisationen, weshalb er nach seinem Bachelor-Abschluss beschloss, sich dem Jazz zuzuwenden. 2017 schrieb er sich am Rachmaninow-Konservatorium in Rostow, Russland, ein, um einen Master-Abschluss in Jazz-Klavier anzustreben. Zu den musikalischen Vorbildern wuchsen in dieser Zeit Oscar Peterson , Herbie Hancock , Chick Corea , Lyle Mays und Keith Jarrett heran, er blieb aber auch Debussy und Rachmaninoff verbunden. 2020 zog Tigran nach Hamburg, wo er am Dr. Langner-Jazz-Master-Programm teilnahm. Der Mann mit den flinken Fingern lässt die Töne lebhaft sprudeln oder zieht sich mit tragischen Schwingungen in dunkle Räume zurück. Tatkräftige und sensible Unterstützung gibt e

Kurz und bündig: The Birthday Party - Prayers On Fire (1981)

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Brutalität und Poesie, Hölle und Erlösung: Der Sound von The Birthday Party ist schmerzend intensiv. Die australischen The Birthday Party sind 1980 aus The Boys Next Door hervorgegangen und bestanden weiterhin aus Nick Cave (Gesang), Phill Calvert (Schlagzeug), Mick Harvey (Gitarre, Orgel), Rowland S. Howard (Gitarre) und Tracy Pew (Bass). In ihrer Musik verbinden sich zwei Kulturen: Die geheimnisvolle, nach Voodoo-ähnlichen Gesichtspunkten ausgelegte Lebensweise der Urbevölkerung und die hektische, aggressive Welt der Millionenstädte scheinen hier aufeinanderzuprallen. Auf dem Debütalbum der Band werden raue, wilde Instrumental-Parts von der ausschweifenden, Gift und Galle kotzenden Vokalartistik von Nick Cave durchzogen ("Zoo Music Girl", "Cry") und es taucht Rock-Avantgarde in der Tradition von Captain Beefheart auf ("Ho Ho").  Mit "Capers" gibt es ein Stück, das sich an den knurrig-schroffen Kompositionen von Tom Waits orientiert und abarbe

Kurz und bündig: XTC - English Settlement (1982)

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XTC: Nie waren sie wertvoller als heute. Ein Griff in die Schatzkammer brillanter Pop-Musik: Mit "English Settlement" bescheren uns die britischen Oberintellektuellen um Andy Partridge und Colin Moulding ein Ausnahmewerk an Präzision und Einfallsreichtum. Ein Füllhorn erlesener Melodien ergießt sich über die Hörerinnen und Hörer. XTC beherrschen ihr Metier, bei dem sie Pop und Kunst in eine schwindelig werden lassende Kompositionsvielfalt einbeziehen, perfekt: Die Songs wurden originell und effektvoll arrangiert. Tempowechsel werden dabei dezent vorgenommen, sodass nie der ästhetisch kribbelnde Art-Pop-Rahmen gesprengt wird. Das Spektrum der Ausdrucksweise reicht von folkloristisch-leichtfüßigen Liedern ("Yacht Dance") bis zu beschwingt-tanzbarem Material ("Senses Working Overtime"),  Ohrwürmer mit Anspruch sind es alle. Es folgt Hit auf Hit. Gewohnt intelligent sind auch die Texte. So zum Beispiel bei "Melt The Guns" mit der prägnanten Textzeile

Kurz und bündig: Heinz Rudolf Kunze - Eine Form von Gewalt (1982)

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Das Brot der frühen Jahre. " Romanze " von Kunzes erstem Longplayer "Reine Nervensache" (1981) ist die wohl ausdrucksstärkste Beschreibung innerlicher Vereinsamung, die ein deutschsprachiger Musiker je zu Papier gebracht hat. Neben Persönlichkeitsproblemen verarbeitet Heinz Rudolf Kunze auf seinem zweiten Album  "Eine Form von Gewalt" auch  Themen voller politischer Brisanz.  Drei solche Titel seien besonders hervorgehoben: "Die kommen immer wieder" ist eine gelungene Entmystifizierung von Beherrschern, wie sie schon von DAF (= Deutsch Amerikanische Freundschaft) mit ihrem " Der Mussolini " erreicht wurde. Die Obrigkeiten des Landes der unbegrenzten Möglichkeiten bekommen in "Der Präsident" ihr Fett bei einer sarkastischen Betrachtung über die Folgen der Atombombenabwürfe über Japan im 2. Weltkrieg weg: "Ich bin der Präsident/vom freiesten Land der Welt/zum Geburtstag lad ich/alle ein/der erste Tanz gehört/der Japanerin/d

Verborgene Plattenschätze: The Earlies - The Enemy Chorus (2007)

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Pop als Kunstform ohne Schere im Kopf: The Earlies entwerfen und feiern Songs, die nach Harmonie und Experiment duften.  Die Formation The Earlies arbeitet außergewöhnlich: Gegründet wurde sie 1996 von Brandon Carr und John-Marc Lapham aus Texas sowie Christian Madden und Giles Hadden aus Nord-England aus einer Bierlaune heraus. Die Musiker koordinierten ihre Tätigkeiten über das Internet. Ihre Fähigkeiten wurden dabei durch eine tolerante Grundhaltung zueinander und zu den jeweils vorgeschlagenen Entwürfen zum Wohle gemeinschaftlicher Veröffentlichungen, die alle Erwartungen unter einen Hut bringen sollten, miteinander verschmolzen. Für die ersten EP-Aufnahmen, die später zur Debüt-LP "These Were The Earlies" von 2005 führten, sang Brandon Carr die Lieder zu Hause in Dallas ein und die Instrumentalisten werkelten in einem Studio in Manchester an einem kunstvollen, orchestral aufgeschichteten Sound.  Um das zweite Album "The Enemy Chorus" fertigzustellen, reiste Car