PETER PERRETT - HOW THE WEST WAS WON (2017)

Kennt noch jemand THE ONLY ONES aus London, die 1978 mit ANOTHER GIRL, ANOTHER PLANET einen Achtungserfolg hatten? Deren Frontmann PETER PERRETT meldet sich jetzt mit seinem Solo-Album HOW THE WEST WAS WON zurück, das erwachsen an den damaligen Sound anknüpft.

Der Sound der semi-legendären The Only Ones hallt noch aus den 1970er Jahren nach und Frontmann Peter Perrett transformiert ihn glaubwürdig in die Gegenwart.


Mit nur drei Studioplatten erlangten The Only Ones aus London einen Kultstatus, der bis heute anhält. Die Band wurde 1976 gegründet und bestand aus Peter Perrett (Gesang, Gitarre, Kompositionen), dem ehemaligen Spooky Tooth-Drummer Mike Kellie, John M. Perry (Gitarre, Keyboards) sowie Alan Mair am Bass. Mit ihrem Debüt „The Only Ones“ aus 1978 geriet die Band damals in eine Systematik, die dafür sorgte, dass sie dem New Wave zugeordnet wurden. Das war eine Marketingmaßnahme, die gewährleisten sollte, dass sie dem Zeitgeist entsprechend besser vermarktet werden konnten.
The Only Ones behaupteten sich zunächst in diesem Veröffentlichungs-Strudel, da die Platte den Single-Hit „Another Girl, Another Planet“ abwarf. Der Song fasst vortrefflich zusammen, um was es in der Musik von Peter Perrett und Co. ging: Hier findet sich die Coolness von Lou Reed, die trocken rockende Seite der Rolling Stones) und die schnoddrige Rotzigkeit der Sex Pistols) zu einem psychedelisch verwirbeltem Power-Pop zusammen. Diese ungewöhnliche Verbindung von lethargischem Psychedelic-Rock mit provozierendem Pop-Elan könnte auch als Hippie-Punk beschrieben werden. Ein ergänzendes Markenzeichen war dann noch Peters spezieller, tendenziell lakonisch gelangweilter, nölend-quengelnder Gesang.
1982 löste sich die Gruppe nach den weiteren beachtenswerten Studio-Alben „Even Serpants Shine“ (1979) und „Baby`s Got A Gun“ von 1980 offiziell auf. Grund für den Split war auch die „Drogenkarriere“ von Peter Perrett, weshalb dieser erst 1994 wieder musikalisch aktiv werden konnte. Auf seinem ersten The-Only-Ones-Nachfolge-Album „Woke Up Sticky“ von 1996 nannte er seine Begleitband The One und nahm gern Bezug auf Kompositionen aus seiner musikalischen Vergangenheit. So ist „Falling“ mehr als nur eine Referenz an den Hit „Another Girl, Another Planet“. 2007 gab es übrigens eine The Only Ones-Reunion, neues Studio-Material wurde aber bisher nicht veröffentlicht.
How The West Was Won - Peter Perrett: Amazon.de: Musik
Die ungestümen Zeiten von Perrett sind nun längst vorbei und deshalb zeigt sich Peter heute auch nicht als Berufsjugendlicher, sondern als gereifter Musiker, der seinen mit The Only Ones entwickelten Stil seriös in die Gegenwart gerettet hat. Der Song „How The West Was Won“ klingt folgerichtig wie ein Hybrid aus „Walk On The Wild Side“ von Lou Reed
und „If Not For You“ von Bob Dylan. Gewohnt lässig, beinahe schon überheblich klingend, breitet Peter hier seine nahe am Sprechgesang angelegte Vertonung über das saloppe Stück aus, das mitten in einem Gitarrensolo brutal ausgeblendet wird.
Der romantische Alternative-Rock „An Epic Story“ enthält Peters Bekenntnis an seine Frau, mit der er bereits 48 Jahre zusammen ist, dass er sie wieder auswählen würde, könnte er sein Leben noch mal leben. „Hard To Say No“ spielt anschließend den 60s-Girl-Group-Pop der Shangri-Las („(Remember) Walking In The Sand“ (1965)) gegen den schleppenden, deprimierenden Junk-Rock der Solo-Sachen von Johnny Thunders (ex-New York Dolls) aus. „Troika“ geht dann im Niemandsland zwischen Emo-Pop und Mainstream-Rock verloren.
Mysteriösen, rauschhaften Folk-Rock erwartet den Hörer bei „Living In My Head“ und „Man Of Extremes“ bietet gebremsten Power-Pop in Buzzcocks-Manier an. „Sweet Endeavour“ ist der Hit der Platte: Der Song hat einen aufbauenden Refrain, der dunkle Wolken bei Seite schieben kann. Bei der epischen Ballade „C Voyeurger“ verwehen die melodischen Konturen und die flirrend jaulenden Gitarrenattacken von „Something In My Brain“ erinnern phasenweise an die wunderbare Television um Tom Verlaine. „Take Me Home“ leidet darunter, dass der Refrain zu häufig wiederholt wird, was zu Lasten der Substanz des Liedes geht.
„How The West Was Won“ zeigt einen vom Leben gegerbten 65jährigen Künstler, der seine Mitte gefunden hat und dem offensichtlich familiäre und freundschaftliche Bindungen inzwischen wichtiger sind als ein klischeehaftes Rock & Roll-Leben. Dafür spricht auch, dass ihn bei den aktuellen Aufnahmen seine Söhne an Bass und Gitarre begleiten. Die Musik vermittelt einen sympathisch-dekadenten, brüchigen Charakter, der durch Peters lässige Stimmlage und durch Melodien mit Wiedererkennungswert zusammengehalten wird. „How The West Was Won“ ist ein gelungenes, willkommenes Comeback, dem hoffentlich noch weitere Veröffentlichungen folgen werden.

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