THE ORCHESTRA SOLEDAD - VAMONOS / LET`s GO (1970)

Mit VAMONOS / LET`s GO von THE ORCHESTRA SOLEDAD feiert eine Rarität ihre Premiere auf CD.

Die Platte wurde 1970 von THE ORCHESTRA SOLEDAD in New York als Kleinstauflage in Vinyl herausgebracht und wurde dann vergessen. Die Latino-Rhythmen haben sich aber über die Jahrzehnte frisch gehalten und zeigen eine munter drauf los spielende Salsa-Formation in lebendiger Spiellaune. 

Wiederveröffentlichung einer Rarität: Das Orchestra Soledad bringt unverfälschte Latino-Rhythmen aus den Straßen New Yorks zu Gehör.
Im Zuge der Beliebtheit der Fania All Stars versuchten auch andere Exil-Latinos im New York der 1970er Jahre auf den damaligen Salsa-Boom aufzuspringen. Mit dem Orchestra Soledad kann sich der Pop- und Rock-Musik-Freund, der bisher noch keine Berührungspunkte mit lateinamerikanischer Musik hatte, auf Spurensuche begeben. Hier findet er den Sound, der auch Carlos Santana oder Stephen Stills dazu gebracht hat, die Stile Salsa, Boogaloo, Merengue, Rumba, Son oder Cumbia als Zutat für ihre Musik zu verwenden. „Vamonos / Let`s Go“ erschien zwar erst 1970, aber die Kraft, die Energie und der Schwung der Musik machen klar, um was es den Musikern damals bei ihrer Fusion ging.
Vamonos / Let's Go - The Orchestra Soledad: Amazon.de: Musik
Das Orchestra Soledad musiziert munter drauf los. Es gab offensichtlich bei den Aufnahmen keine Nachbesserungen, denn schiefe Gesangssätze und Patzer sind manchmal deutlich auszumachen. Die Spielfreude hatte also eine deutlich höhere Priorität als die Erreichung von Perfektion bekommen: „El Ritmo Soledad“ klingt kubanisch und verarbeitet Bläsersätze, die leicht neben der Spur zu sein scheinen. Auch beim Gesang wird nicht jeder Ton sattelfest getroffen. Aber das auf eine Art, die eine gewollte Anti-Haltung zum glatten Einheitspop zur Schau stellt und Spontanität vermittelt.
„I`ll Make You A Queen“ portraitiert und persifliert in gewisser Weise die Schönsingerei des Doo Wop. Aus der Ballade wird dadurch eine augenzwinkernde Provokation. „Cuero“ macht Dampf und es klappert und klopft herrlich ausgelassen an allen Ecken und Enden. „Vamonos / Let`s Go“ stellt die Bläser in den Vordergrund, die engagiert mächtig Luft ablassen. Der Gesang ist eher begeistert-ungezwungen als makellos und das Piano spielt sich in einen kurzen kakophonischen Rausch, bevor alle Fäden irgendwie wieder zusammenfinden.
„Uptight“ legt zunächst einen entspannten Ablauf an den Tag. Dann killt das Piano die lässige Stimmung und die Bläser fordern energisch mehr Anteil am Geschehen. Letztlich setzt sich jedoch die lockere Atmosphäre wieder durch. Bläser und Percussion sorgen bei „La Puerta Esta“ abwechselnd für quirlendes Prickeln. Das Piano bricht dabei erneut mit einem Aufmerksamkeit suchenden, teils improvisierten Solo aus dem Rhythmus-Reigen aus.
„Problems“ beginnt als leiernd-gleichgültige Ballade, schlägt dann aber in ein munter-aufgedrehtes, hymnisches Tanz-Stück mit wildgewordenen Piano-Eskapaden um. Das bedächtige „Just Like A Fool“ wird wie von langsamer, historischer Karussell-Musik vorwärts getragen. Der Gesang fällt dazu teilweise ins absurd-lächerliche und amateurhaft-schräge ab. „Candela“ geht zurück zur ethnischen Verbindung zwischen Afrika und Brasilien. Daraus wurde ein schwungvoller, polyrhythmischer Latin-Track gebastelt.

Es bleibt festzuhalten: Ursprüngliche Lebendigkeit steht an erster Stelle bei dieser Musik. Da wurde nichts nachträglich geschönt. Macken und Unsauberkeiten sind bewusst belassen worden. Das tut dem Spaß keinen Abbruch. Im Gegenteil, diese Ecken und Kanten wirken bei der immer steriler werdenden Gebrauchsmusik erfrischend, menschlich und sympathisch. Wahrscheinlich sind die Originalbänder der Aufnahmen von „Vamonos / Let`s Go“ schon lange verschollen. Zumindest klingt die CD wie eine restaurierte LP-Überspielung, denn ab und zu ist ein leichtes Knistern zu hören.
Das Orchestra Soledad hat nur dieses eine Album produziert. Die Musiker träumten vom Ruhm der Fania-Allstars, ihre in Kleinstauflage erschienene Platte wurde aber vergessen. DJ Amir fand ein Exemplar in einem New Yorker Plattenladen und konnte sogar den Kontakt zu Hector Ramos, dem Bandleader des Orchesters aufnehmen. Auf der Zusammenstellung „Buena Musica Y Cultura“ erschien dann als Appetitanreger das Stück „El Ritmo Soledad“, was zur Idee dieser willkommenen Wiederveröffentlichung führte. Obacht: Die Reihenfolge der auf dem Cover abgedruckten Songs stimmt nicht mit der Reihenfolge auf der CD (die in unserer Playlist aufgeführt ist) überein.

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