BEDOUINE - Bird Songs Of A Killjoy (2019)

AZNIV KORKEJIAN nennt sich BEDOUINE und ist ein neuer, heller Stern am Folk-Himmel. Mit "Bird Songs Of A Killjoy" (2019) wird ein erstaunliches Erstlingswerk vorgelegt.

Das Debüt "Bird Songs Of A Killjoy" enthält bezaubernde, fragile, beruhigende, gediegene Songs, die den Tag retten können.
Bedouine erschafft betörend-liebliche Folk-Gespinste von extrem hoher Anziehungskraft.
Manche Biografien lesen sich wie von einem Hollywood-Regisseur ausgedacht: Trotz widriger Umstände und schwieriger Voraussetzungen passen letztlich doch alle Ereignisse nahezu perfekt zusammen. So ist es auch bei Azniv Korkejian. Das Mädchen wurde im syrischen Aleppo als Tochter armenischer Eltern geboren und wuchs in Saudi Arabien auf. Nachdem die Familie in der Green Card Lottery gewann, wanderte sie in die USA aus. Dort gab es einige Ortswechsel: Von Boston nach Houston, dann nach Lexington, Austin, Savannah und Los Angeles. Hier fand Azniv Anschluss an die hiesige Musik-Szene. Als sie sich im Studio von Gus Seyfferts (BeckNorah JonesThe Black Keys) ein tragbares Tonbandgerät ausleihen wollte, kam es zum Vorsingen.
Das war der Anfang einer vielversprechenden musikalischen Laufbahn. Aufgrund der häufigen Ortswechsel liegt der Künstlername Bedouine auch nahe, denn er bedeutet so viel wie die Wandernde. Auf der Wanderschaft durch die Clubs von Los Angeles kreuzten sich dann die Wege mit dem Singer-Songwriter und Produzenten Matthew E. White. Als Förderer des Talentes sorgte er dafür, dass die Lieder des Debüt-Albums von Bedouine bei der Studioumsetzung im Spacebomb Studio in Richmond mit eindrucksvollen Arrangements von Trey Pollard versehen werden konnten. 30 Songs hat Azniv Korkejian in den letzten drei Jahren geschrieben. Zehn davon fanden den Weg auf die Platte, die in Los Angeles von Thom Monaham (Pernice Brothers, Devendra Banhart, Vetiver) den finalen Mix verpasst bekam.
Bird Songs of a Killjoy | Bedouine
Lieblich, unaufgeregt und sanft-erotisch schleicht der Gesang von Bedouine durchs Zimmer. Auf leisen Sohlen, aber durchaus selbstbewusst umgarnen den aufmerksamen Hörer sanfte Schwingungen, die sympathisches Wohlgefühl erzeugen. Filigraner kammermusikalischer Folk findet bei „Nice And Quiet“ eine neue Heimat und profitiert emotional vom hauchzarten Gesang. Kann es vielleicht doch Seelenwanderung geben? Nicht nur der weich gezeichnete Country-Folk von „One Of These Days“ zeigt eindeutige Parallelen zur 1986 viel zu früh verstorbenen kalifornischen Folk-Ikone Kate Wolf auf. Und das ist wahrlich keine schlechte Referenz.
Der mild und elegant fließende Drama-Pop „Back To You“ geht zu Herzen und wirkt trotz des Einsatzes von Streichern und Bläsern nie überladen.
Fast in Zeitlupe spielt sich danach die in süßer Melancholie schwelgende Ballade „Dusty Eyes“ ab. Bedouine scheint auch die Musik von Laura Marling studiert zu haben. Zumindest hört sich der intime Art-Folk „Solitary Daughter“ beinahe wie ein Lied aus dem Fundus der kreativ-intellektuellen Folk-Musikerin an. Der dunkle, schwergängige Albtraum-Walzer „Summer Cold“ würde sich prächtig zur Untermalung der Mystery-Serie „Twin Peaks“ eignen, während das barock klingende „Mind's Eye“ die Unbeschwertheit eines sonntäglichen Frühstücks in der Natur vermittelt. Wolkig-verträumt schreitet „You Kill Me“ Wege ab, die auch schon von Leonard Cohen gegangen wurden. Für „Heart Take Flight“ tritt Azniv Korkejian in die großen Fußstapfen von Nick Drake. So wie dem legendären, stilbildenden Troubadour gelingt es ihr auch, eine andächtige, ergreifende Stimmung zu erzeugen. Die elegante, optimistische, würdevolle Atmosphäre, die Emmylou Harris 1975 für „Boulder To Birmingham“ entworfen hat, wird abschließend auch beim unschuldig gleitenden „Skyline“ hervorgerufen.
Bedouine ist ein sehr eindringlich-feinfühliges, charmant-einnehmendes und betörend-ausgeglichenes Album gelungen. Die Lieder erhalten durch die Versorgung mit der frei fließenden, aggressionslosen Stimme der Künstlerin eine beruhigende Wirkung. Die geschmackvoll-reifen Arrangements tun ein Übriges, um die Songs edel und delikat erscheinen zu lassen. So findet die souveräne Musikerin auf Anhieb eine Nische zwischen Laura MarlingGillian Welch und Aimee Mann. Was die Tracks so attraktiv, verführerisch und unwiderstehlich macht, ist ihre ungeheure Raffinesse, Gelassenheit, Ausgewogenheit und melodische Stärke. Sie spenden Trost und Wärme und füllen die Ohren mit reizvoll-delikaten Klängen. Grandios!

Kommentare

Beliebte Posts aus diesem Blog

Waiting For Louise - Rain Meditation

Jahresbestenliste 2023

Lesestoff: Pop steht Kopf