FALKEVIK - Louder Than I´m Used To (2018)

FALKEVIK machen mit "Louder Than I´m Used To" Piano-Trio-Jazz zugänglich, ohne die intellektuelle Basis dabei zu verwässern.
Falkevik ist kein gewöhnliches Piano-Trio. Es handelt sich hierbei nämlich um drei Damen aus Norwegen, deren Frontfrau und Namensgeberin Julie Falkevic nicht nur die Tasten bedient, sondern auch singt. Unterstützt wird sie dabei von Ellen Brekken am Bass und Veslemøy Narvesen (Schlagzeug, Percussion). Und damit kommen wir gleich zu der nächsten Besonderheit: Falkevik steuert nämlich keinen herkömmlichen Jazz-Gesang bei, sondern schöpft eher aus Pop- und Folk-Quellen. Die leichte, fließende Stimme ist dabei manchmal sachlich gehalten und dann wieder lieblich, sentimental und süß.
Dem Eröffnungs-Stück „Castle“ kommt eine Sonderrolle zu, da es quasi die gesamte Bandbreite des Ensembles abbildet: Hier finden sich in viereinhalb Minuten anspruchsvoll fließender Jazz, sphärische Zwischentöne und eine charmante Pop-Melodie zu einer unterhaltsamen Mixtur zusammen. Der Crossover-Aspekt von freigeistigem Jazz und vorwärts treibendem Pop bekommt bei „Sing To Me“ nochmal neue Nahrung und führt zu einer erstaunlich unorthodoxen Verbindung, weil Eingängigkeit und künstlerischer Forschergeist sehr gut miteinander harmonieren. Die Ballade „You Ask“ verbindet Moll-lastige Piano-Töne, traurig-sehnsüchtigen Gesang und virtuoses Ensemble-Spiel miteinander. 

Vorsichtig abtastend nähert sich „Detour“ dem Hörer. Falkevik schafft dann durch den milden, melodischen Gesang Vertrautheit, bevor das Piano zur Improvisations-Exkursion aufbricht.
Das sich in letzter Konsequenz impulsiv entwickelnde „Walk Away“ braucht einen kleinen Anlauf, um seine beflügelnden Qualitäten voll entfaltet zu können und das instrumentale „Little Prince“ nutzt eine eher kopflastige Jazz-Gangart, die häufig in der Besetzung Piano + Bass + Schlagzeug Verwendung findet. Das klingt nicht unbedingt unverbraucht, denn diese Form der Präsentation erscheint in diesem ansonsten innovativen Umfeld eher unpassend. Der Song „Louder Than I'm Used Too“ bezieht als schleppender Art-Pop aufmunternde Broadway-Musical- und beunruhigende Space-Sounds mit ein. „Kvite Slott“, das auf Norwegisch vorgetragen wird und folkloristische Züge trägt, ist ein versöhnlicher, etwas unspezifischer und unspektakulärer Abschluss der Platte.
Für ihre instrumentelle Basis haben die Norwegerinnen einen Ausdruck gefunden, der sowohl für Pop- wie auch für Jazz-Fans akzeptabel ist, da sie den Hörer weder über- noch unterfordert. Bei diesem Vorhaben ist es aber auch leicht möglich, sich zwischen alle Stühle zu setzen. Das Zünglein an der Waage ist deshalb der Gesang von Julie Falkevic. Ertönt ihre Stimme zu lieblich, wird das Gleichgewicht zu Lasten des Kunstanspruchs verschoben, was Jazz-Puristen verschrecken könnte. Die Aufnahmen mit ernsthafterer Stimmlage hinterlassen deshalb einen intensiveren, nachhaltigeren Eindruck. Falkevic sind nämlich immer dann richtungsweisend, wenn sie sowohl die Pop- wie auch die Jazz-Standards umgehen. Und das gelingt am besten durch lockere Instrumentierung mit konzentriertem Gesang.


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