Jackie Bristow - Shot Of Gold (2018)

Geheimtipp! Jackie Bristow huldigt dem erhabenen, dunkel-zart schmelzenden Country-Folk.

Jackie Bristow ist angekommen! Geboren wurde sie in Neuseeland, verbrachte auch einige Zeit in Australien, aber jetzt liegt ihr Lebensmittelpunkt in Nashville. An dem Ort, der ihre musikalischen Wurzeln beherbergt und pflegt. Schon früh zeichnete sich das Gesangstalent von Jackie ab. Mit acht Jahren sang sie im Kirchenchor und schon mit elf konnte sie zusammen mit ihrer Schwester als Bristow Sisters erste Auszeichnungen entgegen nehmen. Mit vierzehn waren die Geschwister dann schon auf der Südinsel von Neuseeland so bekannt, dass sie dort regelmäßig auf Tournee gehen konnten. Über die Plattensammlung ihrer Eltern entdeckte das Mädchen später das Repertoire von Elvis Presley und Linda Ronstadt, das sie dazu inspirierte, ihre eigenen Songs zu schreiben.
Es war Mitte der neunziger Jahre, als es die nun schon durch Band-Erfahrung gereifte Musikerin nach Sydney zog, wo sie unter anderem die Musik von Rikkie Lee Jones, Bonnie Raitt, Crowded HouseJoni MitchellNeil Young und Shawn Colvin zu schätzen lernte. 2002 erschien dann mit „Thirsty“ das erste Studio-Album. „Shot Of Gold“ ist Platte Nummer vier und kam in Neuseeland und Australien schon 2016 in Eigenregie raus. Nachdem der Bekanntheitsgrad von Jackie durch das Bestreiten von Vorprogrammen für einige bekannte Künstler (z.B. Herbert Grönemeyer, Howard Jones, Madeleine Peyroux) auch bei uns gesteigert wurde, folgt jetzt die europäische Veröffentlichung.
Klar und rein wie ein Gebirgsbach ertönt Jackies Stimme beim Opener „Whistle Blowin`“. Das Banjo entführt sachte klappernd auf die Veranda eines Landhauses und eine jauchzende Gitarre zerschneidet gefühlvoll die friedliche Stimmung. „Cry“ bewegt sich auf dem Boden der Traurigkeit, verbreitet ein Gefühl der Ohnmacht, gibt sich verletzt und zeigt Anzeichen von Bitterkeit. Aber die Hoffnung stirbt zuletzt und deshalb vermittelt das Lied immer wieder versöhnliche Tendenzen. Auch „I Don`t Want To Come Down“ klingt versonnen, findet aber das berühmte Licht am Ende des Tunnels.
Der Country-Folk von Jackie Bristow wird hier fast durchgängig von ruhigen Tönen und einem langsamen Tempo durchzogen. Beim Blues-infizierten „Rollin` Stone“ und dem Titelstück deuten sich zumindest Temperamentsausbrüche an. Das Dobro erobert sich für den Song „Shot Of Gold“ einen künstlerischen Freiraum, der mit grandiosen, silbrig schimmernden und bizarr flirrenden sowie majestätisch schwebenden Tönen ausgefüllt wird. Das intim-harmonische „Kiss You Goodbye“ geht beinahe für ein Stück von Emmylou Harris durch und „Broken Record“ besticht im Anschluss außerdem durch himmlischen Harmonie-Gesang sowie eine fragil-sinnliche Melodieführung.
„Gotta Let Love Find You“ bringt Jazz- und Country-Elemente zusammen, ohne diese zu verschmelzen. Obwohl „Fallen Youth“ ein akzeptabler Song ist, fällt er gegenüber den anderen Liedern ab, weil seine Melodie nicht ganz so zwingend erscheint. „Healing“ atmet dann den sakralen Geist des Gospels, der durch Folk- und Jazz-Anteile auf den Boden der irdischen Tatsachen zurück geholt wird.
Jackie Bristow ist nun in der Country-Hochburg Nashville angekommen. In der Höhle der Löwen, in der schon so manche vielversprechende Talente gefressen wurden, indem sie dem Kommerz und der Aussicht auf viel Geld zum Opfer fielen: Aus innigen Gefühlen wurde dann triefender Schmalz und aus knackigem Rockabilly aalglatter Trucker-Country-Rock. Jackie nimmt grade mit dem australischen Singer-Songwriter Rick Price und Viktor Krauss (Bruder von Alison Krauss), die die Gesetze der Branche genau kennen, ein neues Album auf, das 2019 erscheinen soll. Es bleibt zu hoffen, dass der aufstrebenden Künstlerin das großartige „Shot Of Gold“ genügend Selbstvertrauen verschafft hat, um den kommerziellen Verlockungen zu widerstehen. Ihre Web-Seite hinterlässt allerdings einen sehr durchgestylten, werbewirksamen, auf Massentauglichkeit getrimmten Eindruck. Das passt so gar nicht zu den emotional tiefgreifenden, filigran-dunklen Tönen ihres aktuellen Werkes. „Shot Of Gold“ wartet mit großartigen, gefühlvollen Kompositionen auf, denen Jackies klare, erhabene Stimme Zuversicht und Glanz verleiht. Das Album erscheint wie aus einem Stück geformt, bewahrt sich aber trotzdem besondere Eigenarten und spezifische Unterschiede. Es wäre sehr schade, wenn diese seltenen Qualitäten in Zukunft verloren gehen würden.
Und hier kommt die Musikerin selbst zu Wort:

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