David Keenan - WHAT THEN?

Der Ausnahmemusiker David Keenan präsentiert sein zweites Werk. 

Es gibt Neuigkeiten vom ungestümen, poetischen, gefühlsbeladenen irischen Singer-Songwriter David Keenan. Er begibt sich mit einem autobiographischen Hintergrund auf Spurensuche und beleuchtet unter anderem Situationen, die für ihn richtungsweisend waren. Mit "What Then?" legt David Keenan nach "A Beginner`s Guide To Bravery" aus 2020 sein zweites Album vor. Es klingt jedoch nicht nach einem Newcomer, der noch seinen Weg sucht, sondern nach einem schlüssigen Gesamtkonzept eines erfahrenen, etablierten und souveränen Musikers, das keinerlei Spuren von Unsicherheit aufweist.

David Keenan betätigt sich bei "What Then Cried Jo Soap" als beseelter Prediger, der diesem Hypno-Blues, der über eine sensible Country-Seite verfügt, mit seinem beschwörenden, leidenschaftlichen Gesang exakt die Portion Exzentrik vermittelt, die den Song sowohl angriffslustig wie auch zugänglich erscheinen lässt. Der Rhythmus imitiert einen Chain-Gang-Arbeits-Takt und die Dynamikwechsel, die von beschwichtigend bis aufwühlend reichen, tragen zur Extravaganz bei - ein Markenzeichen des Iren. Zum Inhalt des Tracks sagt David: "In diesem Lied geht es um die Sehnsucht nach Sinn und Bedeutung im eigenen Leben. Das sind menschliche Kämpfe, die wir alle nachempfinden können - wir sind alle Jo Soap - verstärkt wie nie zuvor durch das große Trauma, das unser aller Leben seit Beginn der Pandemie auf unzählige Arten beeinflusst hat."

"Bark" verfügt über eine Qualität, die sich mit den Ruhmestaten von Tim Buckley auf "Greetings From L. A." messen kann: Schwelgende Streichinstrumente agieren losgelöst vom sonstigen Geschehen, wobei teilweise ein gehetzter Eindruck, dann wieder eine ausgleichende, Ruhe anstrebende Stimmung hinterlassen wird. Das sorgt für Verwirrung und fordert die Hörerschaft heraus, sich auf einen ungewissen Ablauf einzulassen. 
"Beggar To Beggar" arrangiert sich mit deutlichen, unmittelbar wirkenden Zutaten: Das Grundgerüst besteht aus einer milden Folk-Pop-Melodie und gewinnenden, wohlgesonnenen Streicher-Arrangements, was zusammen mit Davids engagierter Soul-Stimme für eine unsentimentale, stolze Ballade sorgt. 
Von Sehnsüchten zerrissen fleht Keenan in dem wolkig-verschwommenen "Philomena": "Tell Me Your Story", obwohl er ansonsten lange als nüchterner Erzähler auftritt. Zum Ende hin steigert sich die Intensität nach und nach bis es zur Implosion kommt.
Die oft aufgebracht zitierten "Peter O’Toole’s Drinking Stories" enthalten intime Aussagen, die wie eine wilde Beichte ungefiltert, ungeniert und unverschämt herausgeschleudert werden. Die Texte umranken unruhige Folk-Rock-Töne, die ständig unter Strom zu sein scheinen.
Für "Hopeful Dystopia" baut der agile Musiker ein aufwändiges Art-Pop-Gebilde auf, das Dramatik, Erlösung, Harmonie und ungehemmte Lebensfreude skizziert.
Entsprechend des Titels "The Grave Of Johnny Filth" ist hier eine melancholisch-erregte Lesung mit stichelnden Rhythmen und ergriffen kondolierenden Streichern zu erwarten.
"The Boarding House" entführt in eine Broadway-Musical-Welt, die es so nie gegeben hat. Das Stück transportiert genau wie die Vorlagen aus "West Side Story" von Leonard Bernstein oder "Rhapsody In Blue" von George Gershwin starke Gefühlsregungen, allerdings in verschwommenen Polaroid-Farben. 
Die orchestral aufgewertete Folklore von "Me, Myself And Lunacy" mag oberflächlich romantisch angelegt sein, erhält durch seine raffinierte, feinnervig-sensible Aufmachung aber eine scharfsinnig-spannende Ausrichtung. 
"Sentimental Dole" beinhaltet das Feuer des Flamenco als dosiert eingesetzten Antrieb und die Unmittelbarkeit des Folk als Transportmittel für die Aussagen. Instinkt und Intellekt treffen so befruchtend aufeinander.
Mit "Grogan’s Druid" legt David Keenan eine locker erscheinende Folk-Pop-Nummer nach, die ihre Kraft aus der Ruhe und Gelassenheit schöpft.

David Keenan ist ein getriebener, von seinen Dämonen gejagter, äußerst ausdrucksstarker Musiker, der auf der Suche nach Harmonie und Liebe ist. Seine Bedürfnisse möchte er befriedigen, indem er sich mit seiner Vergangenheit auseinander setzt, sie verarbeitet und auf diese Weise Konflikte auflöst. Dieser Prozess setzt Energie und Kreativität frei, die er mit "What Then? " in bemerkenswert aufrüttelnde und intime Songs gießt. 

Man stelle sich den jungen, grimmigen, souligen Van Morrison in Kombination mit dem poetischen Rebellen Jim Morrison und dem hyper-sensiblen, nach neuen Ausdrucksformen suchenden Tim Buckley vor, dann entsteht ein ungefährer Eindruck von dem, was einen bei "What Then?" erwartet.

Im dokumentarischen Konzertfilm "Alchemy & Prose" spricht Keenan davon, dass er seine künstlerische Freiheit dazu nutzt, die Welt zu erkunden und die erlangten Erfahrungen durch Songs an seine Fans zurückzugeben. Man hilft sich also gegenseitig dabei, emotional und intellektuell zu wachsen. Was für eine komfortable Win-Win-Situation!

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