Lemony Rug - Bigger Frame

Veränderungen und Erfahrungen erweitern den Horizont und haben "Bigger Frame" inspiriert.

Léon Rudolf, der in Hamburg lebende Singer-Songwriter und Sänger der Band Bilbao, legt mit "Bigger Frame" nach "There`s Good To Come" aus 2021 seine zweite Solo-EP als Lemony Rug vor.
Credit: Marvin Contessi
Prägende Erlebnisse und Erfahrungen haben aus der aktuellen Perspektive für einen erweiterten Blick auf das große Ganze bei Léon Rudolf geführt. Im Sinne einer angepassten Lebensphilosophie leitet sich der Titel "Bigger Frame" davon ab. Die allgemeinen weltpolitischen Entwicklungen haben jedoch nicht zu einer düsteren musikalischen Reflexion geführt, sondern es werden viele sonnige Melodien bereitgehalten. Die Töne von "Out Of Here" und "Mt. Everest" 
klingen einerseits mühelos-luftig wie schwebende Löwenzahn-Samen, sind andererseits so erfrischend wie Meeres-Brisen. Die Gefühle schlagen zwar in beiden Fällen keine Purzelbäume, es stellt sich jedoch eine angenehm freundliche Stimmung ein, die vom bedächtigen Gesang von Léon Rudolf im Zaume gehalten wird. Die Leichtigkeit des Seins bildet aber bei beiden Songs diee Grundlage der Kompositionen. Und dass, obwohl "Out Of Here" tiefgehend-gedankenvolle Themen transportiert. Genau so sollte reifer Ohrwurm-Pop für Erwachsene klingen.
Die zarte Ballade "Private Island (Silence)" wird von würdevollen Bläsern, sanften Streichern, einem zurückhaltend eingesetzten Schlagzeug und der erotisch-verführerischen Gaststimme von Claire-Ann Varley verziert. Da macht sich knisternde, fragile Romantik breit.
Der coole, aufmunternde Bubblegum-Pop "Hello Sunshine" ist eingängig, ohne seicht zu sein. Das ist ein Stoff, der in ähnlicher Form in den 1960er-Jahren bei Gruppierungen wie The Archies ("Sugar Sugar") oder 1910 Fruitgum Company ("Yummy Yummy Yummy") Verwendung fand und damals in den Radios rauf und runter gespielt wurde.
Power-Pop ist zeitlos. Ob er jetzt von den Beatles, Blondie oder Matthew Sweet gespielt wird, wenn die Hooklines stimmen, dann können daraus Evergreens wachsen. "Constantly Questioning" gehört qualitativ durch sein mitreißendes Tempo, der begeisternden Melodie und des einprägsamen Refrains zu den Sternstunden des Genres und erinnert auch an den aufmunternden Psychedelic-Folk-Soul, den Hiss Golden Messenger manchmal spielen.

Ganz intim hüllt uns das zerbrechliche "Bigger Frame" mit beschwichtigender Melancholie ein. Eine sparsame akustische Gitarre, wenige getupfte, hell tropfende Töne und sinnlich-sphärische, gehauchte Background-Stimmen genügen, um eine weiche Traurigkeit zu erzeugen. Die akustische Version von "Mt. Everest" ist noch karger (nur Gesang und Gitarre) ausgefallen, geht aber emotional in die gleiche intim-versunkene Richtung.

Nach einem kurzen, aufmunternden instrumentalen "Outro" ist die 8-Track-EP dann auch schon nach 27 Minuten vorbei. In der Kürze liegt oft die Würze, so auch hier. "Bigger Frame" transportiert sowohl belebende wie auch tiefgründige Schwingungen auf delikate Art und Weise. Die EP ist eine runde, reizvoll-kompetente Sache geworden.

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