Island Of Love - Island Of Love

Von Energiekrise keine Spur: Island Of Love lassen die Gitarren glühen, den Rhythmus krachen und den Adrenalinspiegel steigen.
Glück muss man haben! So wie das Londoner Trio Island Of Love. Die Band spielte bei der Eröffnung des Third Man Records-Store in London (dem Label von Jack White (ex-The White Stripes)) und wurde vom Fleck weg unter Vertrag genommen. Die Gruppe besteht aus den beiden gleichberechtigten Sängern und Gitarristen Karim Newble und Linus Munch sowie dem Bassisten Daniel Graldo, die zurzeit noch mit keinem festen Schlagzeuger zusammenarbeiten.
Wenn man hört, mit welcher Wucht die Musiker auf ihrem ersten Longplayer zu Werke gehen, dann kann man sich lebhaft vorstellen, wie mitreißend sie auf der Bühne sein müssen. Ruppig und schneidend aggressiv präsentieren sich Island Of Love schon auf den ersten beiden Tracks ihres Debüt-Albums. Mit schrillem Feedback und verzerrten Gitarren mixen sie ein energiegeladenes Gebräu zusammen. Hüsker Dü und Dinosaur Jr. fallen sofort als Referenz ein. 

Sowohl getrieben-melodische wie auch kreischend-nörgelnde E-Gitarren bringen "Big Whale" in Fahrt und zum Kochen. Erst nach etwa einer Minute setzt der unter Spannung stehende Gesang ein, der das schnelle Tempo seriös begleitet, sich aber nicht überhitzen lässt. Aus dieser Situation heraus kommt der Track nach etwa der Hälfte der fünf Minuten Laufzeit beinahe zum Stillstand. Er durchläuft ein depressives Tal, um dann langsam und wütend wieder in Gang zu kommen. "Fed Rock" legt danach bei gleicher Intensität sogar noch einen Zahn an Geschwindigkeit zu.
Für "Grow" kommen The Replacements als Paten in Frage. Der Song verbindet Punk-Frechheit und Power-Pop-Schwung nämlich auf ähnlich unbekümmert raubeinige Weise miteinander, so wie es die Band um Paul Westerberg tat. "Blues 2000" hat nichts mit dem 12-Takt-Blues-Schema des traditionellen Musik-Stils zu tun, sondern ist ein instrumentales Zwischenspiel, dass sich ganz und gar den verschränkten Akkorden der miteinander ringenden Gitarristen hingibt.
Hinter "Sweet Loaf" versteckt sich im Grunde genommen eine liebliche Ballade, was anfangs noch durchscheint. Die knurrigen Gitarren übernehmen aber immer mehr die Regie und zerstören die eigentlich bedächtige Stimmung schließlich vollends.

Der aufgedrehte Cow-Punk "I've Got The Secret" macht dann wieder mächtig Dampf 
und ist genau wie der folgende Boogie "Losing Streak" ein weiteres Beispiel für die unbändige Spielfreude der Musiker.

Jetzt musste wohl nach dem ganzen Krawall eine akustische Ruhe-Phase her: "Weekend At Clive's" ist nichts anderes als eine kurze Übung auf der akustischen Gitarre, ist also im Prinzip nur ein Gag.

Mit "Charles" bewegt sich Island Of Love dann sicher und abgeklärt auf dem Gebiet des elektrisch verstärkten und übersteuerten Folk-Rocks, so wie es Uncle Tupelo, die Band des Wilco-Frontmannes Jeff Tweedy und des Son Volt-Chefs Jay Farrar Anfang der 1990er Jahre praktizierten.

"Never Understand" verführt als mitreißende College-Rock-Hymne mit einer einladenden Melodie und einer gesunden Portion Wut. Durch die Steigerung der Geschwindigkeit verweilt der Track zudem hinsichtlich seiner Durchschlagskraft 
ständig auf hohem Niveau.

"It Was All OK Forever" täuscht zunächst einen romantischen Folk-Song vor, wandelt sich dann aber noch in einen schäumenden Rocker mit ausladendem, forschen Garagenrock-Gitarren-Solo. Dem schließt sich zum Ende hin wieder eine Ruhepause an, die von einem befreienden Lachen beendet wird. Nach leisen Wellengeräuschen taucht dann plötzlich und überraschend ein nicht gelisteter Track auf, der wahrscheinlich "Island Of Love" heißt. Das Stück klingt wie eine adaptierte Country & Western-Ballade, die mit Stacheldraht umwickelt wurde und in seiner knarzigen, kaputten, angetrunkenen Art ansatzweise an die Beasts Of Bourbon um Tex Perkins erinnert. 

Wer mit den bei manchen Songs zitierten Querverweisen etwas anfangen kann und es mag, wenn sich wilde E-Gitarren duellieren oder gegenseitig anstacheln, der liegt bei "Island Of Love" goldrichtig. Die Rockmusik wird hier nicht neu erfunden oder weiterentwickelt, aber die Gruppe destilliert genau die Elemente aus dem Alternative-Rock der 1990er Jahre heraus, die diese Musik so aufregend gemacht hat: Eine Kombination aus Krach, durchaus eingängigen Melodien und variabel abgestimmten Tempi in einem Mischungsverhältnis, das die Energie direkt unter die Haut gehen lässt. 

"Island Of Love" ist ein fulminantes Debüt-Album, welches ein positives Beispiel für vehemente Wellenbewegungen, also für fruchtbare Referenzen und geschickt verarbeitete Einflüsse in der Pop-Musik geworden, das Lust auf mehr macht.

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