Fink - Beauty In Your Wake (2024)
Meditation und Hypnose: Die Musiker von Fink ziehen alle Register, um ihrem Publikum einen intensiven Hörgenuss zu verschaffen.
Das Trio Fink um den unkonventionell und interdisziplinär handelnden Fin Greenall macht es einem mit "Beauty In Your Wake" nicht leicht, weil sich die wahre Schönheit, die hinter den Noten steckt, nur nach und nach unter den richtigen Hör-Bedingungen erschließt. Nebenbei und unkonzentriert lauschen hilft nicht weiter, man muss schon die Muße haben, in die Sounds eintauchen zu können und zu wollen, sonst wird das nix mit einer innigen Beziehung zwischen Ton-Empfänger und Klang-Produzent.
Als Freunde von minimalistisch-suggestiven Strukturen wissen Fin Greenall (Kompositionen, Gesang, Saiteninstrumente, Keyboards), Guy Whittaker (Bass) (= der Sohn des Schlager-Sängers Roger Whittaker) und Tim Thornton (Percussion, Gitarren), dass je nach Ausgestaltung der Songs - von karg bis üppig - unterschiedlich starke emotionale Bindungen zwischen Hörerschaft und Künstler aufgebaut werden. Die Sound-Exkursionen beinhalten häufig meditative Elemente, welche manchmal sogar mit einem psychedelisch-sphärischen Minimal-Art-Groove ausgestattet sind oder sich als gedankenverloren herumstreunende, epische Balladen herausstellen. Wobei bei jeder Ausprägung akustische und elektronische Töne gleichwertig zum Einsatz kommen können.
"Wenn du allein auf dieser Welt wärst, wie würdest du dich nennen? Wenn du die Götter anschreien würdest, wie würdest du sie anreden?". Mit diesen Worten beginnt "What Would You Call Yourself", das Eröffnungs-Stück von "Beauty In Your Wake". Diese Bemerkungen entstehen aus einem Blickwinkel, der Realität und Fantasie miteinander verbindet. Kreativität und Lebenserfahrung gehen durch die Fragestellung zwangsläufig eine platonische Beziehung miteinander ein, um sich am Absurden zu berauschen und den Intellekt zu schärfen. Das Lied "handelt von der Macht der Sprache und auch von der Sinnlosigkeit von Namen, Marken und Gimmicks". Die instrumentale Ausgestaltung zu diesen Überlegungen ist schnörkellos, wirkt hypnotisch und wird erstaunlicherweise nur mithilfe von akustischen Instrumenten hervorgerufen. Ganz in der Tradition von "Music For 18 Musicians" des genialen Minimal-Art-Komponisten Steve Reich, der nicht nur durch dieses Stück für eine künstlerische Revolution in Bezug auf den Zusammenhang zwischen Originalität, Spielfreude, Präzision und Virtuosität gesorgt hat. Fink nutzen den Vorteil, dass sie der Gleichförmigkeit den humanistisch-warmherzigen Gesang von Fin Greenall entgegensetzen können, um jede eventuell individuell wahrgenommene Sterilität im Keim implodieren zu lassen. Der Song nimmt im Verlauf an Intensität und Dichte zu, sodass sich allmählich ein vollmundiger Klang ergibt, der sich auf natürliche Weise weiterentwickelt. Ähnlich wie bei einem Schmetterling, der sich vom unscheinbaren Ei zum anmutig-filigran fliegenden Insekt verwandelt.
"Be Forever Like A Curse" bietet pure Dramatik. Während Fin seine Gefühle im Griff hat und den wehmütigen Gesang kaum emotional anpasst, bauen die Instrumente eine bewegliche Minimal-Art-Struktur auf, die sich stetig hinsichtlich der Lautstärke und Spannung zuspitzt.
"It's Like You Ain't Mine No More" ist genau genommen dem traditionellen Folk-Song verpflichtet, baut jedoch im Gegensatz zu vielen seiner Artgenossen einen lässigen Groove auf, der ihn in die Nähe von Soul und Funk befördert.
Mit "Follow You Down" bleibt der manipulative Art-Folk-Gedanke erhalten, es tauchen aber auch neue, erfrischende Tonfarben auf: Der Track kann Wurzeln im Jazz vorweisen, die sich in verspielt-kuriosen Abläufen manifestieren. Die stoische Basis wird dadurch jedoch nicht aufgelöst.
Wie bekommt man so runde, weiche Klavier-Akkorde hin, wie sie für "One Last Gift" in Dauerschleife beigesteuert werden? Womöglich hat der Produzent Sam Okell, der "Beauty In Your Wake" in einer Kirche in Cornwall aufgenommen hat, dabei seine Erfahrung spielen lassen. Denn er stellte schon als Toningenieur bei einigen Beatles-Remasters und bei Soundtracks wie "The Hobbit" sein Fingerspitzengefühl unter Beweis. Die hier dargebotenen Klänge spinnen die Hörerschaft in einen Kokon aus Tönen ein, der sich wie Seide um die Ohren schlingt und damit die Wirklichkeit in einen behaglichen Nebel taucht. Das macht die Musik in diesen Momenten durch ihre positive Ausstrahlung zum wichtigsten Ereignis im Leben. Denn nach dem Sound-Trip fühlt man sich ein Stückchen entspannter, ruhiger und zufriedener. Widerstand ist bei diesem natürlichen Psycho-Pharmakon ohnehin zwecklos und unnötig.
Sich respektvoll aus einer heiklen Situation oder einer Beziehung zu verabschieden, verlangt Anstand und Rückgrat. Sollte man beides vermissen lassen, wird man es schwer haben, die Folgen des Handelns schmerzlos aus der Welt zu schaffen. Diese Überlegung ist ein Fragment dessen, was mit "Don't Forget To Leave Well" ausgedrückt wird. Fink fügen sich mit dem Song in eine traditionell wirkende Folk-Spielweise ein, die von Roots-Pop-Merkmalen durchzogen ist: Zärtlicher Harmonie-Gesang, flüssige Töne auf der akustischen Gitarre und eine urwüchsig-autonome Lead-Stimme verbreiten akustische Wertbeständigkeit ohne schräge Auswüchse. Daran kann auch die rebellische E-Gitarre gegen Ende des Stückes nichts mehr ändern.
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