Cody Jinks - I´m Not The Devil (2016)

CODY JINKS ist ein Country Musiker, der tolle Melodien schreiben kann, sich hauptsächlich im Balladen-Bereich bewegt und als Neo-Traditionalist mit einem Bein im Nashville-Mainstream und mit dem anderen im Outlaw-Country befindet.

Vom Metal zum Country: Cody Jinks hat die Metamorphose gemeistert und sucht seine Position zwischen Charts und Rebellion.

Country-Music ist ein riesiger Markt in den USA und Nashville gilt als Hochburg dieser Musikrichtung. Ständig werden dort neue Hoffnungsträger aufgebaut, um den Bedarf an Verwaltern eines bestimmten amerikanischen Lebensstils zu decken. Der konventionelle männliche Country-Artist ist nach landläufiger Meinung ein ganzer Kerl, trägt Stetson und bedient die Nachfrage nach schlagermäßig eingefärbter Volksmusik, die den Truckern die lange Fahrzeit vertreiben und die Landbevölkerung bei Laune halten soll. Aber es gibt - auch in Nashville - eine Generation von Musikern, die diesem Klischee nicht entsprechen will. Sie nutzt den ländlichen Sound als Basis einer Weltanschauung, die einschneidende Gefühle in den Vordergrund stellt und sich inhaltlich vom wirklichen Leben inspirieren lässt.
In diesem Zusammenhang gibt es auch Raum für die Beschreibung von Unzulänglichkeiten, Fehltritten und falschen Verlockungen. Auch von Schuld und Sühne wird berichtet. Erfolg spielt sich dann oft im zwischenmenschlichen Bereich ab und nicht im Geschäftsleben. Die Musik folgt nicht zwangsläufig den Gesetzen der Charts, sondern unterstützt durch ihre Natürlichkeit die Abbildung von Konflikten, inneren Spannungen sowie persönlichen Problemen. Wenn es dann gelingt, diese Lebenserfahrungen herzergreifend und nachvollziehbar in Szene zu setzen, wird Country auch als White Soul bezeichnet.
Cody Jinks bewegt sich im Spannungsverhältnis zwischen Traditionsbewusstsein und Rebellion. Er ist also ein Neo-Traditionalist, der sich als Outlaw-Country-Entertainer präsentiert. Ihm sind überlieferte Werte wichtig, er bedient aber auch die grundsätzlichen Erwartungen des Marktes. Dabei wird bewusst, dass es sich um einen schmalen Grat zwischen engagiertem Auftreten und dem Abliefern von formal an Traditionen ausgerichtetem Liedgut handelt. Auch „I'm Not The Devil“ ist solch einem Balanceakt unterworfen.
Die frühe musikalische Absicht als Frontmann der Metal-Band Unchecked Aggression bestand für Cody Jinks darin, James Hatfield von Metallica nachzueifern. Irgendwann holten ihn dann die in seiner DNA eingelagerten Sympathien für Johnny Cash, Waylon Jennings und Merle Haggard ein, denn schon sein Vater besaß diese Vorlieben. Der Balladenanteil des Albums ist entsprechend relativ hoch. Nur zwei der dreizehn Songs unterliegen einer munteren Gangart: „No Guarantees“ biedert sich in flottem Tempo etwas zu sehr dem Mainstream-Verständnis von einfach gestricktem Trucker-Country an. Genau wie „Chase That Song“, das mit einem durchsichtigen, schnellen Boogie auf Stimmenfang geht.
Die Kernkompetenz von Jody liegt eindeutig bei den ruhigen Nummern. Diese sind teils im Folk zuhause und adaptieren Melodielinien von Gordon Lightfoot („Grey“) oder sie saugen im Stil des großen Neo-Traditionalisten Randy Travis Country-Pop auf („She`s All Mine“). Die nachdenklichen Lieder unterscheiden sich ansonsten nur in Nuancen, die sind aber entscheidend für die Beurteilung dafür, ob es sich um gehaltvolle Abhandlungen oder angepasstes Mainstream-Futter handelt. So wurde „Heavy Load“ durch einen Bass, der Surf-Music-Feeling beschwört, eine geheimnisvoll schwirrende Geige und eine sehnsüchtige Steel-Gitarre geschmackvoll veredelt, während „Give All You Can“ eher gekünstelt intensiv wirkt. Hier hätte weniger Dramatik zu mehr Intensität geführt.
Die Stimme von Cody Jinks ist nicht zu rau und nicht zu lieblich, symbolisiert also den harten Kerl in weicher Schale. Das ist ideal, um im Country das Spannungsfeld zwischen Empfindsamkeit und Hemdsärmlichkeit abzudecken. Cody ist stilistisch definitiv näher an Chris Stapleton als an Garth Brooks dran. Dem Outlaw-Country-Verehrer gelingen einige gute Songs wie das Titelstück, das nicht nur durch den betont gepflegten Gesang gelenkt wird, sondern auch starke Instrumentalpassagen enthält. Das sentimentale, aber nicht schmalzige „No Words“ fällt durch feine Gitarren-Soli positiv auf und Merle Haggards „The Way I Am“ wird mit Respekt und Empathie vertont, so dass die Interpretation an die frühen, edlen Jimmy Buffett-Songs erinnert. Und für „The Same“ werden die Stimmbänder geschmeidig um die Noten gelegt, wie es ähnlich nur wahre Könner vom Format eines Randy Travis oder George Jones zustande bringen.
Aber das Beste kommt zum Schluss: Bei „Hand Me Down“ wuchert Cody mit bildhafter, dunkler Atmosphäre und kompositorischem Geschick. Er zieht alle Register, die für die Erzeugung einer geheimnisumwitterten Stimmung nötig sind und lässt diesen gefährlichen Schleicher durch laszive Gospel-Frauen, schwergewichtige Gitarren und klatschend-stoische Drums aufwerten. Bitte demnächst mehr davon! In den Staaten ist „I'm Not The Devil“ übrigens schon im August erschienen und bis auf Platz fünf der Billboard Country Charts geklettert. Es gibt also offensichtlich auch in der Hardliner-Country-Szene ein Bedürfnis nach authentischen Typen mit wallendem ZZ Top-Bart und reichlich Tattoos, die dunklere Themen aufgreifen und nicht unbedingt stromlinienförmige, glatte Musik abliefern.
Das Titelstück seines Albums "I`m NOT THE DEVIL" kann hier angehört werden:



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