Dawes - We´re All Gonna Die (2016)

Die kalifornischen DAWES sind als Wahrer des harmonischen Country-Folk-Westcoast-Sounds bekannt. Das brachte ihnen Vergleiche mit den EAGLES und CROSBY, STILLS & NASH ein. Mit Album Nummer fünf ("WE`re ALL GONNA DIE") entfernen sie sich behutsam von diesem Sound.

Die Dawes verordnen sich selbst eine willkommene Frischzellenkur, bewegen sich jedoch noch zurückhaltend auf dem neuen Terrain.


Das ist doch mal eine unumstößliche Aussage: Wir werden alle sterben. Dann hoffen wir mal auf ein erfülltes Leben vor dem Tod und darauf, dass die Zeit, die mit dem Hören der neuen Veröffentlichung der kalifornischen Dawes verbracht wird, nicht verschwendet ist. Die Musiker haben sich bisher bereits einen Namen als einfühlsame Begleiter der Westcoast-Rock-Legende Jackson Browne und vom Bright Eyes-Frontmann Conor Oberst gemacht. Auch mit ihren eigenen Werken, bei denen sie sich als Wahrer des harmonischen Geistes des Country-Folk-Sounds der US-amerikanischen Westküste der Endsechziger Jahre gezeigt haben, konnten sie punkten. Seit 2009 zeugen vier Werke von dieser Kunst. Das Quintett um die Brüder Taylor und Griffin Goldsmith glänzt mitunter durch reizvolle Songs, die in der Lage sind, den Tag retten zu können, weil sie so eine tiefgründige, fesselnde Stimmung vermitteln.
Dawes: We're All Gonna Die (CD) – jpc
Album Nummer fünf ist jetzt etwas anders als die Vorgänger. Kleine Veränderungen deuteten sich ja schon auf „All Your Favorite Bands“ aus dem Vorjahr an. Tracks wie „Things Happen“ oder „Don´t Send Me Away“ sendeten Abwehrsignale gegen die Einordnung in die gleiche Schublade wie die Eagles oder Crosby, Stills & Nash. Ideenreich verschachtelte Melodien oder elektronisch erzeugte Rhythmen ließen punktuell ein anderes Licht auf die erwähnten Kompositionen fallen.
Die neue Platte ist teilweise eher kunstvoll als einnehmend, also eher intellektuell als volksnah: „One Of Us“ eröffnet mit einem energischen Groove und manipulierten Stimmen. Dadurch wird zunächst Abstand statt Nähe erzeugt. Auch wenn sich die Band bemüht, durch eine relativ poppige Melodieführung Zutrauen aufzubauen, bleibt das Stück doch ein wenig distanziert. Der titelgebende Song würde aufgrund seiner kammermusikalischen Zerbrechlichkeit und schonungslosen Intimität gut auf Joni Mitchells „Blue“ oder „Sister Lovers“ von Big Star passen. Synthesizer-Töne bilden den Teppich, auf dem das betont jugendlich arrangierte „When The Tequila Runs Out“ abläuft. Der Fake-Jazz „As If By Design“ beinhaltet Piano-Geklimper, das für eine merkwürdige Bar-Atmosphäre sorgt und Mariachi-Trompeten, die mexikanische Folklore einbringen. „Roll With The Punches“ ist andererseits ein trockener, nicht aus der Deckung kommen wollender Rocker mit elegant groovenden Eigenschaften, traumhaftem Harmoniegesang und grollender Orgel.
Andere Songs verströmen eine betont luftige Lässigkeit, die jedoch nicht ins Oberflächliche abgleitet. Das erinnert an den Übergang des Westcoast-Rock zum Soft-Rock, der sich mit Bands wie Firefall, America, Pablo Cruise, Orleans oder Loggins & Messina gegen Mitte der 70er-Jahre etabliert hatte. Beim locker fließenden „Picture Of A Man“ spielt eine gewisse karibische Leichtigkeit eine Rolle. „Less Than Five Miles Away“ ist eine Ballade, die von künstlichen Rhythmen begleitet wird. Die Stimmung ist dabei gelöst und milde swingend. „Roll Tide“ transportiert eher traurige Gefühle, bekommt aber auch dabei Gelassenheit verpasst. „For No Good Reason“ hat die Glätte und Eingängigkeit einer Jeff Lynne-Produktion und bildet zusammen mit dem nach Dance-Pop riechenden „Quitter“ die Pop-Ausreißer des Albums.
Die Dawes haben erkannt, dass sich für sie eine Ausweitung der Klangbreite langfristig auszahlt und sie musikalisch weiter bringt. Die Anpassungen werden jedoch noch moderat durchgeführt, lassen aber für die Zukunft auf weitere spannende Veränderungen hoffen.

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