Moving Oos - Romancer (2019)

Zurück in die 1970er Jahre: Moving Oos aus Norwegen bereiten für "Romancer" klassischen Rock mit viel Groove, Elan und Biss auf.
Die Moving Oos aus Norwegen wurden vom Spidergawd-Gitarristen Per Borten, dem Sänger Frank Reppen (Blood On Wheels) und Håkon Marius Pettersen (Turbonegro) an den Keyboards gegründet. Die Musiker kehren zum Rock der 1970er Jahre zurück und haben bisher schon drei Alben zwischen 2007 und 2010 veröffentlicht. Auf „Romancer“ verstärken sie sich durch Erik Øien am Bass, dem Schlagzeuger Stian Lundberg und den Sängerinnen Ranveig und Mildrid Seljemark sowie Nadia Warholm. Der Bandname wurde von einem Zitat von Neil Young abgeleitet, der Backing-Vocals als „Moving Oos“ bezeichnet hat.
Musikalisch spielt der Kanadier aber als Einfluss kaum eine Rolle. Es sind die Sounds der englischen und amerikanischen Bands, die als Pioniere und Abenteurer Rhythm & Blues, Funk und Soul mit Hard-, Heavy-, Southern- und Progressive-Rock vereinigt haben, aus denen die norwegischen Retro-Fans schöpfen. Diese Eindrücke bereiten die Moving Oos einfalls- und kenntnisreich für die Gegenwart auf. Und dabei werden nicht nur die üblichen Verdächtigen wie Led ZeppelinDeep PurpleZZ Top oder The Rolling Stones zitiert, sondern mit Liebe zum Detail auch weniger bekannte oder fast vergessene Künstler ins Gedächtnis zurück gerufen.
Romancer
Nach perlend-verlockendem Beginn krallen sich rassige E-Gitarren-Spuren tief ins Fleisch des muskulösen „Rescue Me“, das durch die drei verführerische Chor-Damen jede Menge Glanz verliehen bekommt. Das Stück ist schon vom 2008er-Album „…And Understanding“ bekannt und erhält hier nochmal eine Frischzellenkur. Auch „Minister Of Love“ wurde neu eingespielt und war erstmalig auf „Peace And Love“ (2007) zu hören. Der Song lässt deutlich durchblicken, dass Funk und Soul auch ein wesentlicher Bestandteil der Musik von Moving Oos ist. Die Band bringt Hard-Rock elegant und eingängig in ähnlicher Form ein, wie es Grand Funk zu Zeiten von „We`re An American Band“ (1973) getan haben.
Bei „Christine Stargazer“ spielt der Groove auch eine gewichtige Rolle, er muss sich aber mit einem melodisch-epischen Southern-Rock, wie ihn die Marshall Tucker Band spielte, die Aufmerksamkeit teilen. 
Für „Betty Bayou“ wird der Funk hart, monoton und trocken eingesetzt und die drei Sängerinnen duellieren sich stimmlich mit dem starken, stilsicheren und songdienlich agierenden Lead-Sänger Frank Reppen. Der Rhythmus setzt sich hier rücksichtslos gegenüber der Melodik durch. Bei „The Show Must Go On“ wird die Intensität allmählich gesteigert und führt über ein schwirrendes Sitar-ähnliches E-Gitarren-Solo und eine sich anschließende Progressive-Rock-Keyboard-Improvisation, wie sie z.B. von Argent eingesetzt wurde, zu intensiven Gesangseinlagen der flexiblen, kecken und selbstbewussten Ladys.
Die Moving Oos ziehen viele Register des klassischen 70er-Jahre-Rock und präsentieren mit „Never Gonna Let Me Down“ eine weitere Neuaufnahme eines ihrer Songs von „Peace And Love“. Der schnörkellose, gradlinige Boogie-Rock, der Referenzen an Humble Pie, Faces oder Bad Company aufweist, trägt auch eingestreute Verweise an „Won`t Get Fooled Again“ von The Who. „It`s Only Natural“ ist ein giftiger, schneller Funk-Rock mit scharfzüngigen Gitarren und aufgewühltem Gesang. Er wird ganz in der Tradition von Rare Earth („Hey Big Brother“; „Get Ready“) - der ersten weißen psychedelischen Funk-Rock-Band auf dem Soul-Label Motown - zelebriert. Diese stilbildende Gruppe hat übrigens öfter ihre Spuren in den Tracks der Norweger hinterlassen.
Der Track „Romancer“, der auch schon 2007 veröffentlicht wurde, stellt die gefühlvolle Seite der Rocker heraus. Das Ergebnis (z.B. das Gitarren-Solo) zielt auf den Mainstream-West-Coast-Rock der späten Eagles ab, was in dieser Konstellation aber eher unpassend wirkt. 
Dennoch ist das Album „Romancer“ ein gelungener Versuch, bewährte Rock-Sounds aktuell in Szene zu setzen. Die Moving Oos gehen dabei so originell, schwungvoll und engagiert vor, dass nie der Verdacht aufkommt, sie wären nur eine schnöde Cover-Band. Moving Oos ist ein Spaßprojekt, das ernsthaft betrieben wird und sich an der Vergangenheit orientiert, ohne dabei altbacken oder angestaubt zu klingen.
Erstveröffentlichung dieser Rezension: Moving Oos - Romancer

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