Teresa Bergman - Apart (2019)

Teresa Bergman lässt sich nicht in eine Schublade stecken und kennt sich mit Jazz, Pop, Rock und Soul aus, so dass „Apart“ sehr vielseitig geworden ist.
Teresa Bergman hat das Musiker-Dasein von der Pike auf gelernt: Sie ist in Wellington, Neuseeland, aufgewachsen, kam aber 2009 nach Europa, um in Breslau und Leipzig Sozialwissenschaften zu studieren. Die Liebe führte sie dann nach Berlin, wo sie als Straßenmusikerin den harten Alltag als Profi kennen lernte. Öffentliches Auftreten war ihr allerdings nicht ganz fremd, denn als ehrgeizige Neunjährige besserte sie das Taschengeld schon damit auf, vor Einkaufszentren zu singen. Nach einer EP aus 2011 und dem Album „Bird Of A Feather“ von 2014 ist „Apart“ jetzt die dritte Veröffentlichung der durch etliche Live-Auftritte gereiften 32jährigen Musikerin.
Apart
Sanftmut, Aggressivität und raffinierte Verführungskunst prallen beim differenziert aufgebauten Opener „Apart“ aufeinander, befruchten sich, stoßen sich ab und finden wieder zueinander. Teresa Bergman ist nicht nur vom Jazz beeinflusst, sondern integriert auch barrierefrei Pop, Soul und Rock in ihre Kompositionen. Als Klebstoff für diese Stilmischung fungiert ihre ausdrucksstarke Stimme, die vom Flüstern bis zum ekstatischen Ausbruch alle Gefühlswallungen sauber nachvollziehbar abbilden kann, ohne dass ihr Ausdruck dabei zum Selbstzweck wird. Der Song und dessen Ausstrahlung stehen stets im Mittelpunkt des Geschehens.
„Antananarivo“ ist ein Beispiel für eine intime, akustische Träumerei, bei der sich der Gesang und die Instrumente teils selbstvergessen, teils munter treiben lassen. Der extravagante New Wave-Funk „Hold Your Heart“ wird im Gegenteil dazu von Rock-Gitarren befeuert und von einer mutig-frischen Pop-Stimme geerdet. Getupfte, gleichbleibende Akkorde eröffnen dann „Only Numbers“. Der zunächst ruhige Song wird im Verlauf durchmarschierende Rhythmen, aufmunterndes Klatschen und monoton-mächtige Bassläufe zum aufgewühlten, getriebenen Weltmusik-artigem Pop transferiert. Die Ballade „Mr Right“ verweilt hingegen die gesamte Laufzeit über im gemächlichen Country-Chanson-Modus. 
„The Semi-Professional Clown“ kommt ganz ohne Instrumente aus. Zuerst ertönt Teresas klare Solo-Stimme, die dadurch, dass auch die Atmung zu hören ist, unmittelbar und ungekünstelt klingt. Die später einsetzenden, mehrstimmigen Doo-Wop-Gesänge ersetzen dann die instrumentale Begleitung voll, driften aber zuweilen ins Alberne ab. Mit „Home Alone“ folgt eine cool swingende Nummer zwischen Jazz und Pop, die gelassene Bodenständigkeit und erwartungsfrohe Zuversicht verströmt.

„Follow You“ hinterlässt den Eindruck, live im Studio eingespielt worden zu sein. Dieser Folk-Jazz zeigt sich subtil und streift Hippie-Sounds genauso wie Dream-Pop. Das epische Piano-Stück „Too Many Faces“ läuft zumeist ruhig oder dramatisch ab, wacht kurz aus der Nachdenklichkeit auf und erfährt ab und zu eine tiefgründige Streicher-Begleitung. Ein sich ständig wiederholender Keyboard-Akkord zieht sich durch weite Bereiche von „Seconds“ und hört sich wie das Besetzt-Zeichen eines Telefons an. Teresa nutzt diese Gleichförmigkeit, die das unaufhaltsame Verrinnen der Zeit symbolisiert, um darüber einen stetig bunter werdenden Art-Pop zu generieren. Das siebeneinhalb Minuten lange „Mirror Girl“ verschafft sich Raum, um reifen zu können und deckt dabei einige emotionale Facetten ab. Stilistisch lässt sich der Track nicht festlegen, spielt mit luftigen Jazz-Phrasierungen, vermittelt intime Folk-Feinheiten, baut Pop-Dramatik auf, suhlt sich in verzückten Chanson-Fantasien und lässt exotische Eindrücke entstehen. Obwohl das abschließende „Toxic Equations“ ein eigenständiges Stück ist, wirkt es nach dem jähen Ende des Vorgängers wie dessen ernüchternder, entblößter, feinsinniger und schöner Epilog.
Teresa Bergman hat mit „Apart“ eine anspruchsvolle Pop-Platte entworfen, die auch als Trennungsalbum verstanden werden kann. Darin wird der Raum zwischen Eingängigkeit und ambitionierter Kunst differenziert ausgelotet. Daraus ergeben sich interessante Stil-Verbindungen, die sich dem Schubladen-Denken entziehen. Die Produktion von Sebastian „Zebo“ Adam (Bilderbuch) ist makellos und setzt die Begleitmusiker Tobias Kabiersch (Bass), Pier Ciaccio (Schlagzeug) und Matt Paull (Keyboards) wirkungsvoll in Szene.
Der Sound ist immer dann besonders anrührend, wenn er naturbelassen mit Ecken und Kanten bleibt. Die erfahrene Exil-Neuseeländerin hat nicht nur viel Herzblut eingebracht, sondern brilliert auch oft mit intelligenten Song-Ideen. Das höchste Gut ist aber ihre wandlungsfähige, reine Stimme, die auch bei wagemutigem Einsatz nie ausgereizt klingt. Sie ermöglicht erst den stilübergreifenden Einsatz und somit den variantenreichen Aufbau der Stücke. In „Apart“ steckt viel Potential und das verspricht eine weitere spannende Entwicklung der beachtlichen Künstlerin.

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