Bob Dylan - Travelin' Thru, 1967 - 1969, The Bootleg Series Vol. 15 (2019)
Die offizielle Bootleg-Serie Nr. 15 "Travelin' Thru, 1967 - 1969, The Bootleg Series Vol. 15" befasst sich mit Bob Dylans Aktivitäten von 1967 bis 1969. In diesem Fall ist das die Zeit zwischen „John Wesley Harding“ und „Self Portrait“.
„Travelin' Thru, 1967 - 1969, The Bootleg Series Vol. 15“ beleuchtet eine auf den ersten Blick eher unscheinbar erscheinende Phase in der „Never Ending“-Karriere des Ausnahmekünstlers Bob Dylan. Nach den kreativen Höhenflügen mit dem Dreigestirns „Bringing It All Back Home“ und „Highway 61 Revisited“ (1965) sowie „Blonde On Blonde“ (1966), den aufreibenden, polarisierenden Tourneen und dem Motorradunfall im Juli 1966 war es Zeit für eine Auszeit, um zur Ruhe zu kommen, Wunden zu lecken, sich auszukurieren und dabei den Karriereverlauf neu zu durchdenken und zu planen. Nach der Genesung verschanzte sich Dylan zwischen Juni und Oktober 1967 im Keller eines pinkfarbenen Hauses in West Saugerties im Staate New York („The Big Pink“ genannt), um mit den Weggefährten von The Band die Essenz der Roots-Music aufzubereiten. Das Ergebnis wurde lange unter Verschluss gehalten und gelangte erst 1975 unter dem Namen „The Basement Tapes“ offiziell ins Licht der Öffentlichkeit. In der Zwischenzeit hatten sich The Band ja schon eigenständig etabliert und einen beeindruckenden Veröffentlichungs- und Konzert-Werdegang hinter sich.
Bob Dylan orientierte sich in dieser Zeit nicht an den psychedelischen Auswüchsen des Rock, sondern entschied sich für eine entschlackte, abgespeckte Spielweise, die Folk, Country und Blues-Elemente beinhaltete. So entstanden von 1967 bis 1969 „John Wesley Harding“ (1967), „Nashville Skyline“ (1969) und das Doppel-Album „Self Portrait“ (1969), das 1970 erschien. Die Wandlung umfasste auch eine Änderung der Stimmfarbe. Sie erschien nun wesentlich weicher und runder und verdrängte so das eckige und angriffslustige, das bisher ein Markenzeichen des Gesangsstils war. Die Bootleg-Serie Nummer 15 beginnt mit sieben alternativen Versionen der zwölf Songs von „John Wesley Harding“, bei denen Bob von den erfahrenen Nashville-Studio-Cracks Charlie McCoy (Bass) und Kenneth Buttrey (Schlagzeug), die schon bei „Blonde On Blonde“ mitspielten, begleitet wird. Es handelt sich um frühe Probe-Aufnahmen (Take 1, 2, 3 oder 4), die aber schon gut entwickelt sind. Die Unterschiede zu den dann letztlich berücksichtigten Varianten sind meistens marginal, aber interessant: So gibt es ein paar Songs, die langsamer sind, als die veröffentlichten Tracks. Das ist z.B. bei den hier dokumentierten ersten Proben zu „Drifter`s Escape“ und „As I Went Out One Morning“ so, deren geschmeidige Folk-Grooves in dieser frühen Entwicklungsstufe noch nicht ausgeprägt sind. Genau anders herum verhält es sich mit „I Pity The Poor Immigrant“ und „I Am A Lonesome Hobo“: Sind die „Take 4“-Versionen noch mit forschen Rhythmen versehen, so entwickelten sich die Songs bis zur öffentlichen Präsentation zu bittersüßen Balladen weiter.
Die Alternativ-Versionen sind allerdings durchgängig so ausgereift, dass sie auch bei der Schlussauswahl hätten berücksichtigt werden können.
Bob Dylan orientierte sich in dieser Zeit nicht an den psychedelischen Auswüchsen des Rock, sondern entschied sich für eine entschlackte, abgespeckte Spielweise, die Folk, Country und Blues-Elemente beinhaltete. So entstanden von 1967 bis 1969 „John Wesley Harding“ (1967), „Nashville Skyline“ (1969) und das Doppel-Album „Self Portrait“ (1969), das 1970 erschien. Die Wandlung umfasste auch eine Änderung der Stimmfarbe. Sie erschien nun wesentlich weicher und runder und verdrängte so das eckige und angriffslustige, das bisher ein Markenzeichen des Gesangsstils war. Die Bootleg-Serie Nummer 15 beginnt mit sieben alternativen Versionen der zwölf Songs von „John Wesley Harding“, bei denen Bob von den erfahrenen Nashville-Studio-Cracks Charlie McCoy (Bass) und Kenneth Buttrey (Schlagzeug), die schon bei „Blonde On Blonde“ mitspielten, begleitet wird. Es handelt sich um frühe Probe-Aufnahmen (Take 1, 2, 3 oder 4), die aber schon gut entwickelt sind. Die Unterschiede zu den dann letztlich berücksichtigten Varianten sind meistens marginal, aber interessant: So gibt es ein paar Songs, die langsamer sind, als die veröffentlichten Tracks. Das ist z.B. bei den hier dokumentierten ersten Proben zu „Drifter`s Escape“ und „As I Went Out One Morning“ so, deren geschmeidige Folk-Grooves in dieser frühen Entwicklungsstufe noch nicht ausgeprägt sind. Genau anders herum verhält es sich mit „I Pity The Poor Immigrant“ und „I Am A Lonesome Hobo“: Sind die „Take 4“-Versionen noch mit forschen Rhythmen versehen, so entwickelten sich die Songs bis zur öffentlichen Präsentation zu bittersüßen Balladen weiter.
Die übrigen acht Aufnahmen auf der ersten CD stammen aus den „Nashville Skyline“-Sessions, die wie die Einspielungen für „John Wesley Harding“ in Nashville mit versierten Country-Session-Musikern wie den Gitarristen Norman Blake und Wayne Moss oder dem Pianisten und Organisten Bob Wilson stattfanden. „Lay Lady Lay“ ist mit „Take 1“ in seiner Grundform enthalten. Die klappernden Percussion-Einblendungen und die weinende Steel-Gitarre wurden hier noch nicht eingebaut. Mit „Western Road“ gibt es sogar einen bislang unveröffentlichten Outtake, der im traditionellen Blues-Boogie-Gewand daherkommt. „Tell Me That It Isn`t True“ macht als „Take 2“ einen nahezu ausgelassenen Eindruck, während die favorisierte Fassung einen abgeklärten, wenn auch hinreißend hingebungsvollen Charakter hinterlässt. Einen Großteil dieser Dokumentation ist der Zusammenarbeit zwischen Bob Dylan und Johnny Cash gewidmet. So erstrecken sich die gemeinsamen Begegnungen über die gesamte zweite CD und die Hälfte von Disc Nummer drei. Johnny Cash war ein früher Bewunderer des Folk-Sängers. So willigte er gerne ein, sich im Februar 1969 in den Columbia Studios in Nashville anlässlich der Einspielungen zu „Nashville Skyline“ mit His Bobness zu treffen. Von den daraus resultierenden Sessions wurden 25 Tracks für die aktuelle Folge der„Bootleg Series“ übernommen. Das Treffen hatte der Produzent Bob Johnston eingefädelt und es führte dazu, dass Cash Bob Dylan als Gast in seine erste TV-Show am 1. Mai 1969 einlud. Auch diese am 7. Juli 1969 ausgestrahlten Songs sind in der Audio-Version enthalten.
In der Johnny Cash-Show vom 1. Mai 1969 ist Bob Dylan mit „I Threw It All Away“, „Living The Blues“ und „Girl From The North Country“ vertreten, wobei ihn die „Nashville Skyline“-Musikern begleiten und Cash als Gesangspartner bei „Girl From The North Country“ auftritt. Die Platte wird mit fünf Songs, die am 17. Mai 1970 in New York mit den Scruggs-Brüdern Earl (Banjo), Randy (Akustische Gitarre) und Gary (Elektrischer Bass) in Mono im Bluegrass-Stil aufgenommen wurden, beendet. „The Bootleg Series Vol. 15“ zeigt Bob Dylan in einer Situation, in der er müde war, als Rock-Star gehandelt zu werden. Er besann sich auf die Wurzeln der US-amerikanischen Volks-Musik und war dabei, sein Potential von Grund auf neu zu entwickeln. Diese Eigenbrödlerei, die erst wieder durch die Zusammenarbeit mit The Band für „Planet Waves“ (1974) verändert wurde, kann mit der Betrachtung der Jahre 1967 bis 1969 etwas aufgehellt werden. Dylan hatte sich zwar für eine Weile aus der Öffentlichkeit zurückgezogen, war aber in dieser Zeit fast durchgängig musikalisch aktiv. Das verdeutlicht besonders die Professionalität, die die frühen Studio-Versionen von „John Wesley Harding“ hinterlassen. Die Aufnahmen belegen, dass Bob Dylan eine sehr genaue Vorstellung davon hatte, wie sie klingen sollten und dies auch ohne Eingewöhnung umsetzen konnte. Eindrucksvoll ist bei allen vorliegenden Beispielen das Einfühlungsvermögen der mitwirkenden Nashville-Studio-Musiker, die zu Recht einen legendären Ruf haben.
„Travelin' Thru, 1967 - 1969, The Bootleg Series Vol. 15“ enthält 47 bisher unveröffentlichte Tracks, hat eine Laufzeit von 133 Minuten und ist eine wertvolle Ergänzung zu den bereits bekannten Platten aus dieser Periode. Hier wurde kein Studio-Ausschuss zusammengewürfelt, sondern es kommen häufig beinahe fertig erscheinende Songs zu Gehör. Die kleinen Fehler sorgen für sympathische Nähe und vermitteln für den Hörer den Eindruck, er wäre beim Entstehungsprozess dabei gewesen.
Erstveröffentlichung dieser Rezension: Bob Dylan - Travelin Thru-1967-1969 Bootleg Series Vol. 15
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