DREBE - Der Mond ist ausgefallen (2019)

Mitfühlende Folk-Chansons: Drebe schreibt für "Der Mond ist ausgefallen" andächtige, nachdenkliche, deutschsprachige Lieder, die sich mit Sinnfragen und Problembewältigungsstrategien befassen.

Bei Drebe ist der Mond nicht aufgegangen, sondern ausgefallen. Dieser trockene Humor verhalf dem Wahl-Hamburger Pascal Hissnauer auch schon zu einem putzigen Titel für sein erstes Studio-Album, das 2013 erschien und „Nudeln mit Spinat in Käsesoße“ hieß. Gleich vorweg: Auch wenn die Namen der Platten witzig-eigenartig sind, zählt Drebe nicht zu den Blödel-Barden. Ganz im Gegenteil: Er ist ein ernsthafter, hintergründiger Liedermacher mit zumeist Folk-inspirierten, ruhigen Songs.

Das Titelstück des neuen Werkes verbreitet aber erst einmal eine lockere Wohlfühlatmosphäre. Der von einer gefühlvollen Band-Begleitung eingebettete Song wird durch glitzernd-wehende Keyboards flauschig ausgepolstert und feiert textlich den angenehmen, beglückenden Zustand geistiger Schwerelosigkeit.

„Rund“ beleuchtet eine Lebenssituation, in der es grade nicht so gut läuft. Der betont hervorgehobenen Begleitung auf der akustischen Gitarre steht hier eine stabilisierende Klavieruntermalung hilfreich zur Seite. Diese Zusammensetzung sorgt für eine kontrastreiche Untermalung der zwiespältigen Gedankenwelt. Das ironisch-melancholische „Alles gut“, das von der Schwierigkeit berichtet, Beziehungen aufrecht zu erhalten, erhält einen sphärischen gesanglichen Überbau, der den Track aus der sachlichen Chanson-Ecke herausholt.
Eine unbewältigte Trennung ist das Thema des löchrig-intimen, zerbrechlich-psychedelischen „Pelikane und Flamingos“ und „Ich bin ne Wurst“ behandelt im Prinzip die Endlichkeit des Lebens, versucht den Ernst der Lage aber humorig mit einem Mid-Tempo-Folk zu umspielen, der einen Fake-Reggae-Rhythmus aufweist. Die Ballade „Frohnatur“ ist namentlich ein Widerspruch zur Musik, die pur und verloren ein trübes Erscheinungsbild aufweist. „Kommt da noch was“ beschäftigt sich wieder mit dem Tod und plädiert als Ergebnis für ein bewusstes, achtsames Leben. Eine beschwichtigende wie auch forsche Bandbegleitung untermalt diesen philosophischen Ansatz sachdienlich. Das abschließende, sich mit fehlendem Lebensinhalt auseinandersetzende „Ziel“ lässt dann in seiner kargen Nüchternheit und auch aufgrund der ähnlichen Gitarrentechnik an den frühen Leonard Cohen denken.
Die Wechselfälle des Lebens verhinderten, dass „Der Mond ist ausgefallen“ schneller fertig werden konnte. Im Gegensatz zum Debüt, das zuhause im Wohnzimmer auch unter Verwendung von Programming entstand, wurden die neuen 28 Minuten, die ausschließlich auf Vinyl erscheinen, live im Tonstudio ohne elektronische Mätzchen aufgenommen. Drebe schreibt für seine feinfühligen Songs selbstbewusste Texte, deren Eigenart in ihren unaufdringlichen, rücksichtsvollen, abwägenden und durchdachten Aussagen liegt, was sie sympathisch und glaubwürdig macht. Musikalisch pendelt er sich zwischen Gisbert zu Knyphausen und AnnenMayKantereit ein, beackert also das Feld der speziellen Beobachter und aufmerksamen Bedenkenträger unter den Liedermachern. Hier hat Drebe seine Nische, aber noch keine unverwechselbare Note gefunden. Solch eine Identität ist zum Greifen nahe und kann vielleicht erlangt werden, wenn es nicht wieder einen sechsjährigen musikalischen Stand-By-Modus im Leben von Drebe gibt.

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