Einar Stray Orchestra - Dear Bigotry (2017)

DEAR BIGOTRY des EINAR STRAY ORCHESTRA aus Norwegen verzückt wieder mit zauberhafter, abwechslungsreicher Pop-Art-Musik.
Homogen und komplex, sowie fragil und opulent sind für das Einar Stray Orchestra keine Gegensätze, sondern verbindende Eigenschaften ihrer Musik.
Die Einar-Stray-Orchestra-Musiker scheinen viel Prefab Sprout-, Belle And Sebastian- und High Llamas Aufnahmen gehört zu haben. Jedenfalls hat ihr Sound vom goldenen Schmelz einiger Paddy McAloon-Kompositionen abbekommen, verinnerlicht den filigranen Folk-Charme von Stuart Murdoch und strahlt die Opulenz von Sean O`Hagan aus. Dazu werden je nach Bedarf Minimal-Art-, Indie-Rock-, Jazz- oder Orchestermusik-Zitate zugefügt. Auch arabische Folklore, Klassik von Igor Strawinsky, japanischer Heavy-Metal, The Mars VoltaDirty Projectors und Lana Del Rey haben ihren Platz in der Playlist der Gruppe.

Unbehagen und Bedauern: Die klassische Schuld- und Sühne Haltung zeigt sich im Opener. Es erblüht jedoch Hoffnung in der Melancholie von „Last Lie“. Sie bahnt sich ihren Raum wie vereinzelte Sonnenstrahlen, die sich bei bewölktem Himmel durchsetzen. Eine verzweifelte Sehnsucht liegt im filigranen, barocken Pop, der mit großem Harmoniebestreben und Tempovorstößen ausgestattet ist. Aber dann siegt doch noch die Zuversicht und Helligkeit macht sich breit. „Last Lie“ führt also vom Schatten ins Licht. Ein Drama mit Happy End sozusagen.
Das fünfköpfige Einar Stray Orchestra aus Norwegen musste 2014 zwei Mitglieder ersetzen, agiert aber immer noch dynamisch wie eine große Formation und arbeitet für das Stück „Dear Bigotry“ mit monumentalen Gesten sowie weitläufigen Soundgebilden sowie abwechselnden Instrumenteneinsätzen. „Penny For Your Thoughts“ verbreitet Optimismus, Aufbruchsstimmung und heitere Aussichten,

während „Caravelle“ auf die anregende Wirkung der Gegensätze zwischen schnellen, klatschenden Rhythmen, einer behäbigen Cello-Begleitung und lebhaftem, aufmunternden Gesang setzt.
Drängende, einpeitschende, bis ins hysterische gesteigerte Worteinspielungen begleiten den Track „Glossolalia“, der diese Erregung gut absorbieren kann und sich nicht von der Hektik anstecken lässt. Die Macht wuchtiger Instrumenteneinsätze, die Ausdruckskraft vieler Stimmen und die Stimulation durch Dynamik- und Tempowechsel spielen dann beim Aufbau von „As Far As I'm Concerned“ eine erhebliche Rolle.
Die dramatische Ballade „Seen You Sin“ wird vom perlenden und grummelnden Piano dominiert und wirft mit Notenbergen um sich. „Somersaulting“ verhält sich vertrackt, intim, wüst, überraschend und herausfordernd. Als würde das Funkeln der Sterne vertont werden und eine imaginäre Spieluhr ablaufen, so zauberhaft klingt „20.000 Nights“. Die Verbindung von Gegensätzen wird bei „Synthesis“ zelebriert. Ob es sich nun um zwei Individuen handelt, die sich zusammenraufen wollen oder ob es um musikalische Bestandteile geht, die eigentlich nicht zusammen verwendet werden: Beide Vorhaben führen zu Spannungen. Diese werden hier aufgegriffen und ausdrucksstark verarbeitet.
Das Einar Stray Orchestra besteht aus Schöngeistern, die Kunstverstand besitzen und ihre Kompositionen sowohl an Wohlklang wie auch an komplexen, fordernden Tongebilden ausrichten. Dadurch schaffen sie Hörmuster, die unverkrampft, einnehmend und niveauvoll zugleich sind.

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