THE SADIES - NORTHERN PASSAGES (2017)

The Sadies bedienen ihre Americana-Grundwerte und liefern erneut ein gutes Album ab.


Was haben die kanadischen The Sadies nicht schon alles probiert, um sich schnödem Schubladendenken zu entziehen. Die flexible CanAmericana-Gruppe um das Brüderpaar Dallas und Travis Good lotete ihre Möglichkeiten zum Beispiel durch das Wirken mit dem exzentrischen R&B/Soul-Großmaul Andre Williams auf „Red Dirt“ von 1999 oder mit dem Folk-Rock-Erneuerer Jon Langford von The Mekons auf „Mayors Of The Moon“ von 2003 aus. Auch „Northern Passages“, das mittlerweile fünfzehnte Studio-Album der Gruppe seit 1998, hält sich nicht unbedingt an einen einheitlichen Aufbau und an Stilgrenzen.
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Und so erstaunt es nicht, dass auf den im gemütlichen Folk-Rock-Stil von Mark Knopfler verabreichten, mild-harmonischen „Riverview Fog“ der kontrastreiche Garagen-Rocker „Another Season Again“ folgt. „There Are No Words“ hält beinahe das Energielevel des Vorgängers und rangiert zwischen Power-Pop-Grunge, energischem Folk-Rock sowie Country-Rock im Walzertakt. Der schlaksige Alternative-Country-Rock „It`s Easy (Like Walking)“ wird vom Gast Kurt Vile abgeklärt und charmant gesungen.



Auch der kraftvolle Power-Pop „The Elements Song“ zeugt wieder vom souveränen Umgang mit allerlei Sounds und Stilen. Schlagzeuger Mike Belitzki agiert hier stellenweise wie ein aufgedrehter Keith Moon von The Who.
Bei „Through Strange Eyes“ erinnert das Quartett an seine Landsmänner von Blue Rodeo und legt mal eben einen unangestrengten Country-Rock mit Surf-Music-Beigaben hin. „God Bless The Infidels“ ist ein ländlicher Walzer in der Tradition von „Sweetheart Of The Rodeo“ der Byrds oder der New Riders Of The Purple Sage. In der individuellen Ausprägung der Sadies, versteht sich. Flirrend und schwirrend zeigt sich die Folk-Ballade „The Good Years“, während „As Above, So Below“ in ähnlicher Ausprägung Erinnerungen an den „Easy Rider“ Soundtrack-Beitrag „Wasn`t Born To Follow“ der Byrds hervorruft.
Bei „Questions I‘ve Never Asked“ wird nach etwa einer Minute spontan die Geschwindigkeit erhöht, was dem vorher fragil operierenden Folk-Rock die Ausgeglichenheit nimmt. Laute Gitarren beenden dann den uneinheitlich ablaufenden Song. Das Instrumental-Stück „The Noise Museum“ zeigt nochmal mehrere Facetten der Band: Surf-Rock mit Ennio-Morricone-Spaghetti-Western-Flair sowie kraftvoller Folk- und Country-Rock zeigen sich hier in trauter Einigkeit.
„Northern Passages“ ist ein gutes, aber kein überraschendes Album der Sadies. Es zeigt, wie selbstverständlich und ungekünstelt die Band mit verschiedenen Stimmungen, Tempi, Inhaltsstoffen und Ausdrucksweisen umgehen kann und erfüllt deshalb die Erwartungen. Aber es zeigt nicht, wie bei anderen Werken der Gruppe, eine besonders ausgeprägte Abenteuerlust, die oft einen besonderen Kick vermittelte. Trotzdem werden viele Nuancen abgedeckt. Es gibt zwar weniger Surf und R&B, dafür aber mehr Folk-Rock als erwartet. Unerwartete Ausbrüche sind in der Minderzahl, eine auf klassische Americana-Verhältnisse abgestimmte Songauswahl sorgt stattdessen für geschmackvolle Kontinuität.

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