YELLOW TEETH - Rags And Pearls (2017)

Achtung, Americana-Geheimtipp! YELLOW TEETH haben zwar ihr zweites Album RAGS AND PEARLS schon 2016 regional veröffentlicht, jetzt soll es aber angeblich auch bei uns erscheinen. Was für reife, abgehangene, berührende Lieder! Die Band um Tiziano Zandonella kommt aus der Schweiz und hat eine große Aufmerksamkeit verdient. Vergleiche und Beschreibungen können hier nachgelesen werden:

„Rags And Pearls“ steht für einen Americana-Sound, der reif, eigentümlich und besonnen dargeboten wird.

In der Ruhe liegt die Kraft. Yellow Teeth nehmen sich alle Zeit der Welt, damit sich ihre Songs vollständig entfalten können. Stress und Hektik scheinen sie nicht zu kennen. Zumindest klammern sie Unruhe und Anspannung in ihrer Musik weitestgehend aus. Trotzdem handelt es sich nicht um schlaffes, trostloses Gesäusel. Die Tracks transportieren Gelassenheit, sind aber positiv geladen, wirken wach und lebendig. Die knorrige, wettergegerbte Stimme des Sängers erinnert an die texanische Songwriter-Legende Guy Clark („Desperados Waiting For The Train“) und vermittelt Weisheit und Abgeklärtheit.
Und jetzt kommt die Überraschung: Es handelt sich bei der nach eigener Einschätzung als „Folk Songs And Hard Working Blues“ zu kategorisierenden Musik nicht um ein anglo-amerikanisches Produkt. Yellow Teeth kommen aus der Schweiz und sind das Projekt des offensichtlich recht jungen Musikers Tiziano Zandonella. „Rags And Pearls“ ist sein zweites Album und es klingt unverschämt natürlich nach Weite, Farm-Leben und staubigen Straßen. „The Odds Of Dice” stimmt mit wehmütigem Gesang ein, der durch eine anmutige weibliche Stimme ergänzt wird. Das Klangbild ist warm und farbig-schillernde E-Gitarren-Töne, ein Besen-Schlagzeug sowie ein unauffälliger Bass füllen den Raum galant aus. „Little Black Heart“ kann Beides, wie die Blues Brothers sagen würden, nämlich Country und Western anbieten.
„Love`s A Drug“ ist ein gemütlicher Shuffle mit einem markanten, jedoch unaufdringlichen E-Gitarren-Solo und beim nachdenklichen, sachlich ablaufenden „Brother“ wirkt der Gesang zerbrechlich, brüchig und leidend. Bei „Silver And Gold“ handelt es sich um eine Eigenkomposition, bei der die einsame Steel-Gitarre idyllische Sonnenuntergänge, weitläufige Canyon-Ausblicke oder den Blick auf endlose Graslandschaften vor dem geistigen Auge malt. Durch die Kanaltrennung der wehmütigen Mundharmonika von der gezielt eingesetzten Twang- und Surf-Gitarre entsteht bei „Long Lost Love“ ein Retro-Sound, der an Country-Aufnahmen der 1950er Jahre erinnert.
„Raise That Glass“ baut Vertrauen auf und beweist Traditionsbewusstsein. Musikalisch kommen als Beispiel The Handsome Family in den Sinn, die sich auch trotz des Bezugs auf ursprüngliche Country- und Folk-Werte eine eigene Ausdrucksform geschaffen haben. Die Kunst der Langsamkeit wird bei „We`ll Leave It All Behind“ gepflegt. Bei dieser Vorgehensweise muss jeder Ton exakt sitzen und die Songsubstanz muss stimmen, sonst wird es langweilig. Yellow Teeth haben den Test bestanden und runden den Track durch ein aufhellendes Gitarren-Solo ab.
Das cool pulsierende „Before It Gets Dark“ könnte sich als Soundtrack-Beitrag für einen Quentin-Tarantino-Film bewerben. „You And Me And The Moon“ zeigt ebenfalls Abgeklärtheit und Zwanglosigkeit. Die Beschaulichkeit wird allerdings durch verzerrte, melodische E-Gitarren-Attacken gestört, die deutliche Neil Young & Crazy Horse-Züge aufweisen.
„Rags And Pearls“ offenbart eine unglaubliche Reife und zeigt, dass ansprechende Americana-Musik nichts mit der Herkunft der Musiker zu tun haben muss, sondern die Gesinnung ist wichtig. Tiziano Zandonella hat im Rahmen seines Studiums von Englischer Literatur seine Masterarbeit über Texte von Künstlern wie Neil YoungJoni Mitchell oder Leonard Cohen geschrieben. Das zahlt sich jetzt aus, denn er ist selbst auf dem Weg, ein bedeutender Musiker zu werden. Leider haben Yellow Teeth die Sprichworte „In der Kürze liegt die Würze“ und „Man soll aufhören, wenn es am Schönsten ist“ zu wörtlich genommen. Denn nach 32 Minuten ist leider schon Schluss. Das kommt viel zu früh. Es war doch grade so unterhaltsam.

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