RANDOM WILLSON & BROKOF - BROTHER EQUAL (2017)

BROKOF ist eine coole Americana-Band aus Berlin. Zusammen mit dem Poeten RANDOM WILLSON haben sie jetzt BROTHER EQUAL herausgebracht. Die Zusammenarbeit lässt prächtige Früchte gedeihen. 

Ein Hoch auf den Zufall, der die Verbindung von Random (!) Willson mit Brokof erst möglich gemacht hat.


Es gibt genügend Beispiele aus Kanada und Großbritannien dafür, dass die Amerikaner kein Alleinstellungsmerkmal für gehaltvolle Americana-Klänge haben. Musiker aus Kontinentaleuropa haben sich noch nicht so stark in den Blickpunkt setzen können, aber auch in unseren Breiten gibt es sehr talentierte Künstler, die dem Metier unverhoffte Gesichtspunkte entlocken können. Dazu gehören z.B. Waiting For Louise, Someday Jacob oder eben auch Brokof. Das Quartett kommt aus Berlin und besteht seit 2007. Der Namensgeber Fabian Brokof agiert sowohl als Sänger, Gitarrist, Komponist und Produzent. Bei der zuletzt genannten Tätigkeit wird er vom Keyboarder und Gitarristen Arne Bergner unterstützt. Komplettiert wird die Band noch durch Rocco Weise am Bass und Puya Shoary am Schlagzeug. Dazu kommen je nach gewünschter Klangfarbe exklusive Gäste.
Im letzten Jahr erschien die unter Insidern vielbeachtete dritte Platte „Cool Fame“ und jetzt schieben die Berliner eine Zusammenarbeit mit Random Willson nach. Random heißt eigentlich Gregory Northrop und ist ein Poet und Songwriter aus New York, den es 2013 nach Berlin verschlagen hat. Hier traf er in einer Bar auf Fabian Brokof und die Künstler stellten eine gewisse Seelenverwandtschaft fest. Deshalb auch der Albumtitel „Brother Equal“. Brokof vertonen bei diesem gemeinsamen Projekt die Lieder des Wahl-Berliners mit Umsicht, Feingefühl und originellen Einfällen. Lagerfeuerromantik und das „Peaceful Easy Feeling“ der Eagles erfüllt „Own Time“ mit Gelassenheit. Wenn „Slow Down“ ein Etikett verdient hätte, dann würde da Hillbilly-Country-Pop draufstehen. Flehend und verletzlich wird „Why Should She” besungen. Die weiblichen Background-Stimmen gleichen die drückende Stimmung durch ihren teils lieblichen, teils kräftig-jubilierenden Gesang zugunsten von Zuversicht hilfreich aus.
„East To West“ hat den Umzug von Mr. Northrop von den USA nach Deutschland zum Thema. Das Lied beginnt mit der Aussage: „Dein Zuhause ist da, wo die Sonne am Morgen aufgeht“, die neben dem Künstlernamen die Lebensphilosophie des Lyrikers symbolisiert. Erfahrungen, die vom Zufall geprägt sind und eine aufgeschlossene Haltung spielen darin eine gewichtige Rolle. „East To West“ ist ein Musterbeispiel für eine unverstellte, von instinktiven Eingebungen bestimmte Komposition: Laid-Back-Westcoast-Folk, beiläufige Funk-Akkorde, verspielte Synthesizer-Töne und geschmeidige Soul-Jazz-Bläser sind nur ein paar der unkonventionell zusammen gestellten, aber stets harmonischen Beigaben, die diesen Song wie einen Edelstein funkeln lassen. Auch „Guru“ offenbart eine offene Herangehensweise an die Songgestaltung, die sich nur von Kreativität und einem erlesenen Geschmack leiten lässt. Zunächst klingt der Track, als hätte der akustische Neil Young von „Silver & Gold“ (2000) ein Stelldichein mit dem tiefenentspannten Jimmy Buffett aus „Son Of A Son Of A Sailor“-Zeiten (1978). Aber dann gibt es besonnenes Störfeuer in Form von langgezogenen Feedback-Tönen und dunkel rumorenden Marimba-Klängen, die genauso schnell vergehen, wie sie gekommen sind.
Der asketische Psychedelic-Folk von „Beautiful Flower“ wirkt unschuldig, sensibel, zerbrechlich und wie aus der Zeit gefallen. „First To Know“ bietet gewissermaßen ein Kontrastprogramm dazu. Der Song rockt griffig und kompakt und bietet dabei kultivierten Power-Pop, satte Rolling Stones-Riffs und leidenschaftliche Soul-Power.

Das solide Schlagzeug-Gerüst trägt „Green Girl“ souverän über die knapp sechseinhalb Minuten und sorgt für Krawall bei diesem wogenden Gebilde, dass durch mehr oder weniger dominante Piano-Akkorde sowie an- und abschwellende Gesänge geprägt wird.
Nanu, ist da Brian Wilson mit einer Zeitmaschine direkt von den Sessions für „Pet Sounds“ im Brokof-eigenen Popschutz-Studio für ein paar Falsett-Gesangseinlagen vorbei gekommen? Zumindest erweckt die hohe Stimme zu Beginn von „Amen“ diesen Eindruck. Aber auch dieser Song bekommt noch einen besonderen Dreh und entwickelt sich allmählich von einer verschlossen vorgehenden Nummer zu einem zugänglichen Folk-Pop mit verwehten Hintergrund-Klängen und einem eingängigen Mitsing-Refrain. Der Folk-Rock „All Agree“ rundet dann das ausgewogen forschende Americana-Erlebnis vollmundig ab.
Leider ist das entzückende Vergnügen schon nach 38 Minuten vorbei. Dabei wird mit jedem Song die Spannung auf neu zu entdeckende musikalische Zufalls-Kombinationen geschürt. Dieses anregende Spiel könnte noch stundenlang so weitergehen. Das erfinderische Bündnis ist sowohl für Willson wie auch für Brokof ein Glücksfall und sollte unbedingt intensiviert und durch Einbeziehung anderer Zufallsbegegnungen ausgeweitet werden. Aber wenn sich die Philosophie von Greg Northrop bewahrheitet, dann sorgt die Fügung sowieso für weitere interessante Kombinationen.

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