GRAND FUNK RAILROAD - TRUNK OF FUNK-Box-Sets (2017)

GRAND FUNK RAILROAD waren eine wichtige Rock-Band. Mit den TRUNK OF FUNK-Box-Sets kann das nachvollzogen werden.

Jetzt gibt es die ersten zwölf Platten in zwei schön aufgemachten Box-Sets unter dem Namen TRUNK OF FUNK Vol. 1 + 2 zu erwerben.

TRUNK OF FUNK Vol. 1:


Geschichtsstunde für Classic-Rock-Anhänger: Die Alben von Grand Funk Railroad von 1969 bis 1971 in einer Box.
Was heute bei Massenspektakeln wie in Wacken sein brachiales Gesicht zeigt, hat seinen Ursprung in den späten 1960er Jahren. Bands wie Steppenwolf, Blue Cheer, MC5 und Iron Butterfly ebneten in den USA den Weg für einen mächtig rockenden und dröhnenden Sound, der bis heute als Hard- und Heavy-Rock oder Heavy-Metal etliche Ausprägungen erlangte. In Großbritannien hießen die Wegbereiter dieser Musikrichtung z.B. CreamBlack SabbathDeep Purple und Led Zeppelin.
Im Zuge dieser Entwicklung schlossen sich auch Mark Farner, Donald Brewer und Melvin Schacher 1969 im Staat Michigan (USA) zu dem Power-Trio Grand Funk Railroad zusammen. Große Aufmerksamkeit erlangte das Dreigespann noch im selben Jahr mit ihrem Auftritt beim Atlanta Pop-Festival vor 100.000 Leuten. Ihr Manager hatte nämlich erreicht, dass die Musiker dort als Außenseiter auftreten durften, weil er auf die Gage verzichtete. Prompt erhielt die Gruppe danach einen Plattenvertrag und brachte umgehend ihr erstes Album heraus.
Wandelt das Debüt „On Time“ (1969) noch etwas zögerlich und unausgereift zwischen Hard-, Psychedelic- und Blues-Rock hin und her, so zeigen die Songs des Nachfolgers „Grand Funk“ (1970) deutlich mehr eigenes Profil und Biss. Der Boogie „High Falootin' Woman“ schäumt prickelnd und die epischen Heavy-Boogie-Blues-Nummern „In Need“ und „Inside Looking Out“ (im Original von Eric Burdon & The Animals) besitzen trotz ihrer Härte einen elastischen Groove. Im Verlauf dieser Stücke werden Erinnerungen an „Five To One“ der Doors sowie an „Whole Lotta Love“ von Led Zeppelin wach. Ihren für diese Phase charakteristisch donnernden und explosiven Sound erreichte das Trio auch durch den gelegentlichen Einsatz des Bass als wuchtiges Lead-Instrument, wodurch die verzerrte Gitarre einen gewichtigen Sparringspartner bekam. Der Schlagzeuger konnte sich nur deshalb gegen diese Macht durchsetzen, weil er intensiv prasselnd, scheppernd und rumpelnd dagegen hielt. Mark Farner sang dazu nicht nur als atemloser Shouter, sondern ließ auch Milde walten, so dass die Emotionspalette eine nachsichtige Komponente erhielt.
„Closer To Home“ (1970) ist gegenüber dem Vorgänger kompakter und weniger ausschweifend hinsichtlich der Solo-Ausflüge ausgefallen. Keyboard-Einlagen sorgen für ein abwechslungsreiches Stimmungsbild und Gospel-, Soul- und Pop-Einflüsse lockern die Rock-Basis auf, vergraulen aber wahrscheinlich die Hard- und Heavy-Puristen. Das flexible „I Don' t Have To Sing The Blues“ könnte in seiner Raffinesse sogar von Stephen Stills Americana-Projekt Manassas stammen und der Song „Closer To Home (I`m Your Captain)“ klingt nach lässig-verträumtem Westcoast-Soft-Rock. Die Platte bietet insgesamt einen überzeugenden Übergang zu neuen Spielformen, auch wenn das Rocker-Image darunter leidet. Das „Live Album“ (1970) belegt nochmal eindrucksvoll die ungestüme, heftige Bühnenpräsenz der Formation, ist aber klangtechnisch trotz Remastering nicht auf der Höhe der Zeit. Die Aufnahmen zeigen eine eindeutige Ausrichtung auf aggressive Sounds, die die Gruppe in dieser Konsequenz allerdings schon auf „Closer To Home“ zugunsten von Kompromissen für gemäßigte Musik-Stile weitgehend abgelegt hatte. Diese Haltung wurde von Kritikern negativ ausgelegt. Sie ist aber im Nachhinein betrachtet eigentlich eine Stärke, denn dadurch förderte die Band den Fusionsgedanken innerhalb der Rock-Fraktion.
Auf „Survival“ (1971) wird der variable Rock-Mix aus Blues-Rock-, Boogie-, Gospel- und Soft-Rock-Anleihen fortgesetzt und es kommen prominente Cover-Versionen wie „Feelin' Alright“ von Traffic oder „Gimme Shelter“ von den Rolling Stones zum Einsatz, die respektabel umgesetzt werden. Der Song „Jam (Footstompin' Music)“ ist der letzte reguläre Titel von „Survival“ und in einer abgewandelten Version der erste Song auf dem Nachfolgealbum „E Pluribus Funk“ (1971). Dieser heftig groovende Track bietet einen Vorgeschmack darauf, dass der Funk nicht nur im Bandnamen und Albumtitel, sondern auch als zusätzliche Komponente in der Musik angekommen ist. Das manifestiert sich unter anderem bei „People Let`s Stop The War“, einem Funk-Rock, der auch im Programm von Sly And The Family Stone Sinn gemacht hätte. „E Pluribus Funk“ gibt sich grundsätzlich kämpferisch und rockt bodenständig. Bei „Loneliness“ werden allerdings schwelgende Streicher eingesetzt, die neben dem sehnsüchtig schmachtenden Gesang dazu beitragen, dass das Lied durch Bombast unnötig aufgebläht wird. Und bei „I Come Tumblin`“ verzettelt sich die Band mit unnötigen Solo-Eskapaden, was vielleicht damit zu tun hatte, dass die Aufnahmen in weniger als einer Woche fertig gestellt wurden.
„Trunk Of Funk Vol. 1“ deckt die Schaffensperiode von 1969 bis 1971 mit sechs Veröffentlichungen ab. Diese wurden für die Box in kleidsame Papier-Klapp-Cover gesteckt und enthalten bis auf das „Live Album“ Bonus-Tracks. Grand Funk Railroad war in der dokumentierten Zeit ständig unterwegs. Kein Wunder, dass bei dieser Belastung nicht jeder Song ein Edelstein geworden ist. Bemerkenswert bleibt jedoch die Energie, die die Musiker entwickeln konnten, wie auch ihr Wille zur Veränderung, den sie konsequent durchzogen. Sie waren Stil-Pioniere und durch ihren kommerziellen Erfolg auch Trendsetter. Allein wegen diesen Eigenschaften ist diese Box historisch wichtig und bietet für den nicht Eingeweihten ein großes Entdeckungspotential.
TRUNK OF FUNK Vol. 2:


Teil 2 der Geschichtsstunde für Classic-Rock-Anhänger: Die Alben von Grand Funk Railroad von 1972 bis 1976 in einer Box.
„Trunk Of Funk Vol. 2“ beleuchtet die Bandgeschichte von Grand Funk Railroad von 1972 bis 1976. Bei „Phoenix“ aus 1972 gab es gleich zwei maßgebliche Änderungen: Der Bandname wurde auf Grand Funk gekürzt und der Keyboarder Craig Frost stieg als festes viertes Mitglied ein. Gleich beim Auftakt, dem instrumentalen „Flight Of The Phoenix“ offenbart er seine Soundprägung. Das Stück wird nämlich von einer grollenden, swingenden Orgel getragen. Grand Funk treten damit in die Fußstapfen der Stax-Records-Groove-Band Booker T & The MG`s (Remember: „Time Is Tight“). Auf „Phoenix“ ist der Keyboarder sofort zur festen Größe geworden und beeinflusst den Klang maßgeblich: Seine funky zischenden, rumorenden Orgelsätze verleihen der Musik auch im weiteren Verlauf Fülle und Glanz. „I Just Gotta Know“ erhält dadurch gleich mehrere Bestandteile: Groove, Intellekt und Wucht. Der Hit des Albums ist jedoch „Rock & Roll Soul“. Dieser Track vereinigt die positive Stimmung der Doobie Brothers mit dem melodischen Hard-Rock von Bad Company.
Noch wesentlich stimulierender und prägnanter ist „We're An American Band“ (1973) ausgefallen. Das Titelstück und „Walk Like A Man (You Can Call Me Your Man)“ ertönen so einnehmend, als hätte der Sound eine Frischzellenkur mit allen bemerkenswerten Tugenden der Gruppe hinter sich. Und mit „Black Liquorice“ entwickelten die Musiker sogar so etwas wie eine Klang-Vorlage für AC/DC. Das Album wurde vom Psychedelic-Pop-Wizzard Todd Rundgren produziert, der für einen breiten, vollen und gleichzeitig transparenten Ton sorgte. Dadurch vermitteln die Songs trotz variierender Stile einen homogenen Eindruck. Schlagzeuger Don Brewer kam zusätzlich als Lead-Sänger zum Einsatz und hatte große Anteile an den Kompositionen. Grand Funk fokussierten sich auf einen variablen, knackigen und für damalige Verhältnisse radiotauglichen Rock-Sound, der in Teilen den Stadion-Rock solcher Bands wie Boston oder Foreigner vorwegnahm.
Dem Hard- und Heavy-Rock-Image entwachsen, boten Grand Funk weiterhin abwechslungsreiche Alben an, so wie „Shinin` On“ von 1974: Beim Titeltrack wird ein packender, spaciger Orgel-Groove verwendet und die Cover-Version des Hits „Loco-Motion“ von Little Eva aus 1962 zwingt auch in dieser Fassung Tänzer auf die Tanzfläche. Auch bei „Please Me“ mag man kaum still sitzen bleiben. Der coole Blues „Mr. Pretty Boy“ besitzt unterdessen durch seine psychedelische Komponente eine entschleunigt-berauschende Wirkung. „All The Girls In The World Beware!!“ von 1974 nähert sich solcher Mainstream-Pop-Rock-Acts wie ChicagoAlice Cooper oder Santana an. Die glatte Produktion von Jimmy Ienner (The Raspberries) tut den Songs dabei selten gut. Nur „Runnin`“ profitiert als flotter Brass-Rock mit Ska-Touch von dem Pop-Sound. Wenn dann aber wallende Streicher ins Spiel kommen, ist es endgültig aus mit der Spannung. Dem R&B-Stomper „Look At Granny Run Run“, im Original von Howard Tate, kann allerdings nicht der Schwung genommen werden und mit „Some Kind Of Wonderful“ belebt das Trio den Hit der Soul Brothers Six aus 1967 neu.
Ab „Caught In The Act“ (1975) nannte sich die Band wieder Grand Funk Railroad und zeigte mit diesem Live-Album, dass sie auf der Bühne immer noch eine energiegeladene, stark rockende Einheit sein kann. Die Auswahl enthält sowohl frühe Tracks wie „Inside Looking Out“ (1970) und auch aktuelles Material („Some Kind Of Wonderful“). Natürlich ist auch der Hit „We`re An American Band“ und die Cover-Version von „Gimme Shelter“ vertreten. Überraschungen gibt es allerdings keine, nur solides Handwerk. „Born To Die“ (1976) ist die schwächste Platte der Box. Der blasse, unspektakuläre und manchmal aufdringlich-dünnblütige Mainstream-Rock ist gesichtslos und auch die besseren Songs kommen bei der Bewertung nicht über den Durchschnitt hinaus.
„Trunk Of Funk Vol. 2“ beinhaltet sechs Grand Funk-Platten, die zwischen 1972 und 1976 erschienen sind. Diese wurden wieder für die Box in schöne Papier-Klapp-Cover gesteckt und enthalten bis auf „All The Girls In The World Beware!!“ (1974) und „Caught In The Act“ (1975) Bonus-Tracks. Auch wenn aus heutiger Sicht manches angestaubt und anachronistisch klingen mag oder manche Songs nur Durchschnittsware sind, so hat sich die Band mit ihrem Gesamtwerk doch einen respektablen Platz in der Rockhistorie erarbeitet. Sie leistete Pionierarbeit für den Hard- und Heavy-Rock-Bereich, gab Anstöße zu dem, was später als Jam-Rock bezeichnet wurde und war auch nicht unschuldig am Aufkommen des Stadion-Rock. Deshalb ist „Trunk Of Funk Vol. 2“ auch eine sinnvolle Ergänzung zum ersten Teil der pophistorischen Aufarbeitung.
1976 fiel Grand Funk Railroad auseinander. Bevor „Born To Die“ erschien, hatten sich die Musiker schon inoffiziell getrennt und planten ein letztes gemeinsames Album, das von Frank Zappa produziert wurde („Good Singin`, Good Playin`“). Mark Farner verfolgte danach eine Solo-Karriere und Brewer & Schacher machten als Flint weiter. Grand Funk Railroad wurde von 1981 bis 1983 und 1997 mit Mark Farner erneut ins Leben gerufen. Ohne ihren ehemaligen Frontmann besteht die Formation mit Brewer und Schacher sowie neuen Mitgliedern bis heute fort und pflegt den vergangenen Ruhm, der sich auch in über 20 Millionen verkaufter Tonträger niederschlägt.

GRAND FUNK RAILROAD - Inside Looking Out 1969



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