Fooks Nihil - Fooks Nihil (VÖ: 09.10.2020)

 

Da sage noch jemand, Zeitreisen seien nicht möglich. Fooks Nihil beweisen das Gegenteil. Das Trio aus Frankfurt am Main und Wiesbaden katapultiert die Zuhörer in eine Zeit zurück, in der es noch Schwarz-Weiß-Fernseher und bevorzugt Vinyl-Platten als Tonträger gab. Die Wahrnehmung von Pop-Musik war damals besonders wichtig und wertvoll. Sie hatte beinahe religiöse Züge. So spaltete die Wahl zwischen Beatles und Stones Familien, Klassengemeinschaften und Freundeskreise. Aber noch viel entscheidender war die Bildung einer Jugendkultur, einer sozio-politische Zugehörigkeit und einer Abgrenzung zur erziehenden Generation. Dies wurde durch die Musik entscheidend beeinflusst.

Diese Zusammenhänge werden durch Fooks Nihil wieder lebendig, ohne dass den Tönen dabei eine Retro-Muffigkeit oder ein bieder-öder Oldie-Geruch anhaftet. "Insight Of Love" atmet den Freiheitsdrang der Westcoast-Hippie-Kultur und verbreitet einen Sound, der direkt aus den Garagen der Vorstädte zu kommen scheint, in denen frustrierte Teenager ihren Vorbildern wie The Seeds oder Jefferson Airplane nacheiferten und huldigten.

"Down From Where She Comes" versöhnt den Liverpool-Beat mit dem Los Angeles-Folk Rock: Die klanglichen Visionen der Beatles und der Byrds werden locker zu einer homogenen Masse verschmolzen. 

"Lady From A Small Town" lehnt sich an die Anfänge des Country- & Folk-Rock an: So hätte es sich anhören können, wenn Neil Young & Crazy Horse und die Eagles gemeinsam eine lässige Strand-Party feiern würden. An den Übergang vom Country- zum Soft-Rock erinnert "The Seer" und kommt damit manchmal der Pop-Phase von Fleetwood Mac nahe, hat aber auch eine engagierte Gesangsleistung zu bieten, die an John Lennon erinnert. Zwischen "Exile On Main Street" der Rolling Stones und "Running On Empty" von Jackson Browne pendelt "Long Days" und bewegt sich dabei geschmackvoll unter Einbeziehung einer weinenden Slide-Gitarre zwischen Rock und Pop. 

Die Harmonie von Crosby, Stills & Nash, der knackig-eingehende Rock von Tom Petty und der psychedelische Sound von Quicksilver Messenger Service finden sich als Mix in "What`s Left" wieder. Der erwachsene Pop von Elvis Costello trifft bei "Tales" ungebremst auf den treibend-aufmunternden Power Pop-New Wave der Plimsouls um Peter Case. Mächtige Orgelwände lassen bei "Homeless" an die Zombies ("Time Of The Season") denken und die Melodieführung ist dabei an "Mr. Soul" von Buffalo Springfield angelehnt.

Die Ballade "Misery" bringt Erinnerungen an "Knockin`On Heavens Door" von Bob Dylan hervor und das bedächtige, ausgeklügelte "Surface Of Things" vereinigt die Ausgeglichenheit der Youngbloods mit der straffen Komponier-Kunst von Creedence Clearwater Revival.

Auch wenn jedem Song Referenzen an die 1960er oder 1970er Jahre zugeordnet wurden, so ist dies in erster Linie einer lebhaften Erinnerung geschuldet und soll nicht etwa ein Plagiatsverdacht ausdrücken. Ganz im Gegenteil: Max Ramdohr (Gitarre, Gesang), Max Schneider (Schlagzeug, Gesang) und Florentin Wex (Bass und Gesang) verstehen es, die Vergangenheit lebendig zu halten, ohne bereits verwendete Ideen auszukosten oder unnötig widerzukäuen. "Fooks Nihil" ist kein billiger Aufguss, sondern eine raffiniert-vielseitige Verwertung bewährter Stilmittel, um auf zeitlose Qualitäten aufmerksam zu machen und diese in der Gegenwart neu aufleuchten zu lassen.

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