Hilma Nikolaisen - Mjusic (2018)

Entdeckung: Hilma Nikolaisen aus Norwegen definiert Rockmusik bei "Mjusic" als sprudelnde Quelle aus frischen und geliehenen Ideen.

Der Name Hilma Nikolaisen dürfte nur eingeweihten Alternative-Rock-Insidern etwas sagen, denn die norwegische Musikerin ist bisher hauptsächlich als Bassistin und Sängerin in der Noise-Rock-Band Serena Maneesh ihres Bruders Emil in Erscheinung getreten. Im Jahr 2016 veröffentlichte sie zwar ihr erstes Solo-Album mit Namen „Puzzler“, aber ihren Bekanntheitsgrad hat das nicht besonders erhöht. Nun gibt es mit „Mjusic“ einen erneuten Anlauf und der lässt sehr positiv aufhorchen. Sang die Norwegerin bei Serena Maneesh noch lieblich-sanft gegen den Krach an, so klingt sie auf ihren Solo-Platten stimmlich nicht immer unbedingt feminin. Aber auch nicht maskulin, sondern eher geschlechtsneutral. Neben Gesang und Bass bedient Hilma Nikolaisen in dem Band-Gefüge auch noch die E-Gitarre und spielt Xylophon.


Stampfend und rumpelnd fällt „Missionary“ mit der Tür ins Haus, ohne es an exakten Strukturen mangeln zu lassen: Die Basstrommel verbreitet einen Dschungel-Beat und ein Einfinger-Piano - wie es die Stooges manchmal zur Steigerung der Ekstase einsetzten - ist zu vernehmen. Die E-Gitarren spielen satte, saftige Riffs, die sich überlagern und der Gesang unterstützt den in die Beine gehenden Ohrwurm angemessen. Das klingt so unglaublich souverän, gekonnt und raffiniert, als läge die Wiege des Power-Pop in Oslo, wo Hilma lebt. Der „Election Day Blues“ bedient nicht das Blues-typische 12-Takt-Schema, sondern präsentiert sich als flinker Gitarren-Rocker mit Verwandtschaft zu den Arbeiten von Steve Miller zu Zeiten von „Fly Like An Eagle“ (1976). „Only Me“ verbindet Classic-Rock (The Rolling Stones) mit Pop-Punk (The Buzzcocks) auf so charmante Weise, dass dieser Titel über die Genre-Grenzen hinweg Zustimmung finden wird.
Die Ballade „You“ ist klar, ungezuckert, aber trotzdem herzerweichend und melodisch verführerisch. Einfach schön. „Into The Music“ beginnt cool fließend, aber immer wieder wird eine zusätzliche, ordentliche Schippe Kohlen aufs Feuer geworfen, so dass die acht Minuten eine anschauliche Demonstration von druckvoller Lässigkeit und ökonomisch eingesetzter Energie sind. Auf silbernen Schwingen scheint das smarte „Light Shines“ dahin zu gleiten und der Track beglückt mit einer einschmeichelnden Melodie, die den Hörer mit Leichtigkeit um den Finger wickelt. Hinter „I Do (Doomsday Jingle)“ versteckt sich ein swingender Groove, der dem zunächst unscheinbar wirkenden Pop-Rocker auf die Sprünge hilft. „Merrily Merrily (Hermitage Highlights)“ beschließt das Album als feierlicher Harmonie-Pop mit Referenzen an solche 1960er Jahre-Bands wie The Association oder Harpers Bizarre.
„Mjusic“ ist noch kompakter, selbstbewusster und schlüssiger als der gute Vorgänger „Puzzler“ ausgefallen. Das Werk ist voll mit frischen, belebenden, unverkrampften, kompetenten und abwechslungsreichen Songs. Vielleicht gehört die Zukunft der Rock-Musik sogar der norwegischen Musikerin Hilma Nikolaisen. Das Potential dazu hat die Norwegerin jedenfalls und sie beweist ein ähnlich universelles Musikverständnis wie zum Beispiel Tom Petty. In dieser Qualität dürfen beim nächsten Mal allerdings gerne viel mehr als nur 33 Minuten Laufzeit rausspringen.
Hier gibt es als Appetitanreger das Video von ONLY ME zu sehen:

Erstveröffentlichung dieser Rezension: Hilma Nikolaisen - Mjusic

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