The Devil And The Almighty Blues - The Devil And The Almighty Blues (2019)

Schwerer, epischer Bluesrock: The Devil And The Almighty Blues lieben ausgiebige Gitarren-Expeditionen, die durch einen stabilen Rhythmus-Teppich zusammengehalten werden.
Es ranken sich einige Geschichten um teuflische Verwicklungen im Rock und Blues. So soll der Bluesmusiker Robert Johnson Anfang der 1930er Jahre an einer Wegkreuzung im Mississippi-Delta dem Satan seine Seele dafür verkauft haben, dass er ihn zu einem begnadeten Gitarristen macht. Tatsächlich berichteten Zeitzeugen, dass Robert innerhalb kürzester Zeit von einem eher lausigen Musiker zu einem Virtuosen gereift ist. Sollten da vielleicht doch höhere Mächte im Spiel gewesen sein?
The Devil And The Almighty Blues bezieht sich namentlich auf genau solche Erzählungen und ist ein Quintett, aus Norwegen, das mit der effektivsten Besetzung, die es für eine handfeste, markige Rock-Band gibt, ausgestattet ist: Zwei elektrische Gitarren + Bass + Schlagzeug. Die Gruppe ist zwar keine typische Bluesrock-Band, aber ihr Fundament besteht aus einigen Errungenschaften, die Blues-beeinflusste Vorbilder - vorzugsweise aus den 1960er und 1970er Jahren - hinterlassen haben. Wie z.B. Taste um Rory GallagherThe Allman Brothers Band, Free, ZZ TopJohnny Winter und die frühen Fleetwood Mac. Die Musiker lassen sich beim Ausbreiten ihrer Songs nicht drängen, sie gönnen ihren Eigengewächsen viel Zeit, damit sie sich entfalten können. Keiner der sechs Titel auf ihrem dritten Album „Tre“ ist kürzer als fünf Minuten, der längste Track dauert sogar beinahe dreizehn Minuten. Die Norweger arbeiten mit Tempo- und Dynamikwechsel, um ihren ausführlichen Liedern, die häufig von sich wiederholenden Gitarren-Riffs dominiert werden, einen spannenden Verlauf zu verschaffen. Das funktioniert grundsätzlich ausgezeichnet, da sich die Gitarristen Petter Svee und Torgeir Waldemar Engen nicht im Wege stehen, sondern ihre Aufgaben sinnvoll und songdienlich aufteilen.

Wer ein solch langes Stück wie „Salt The Earth“ an den Anfang seiner Veröffentlichung stellt, der erwartet von seinen Hörern Geduld, Umsicht und Toleranz, damit die allmähliche Entwicklung der Komposition gewürdigt werden kann. Nach sieben Minuten wird der Track weiter verlangsamt, beruhigt und neu aufgebaut. Diese Wendung wird jedoch nicht als Stilbruch wahrgenommen, weil sie nicht hektisch, sondern überlegt durchgeführt wird. Der Sound fußt auf den zwei beherrschenden E-Gitarren, die miteinander kommunizieren, indem sie sich durch Lead- und/oder Rhythmus-Spiel ergänzen, duellieren, unterstützen oder unterschiedliche Wege zum gemeinsamen Ziel suchen. Und dies besteht darin, hypnotische und gegenläufige Situationen aufzubauen. Bassist Kim Skaug und Schlagzeuger Kenneth Simonson sorgen unterdessen bei allen Facetten der Darstellung für eine beständige, verlässliche, kontrollierte Revolte.
„One For Sorrow“ schickt indianische Gesänge, die durch weibliche Unterstützung besänftigt werden, sowie ethnische, monotone Rhythmen vorweg. Diese Zutaten dienen jedoch nur zur Verzierung für den zunächst gemächlich ablaufenden Southern-Rock, der nach drei Minuten noch Geschwindigkeit aufnimmt und fiebrige Gitarren-Soli verordnet bekommt. Arnt Olaf Andersen zählt zwar nicht zu den ausdruckstärksten Sängern des Planeten, aber dafür weiß er genau, wie er seine herben, angerauten Stimmbänder einsetzen muss, um eine dunkle Atmosphäre zu erzeugen, die das strenge Gesamtbild abrundet. Das dickflüssig fließende, wortreiche „Lay Down“ orientiert sich in diesem Zusammenhang am Classic-Rock, ohne aber die üblichen, bekannten Mainstream-Muster zu bedienen.
Das epische, achtminütige „Heart Of The Mountain“ braucht allein über fünf Minuten, bis aus dem düster-mystischen Stück ein stattlicher, sägender Rocker wird. Das entschlossene, moderat drängende „No Man`s Land“ bahnt sich dann zielsicher seinen Weg durch das angestrebte Boogie-Pop-Wunderland und „Time Ruins Everything“ verbreitet anfangs einsame, weite Spaghetti-Western-Landschaften vor dem geistigen Auge, bevor der Track zügig über die Prärie galoppiert. Die Gruppe lässt es sich jedoch nicht nehmen, das Tempo noch mal raus zu nehmen und über ein engagiertes, furioses Gitarren-Solo den Ablauf wieder neu aufzubauen und die Dynamik dabei stetig anzupassen.
The Devil And The Almighty Blues haben die Nase vorn, wenn es darum geht, mit Bedacht, Übersicht und stilistischer Breite zu glänzen. Neben dem mindestens unterschwellig vorhandenen Bluesrock-Grundgedanken sind noch Stoner-, Punk- und Heavy-Rock-Anteile auszumachen. Die verwirbelten Gitarren-Läufe haben ihren Ursprung im Psychedelic-Rock und die abgeschichteten, wechselnden Song-Strukturen kommen häufig im Progressive-Rock vor. Durch Verwendung dieser Einflüsse schaffen es die Musiker, ihren Konstruktionen trotz der minimalistischen Eigenheiten Würze und Kontraste zu verleihen. Blues-Puristen werden vielleicht trotzdem die Nase rümpfen. Wer allerdings unverbrauchte Rockmusik sucht, die sich unbeirrt mit ausufernden, stoischen Gitarren-Sounds beschäftigt, liegt hier goldrichtig.

Erstveröffentlichung dieser Rezension: The Devil And The Almighty Blues - Tre

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