Van Der Graaf Generator - Present (2005)

Die Erwartungen waren sehr hoch. Schließlich brachte die letzte VDGG-Reunion ab 1975 eine Reihe von Meisterwerken hervor. Und jetzt nach 27 Jahren die nicht zu hoffen gewagte Auferstehung der eigenwilligsten, extremsten und kreativsten Artrock-Band der Geschichte - zumindest nach eigener Einschätzung. 

Zustande kam die Wiederbelebung nicht etwa durch den Gedanken an den schnöden Mammon - die Band gehörte schließlich nie zu den Top-Verdienern der Branche - sondern durch das jähe vor Augen führen der Endlichkeit des Seins. Chefdenker Peter Hammill hatte im Dezember 2003 einen Herzinfarkt und er traf sich mit seinen Band-Kollegen immer häufiger auf Beerdigungen von gemeinsamen Weggefährten. Das prägt!! Man war sich bewusst, dass man gemeinsame Aktivitäten nicht allzu lange heraus schieben sollte. Das erste Ergebnis dieser Überlegung ist dann gleich ein Doppelalbum geworden. 
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Eine CD mit Songs, eine mit Improvisationen. Die „Songs"-CD wird durch „Every Bloody Emperor" eröffnet. Eigentlich war die Komposition für ein Hammill-Solo-Album gedacht, sie bildet jedoch einen würdigen, wenn auch verhaltenen Beginn. Es brodelt unter der Oberfläche, die Explosion bleibt aber aus.
Es folgt mit „Boleas Panic" ein verspielter Instrumentaltitel von Saxophonist/Flötist David Jackson, der besser auf die Improvisations-CD gepasst hätte.
„Nutter Alert" beginnt mit eindringlichen Saxophon-Fanfaren. Hammill ergänzt mit energischem Gesang. Das aggressive Potential der Band kommt zu Tage. Organist Hugh Banton steuert eine hymnische Orgel-Einlage bei. Das locker swingende Grundthema wird von Jacksons Saxophon angegriffen und zerlegt. Schließlich findet die Band wieder zusammen. Spannendes klassisches VDGG-Songwriting. 
„Abandon Ship!" beginnt verheißungsvoll mit bissigen E-Gitarren Riffs, aber im Verlauf fehlt es an zwingender Melodik und so dümpelt das Ganze konturlos vor sich hin. Dafür entschädigt „In Babelsberg" als punkiger Art-Rock. Klasse!

Der letzte Track heißt „On The Beach" und ist leider keine Cover-Version des Neil Young-Titels sondern eine zu seichte Ballade mit schwacher Melodie. Da ist man von Hammill bessere Qualität gewohnt, hat er doch unsterbliche Tränenzieher wie „Vision" oder „Again" verfasst. 

Die Improvisations-CD bietet 10 Titel, die ohne Gesang aufgenommen wurden und vom Charakter eher den „Long Hello"- Aufnahmen der Band ohne Peter Hammill ähneln: Jazzige Tunes mit Soundtrack-Feeling und viel Freiraum für Bläser- und Orgel-Spielereien. Insgesamt ist „Present" eine hoch willkommene Rückmeldung der alten Helden. Ein Klassiker ist die Veröffentlichung aber leider bei weitem nicht geworden. 

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