DJ Amir Presents Buena Musica y Cultura + Jay Strongman Presents Popcorn Heartbeat + The Grasso Brothers Present: We Know How To Boogie + The 50th Anniversary Collection Of Sunny (2016)

Compilation-Control: Latin, Popcorn, Boogie und ein „Sunny“ Tribute.

An dieser Stelle gibt es nun wieder Beispiele für außergewöhnliche Leistungen auf dem Gebiet von themenbasierten Musik-Zusammenstellungen. Hier waren Könner mit Herzblut am Werk, die über detailliertes Insiderwissen verfügen:

Begeisternder, rarer Latin-Sound aus den 1960er und 1970er Jahren.

DJ Amir Presents Buena Musica y Cultura beinhaltet obskure Latin-Tracks der 1960er und 1970er Jahre, die hauptsächlich aus New York stammen.

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Das ist der Stoff, den Carlos SANTANA als Vorlage für seine frühen Aufnahmen im Ohr gehabt haben mag oder den STEPHEN STILLS zur Belebung einiger seiner Kompositionen heranzog. Die Musik lebt von der hinreißenden Dynamik der Schlaginstrumente, die manchmal ein Eigenleben entwickeln. Trotzdem wird das komplexe Gesamtkonstrukt von unsichtbaren Kräften zusammengehalten. Überall klappert und scheppert es. Es klingelt und klopft und die Poly-Rhythmen bewegen sich abwechselnd auseinander und wieder aufeinander zu.

Die Musik atmet und pulsiert dadurch. Fanfarengleiche, manchmal stechend intensive Blechbläser und lebensfrohe Flöten starten Attacken, die in ihrer aufgestachelten, alarmierenden Wirkung in dieser Form gerne auch für Thriller-Soundtracks verwendet werden. Der Rhythmusteppich ist so stabil und euphorisierend, dass die Solisten die schrägsten Einfälle unterbringen können, ohne den geschmeidigen Ablauf zu stören: Der Bassist, der Pianist und der Posaunist von LA MODERNA OF NEW YORK erhalten zum Beispiel bei „Picadillo“ Freiräume zur künstlerischen Entfaltung und nutzen diese außergewöhnlich jazzig und ausdrucksstark. Es ist ein seltener Glücksfall, wenn Musik gleichzeitig körperlich wie auch intellektuell ausgerichtet ist. Hier wird sowohl das Tanzbein angeregt wie auch Staunen über die Virtuosität der Musiker erzeugt. Das ist durchgängig herrlich anzuhören!

Rhythm & Blues zum Jive tanzen oder entstand zuhören. Popcorn Heartbeat 1958 bis 1964 passt zu beiden Gelegenheiten.

Popcorn ist ein Musik-Potpourri, das in den 1970er Jahren in Belgien aus alten Soul-, Rhythm & Blues-, Ska- und Pop-Scheiben destilliert wurde und sich eher im unteren Tempobereich bewegt. Dazu wurde dann ein langsamer Jive getanzt. Jay Strongman Presents Popcorn Heartbeat ist eine Zusammenstellung, die sich auf die Rhythm & Blues-Stücke, die im Zeitraum von 1958 bis 1964 entstanden, konzentriert:

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„River Love“ von HILLARD STREET versprüht exotischen Zauber und DOLLY LYONs „In The Palm Of Your Hand“ hat beinahe den selben Coolness-Faktor wie der Evergreen „Fever“, im Original von LITTLE WILLIE JOHN. Auch „You Got Me Crazy“ von LEW CONETTA ist stilistisch an der dunklen Nachtclub-Atmosphäre von  „Fever“ ausgerichtet worden, überzeugt aber schon alleine aufgrund des engagierten Gesanges.

„Lonely Moon“ von JOHNNY WELLS kann ebenfalls als extrem cool groovender Rockabilly punkten. Schmierige Streicher und Background-Sängerinnen, bei denen es sich auch um verstellte Männerstimmen handeln könnte, sorgen hier für Schräglage. VARETTA DILLARD lässt die Stimme aufgrund ihrer Wut über eine zerbrochene Beziehung für „That`s Why I Cry“ grimmig vibrieren. In diesem Gemütszustand möchte man der Dame lieber nicht begegnen. Ein Saxophon erzählt verzerrt von der Pein und die Rockabilly/R&B-Basis heizt die gereizte Stimmung noch zusätzlich an. So entsteht ein Liebesdrama voller sinnlicher Bezüge.

KITTIE WHITE hat Vorahnungen, dass ihr nächstes Date peinlich enden könnte. Das HUGO PERETTI ORCHESTRA unterstreicht diese drohende Situation bei „I`m Gonna Be A Fool Next Monday“ mit mächtigen Bläsersätzen, die stark und abgeklärt zugleich rüberkommen. Solche Mini-Dramen finden sich zuhauf auf diesem Album. Die Intensität der Verarbeitung der Gefühle hat dabei eine Bandbreite, die sich von leidend-schmalzig bis trotzig-beherrscht erstreckt. Fans von DION & THE BELMONDS, den frühen WALKER BROTHERS, von DUSTY SPRINGFIELD oder PEGGY LEE sollten sich hier auf jeden Fall angesprochen fühlen.

Rare Disco-Tracks aus den 1970er und 1980er Jahren bietet We Know How To Boogie

The Grasso Brothers Present: We Know How To Boogie ist das Produkt der italienischen Brüder Gino und Federico Grasso, bei dem rare und obskure Disco-, Boogie- und Soul-Perlen zusammengetragen werden, die in der Zeit von Mitte der 1970er Jahre bis Mitte der 1980er Jahre entstanden sind.

We Know How To Boogie bei Juno Records

Die Tracks eignen sich nicht ausschließlich nur zur Füllung von Tanzflächen, sondern auch zum Einsatz in der Chill-Out-Zone oder für den Heimbedarf bei ungezwungenen Feiern. Das Tempo vieler Tracks ist maximal im Mid-Tempo-Bereich angesiedelt, hitzige oder rasante Passagen sind selten. Der Groove baut sich deshalb in der Regel mit Laufzeiten bis über neun Minuten nur langsam auf. Die Sammlung richtet sich auch an Spezialisten der Disco-Ära, die alles sammeln, was an hörenswerten Veröffentlichungen stattgefunden hat und auch Interesse an instrumentalen Spielereien haben.

So verbindet KENNY PIERCE mit seinem zurückgenommenen „Done Been“ die lässige Eleganz von KID CREOLE & THE COCONUTS mit chromblitzendem Funk-Jazz. Die TOGETHER BAND setzt bei „You Can`t Run From Love“ auf eine Kombination aus leichtfüßigem Philly-Sound mit Bass-lastigem Schlafzimmer-Soul. SHARON JOHNSON singt teils abgeklärt, teils schwärmerisch und bedient mit „A Better Day“ eine Schnittmenge aus flüssigem Disco und glattem Pop. Zu „Times Three“ von ARABI kann eine kesse Sohle aufs Parkett gelegt werden, ohne dass sich die Tänzer verausgaben müssen. Ein kurzes Gitarren-Solo, hüpfende Keyboard-Noten und energische Bläser tragen dazu bei, dass der Song kurzweilig bleibt. LIVING COLOUR  legen mit „Plastic People“ einen federnden Funk vor und THOSE GOOD INTENTIONS können mit dem belebenden „We Know To Boogie“ punkten. Ansteckend optimistisch ist „Dance To Freedom“ von SHERMAN HUNTER ausgefallen und „Le Love“ von BLACK SUN schlägt schwungvoll in die gleiche Kerbe.

Die Zusammenstellung zeigt die Disco-Welle also aus der Sicht von Musikern, die es nicht zu Ruhm und Ehre gebracht haben, aber vielfach einen reizvollen Beitrag beigesteuert haben.

Der Klassiker ist zurück: Zum 50jährigen Jubiäum gibt`s eine neue Zusammenstellung von Sunny-Interpretationen.

Sunny ist ein Evergreen. Ein Song, den jeder schon mal gehört hat und der über die Jahre nichts von seiner Faszination einbüßte. Es gibt ca. 2.000 Versionen des Liedes und im Jahr 2000 wurden schon mal ein paar bekannte und markante Interpretationen zusammengetragen. Anlässlich des 50sten Geburtstags erfolgt jetzt eine erneute Würdigung der Komposition und dessen Verfassers BOBBY HEBB. Dieser wurde durch die Ermordungen von John F. Kennedy und seines Bruders, die an zwei aufeinander folgenden Tagen geschahen, sowie eines violett erscheinenden Sonnenaufgangs in New York City zu den unsterblichen Zeilen und der zeitlosen Melodie inspiriert.

Das Lied kam allerdings nur durch Zufall auf Bobbys erste, empfehlenswerte und auch neu herausgebrachte Langspielplatte: Am Ende der regulären Aufnahmen war noch Studiozeit über und so spielte Mr. Hebb die Komposition mit den noch verbliebenen Studiomusikern ein und schuf so spontan einen Pop-Klassiker, der natürlich auch auf The 50th Anniversary Collection Of Sunny vertreten ist. Die Auswahl der Interpretationen verdeutlicht eindrucksvoll, wie flexibel der Track einsetzbar ist. Er taugt für etliche Musikstile und durch die Transformation werden jeweils neue Facetten freigelegt.

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JAMES BROWN macht daraus mit dem DEE FELICE TRIO und der großartigen Sängerin MARVA WHITNEY einen Late-Night-Jazz, der zunächst melancholisch und später aufgedreht abläuft. Auf die große Show-Bühne wird der Track mit unterschiedlicher  Intensität durch SHIRLEY BASSEY, den Schauspieler ROBERT MITCHUM, TRINI LOPEZ und DUSTY SPRINGFIELD gehoben. Von THE HEAD SHOP wird der Titel in einen Psychedelic-Pop umgewandelt und das JOHN SCHRÖDER ORCHESTRA lässt das Lied swingen. GEORGIE FAME überführt ihn in seinen speziellen Rhythm & Blues und peppt ihn mit Funk-Gitarren auf.

CHER erstaunt mit einer coolen Southern-Soul-Pop-Version und WILSON PICKETT legt seine gesamte Stimmgewalt und tief empfundene Emotionen in den Track, wobei er das Tempo niedrig hält. Jazz-Flötist HERBIE MANN hat sich für seine Interpretation stimmliche Unterstützung von TAMIKO JONES geholt und BOOKER T. & THE MG`s bleiben ihrem Sound treu und verfassen eine groovende Instrumentalnummer, bei der Gitarre und Orgel quasi den Gesangspart übernehmen.

Die große Dame des Jazz, ELLA FITZGERALD, mag es karibisch und lässt einige Percussion-Instrumente ausgelassen klappern, bevor das Jazz-Orchester die Oberhand gewinnt und sie mit ihren Gesangskünsten die Komposition variabel vereinnahmt. JOSE FELICIANO gibt seinem Bossa-Nova-Arrangement noch ein Streicher-Gewand mit, was dann zu einer Weichzeichnung führt. Zwölfmal der gleiche Song, ist das nicht langweilig? Nein, denn Sunny macht bei jeder Bearbeitung erneut eine gute Figur.


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