Sam Outlaw - Tenderheart (2016)
SAM OUTLAW befindet sich auf der
Schwelle zwischen Neo-Country-Traditionen und anspruchsvollem Singer-Songwriter-Denken.
Sam Morgan
hörte als Kind Country-Swing und die BEATLES. Anfang der 1990er Jahre zogen die
Eltern des damals 10Jährigen von South Dakota nach Southern California. Hier
wurden EMMYLOU HARRIS und GEORGE JONES große Einflüsse im Bestreben, später
Profimusiker zu werden. Als die Entscheidung getroffen war, nahm er den Geburtsnamen
seiner Mutter als Künstler-Ego an. Für einen Country-Musiker ist das nicht die
schlechteste Wahl. Mr. Outlaw macht grade eine Metamorphose vom
Neo-Traditionellen Country-Sänger zum selbstbewussten, eigenständigen
Singer-Songwriter durch. Auch der Soft-Rock der frühen 1970er Jahre haben bei
ihm Spuren hinterlassen. Seine Stimme erinnert nämlich an Wegbereiter dieses
Stils wie DAN FOGELBERG oder NED DOHENEY. Außerdem kommen Vergleiche mit dem
fast vergessenen, intensiven KEVIN MONTGOMERY, der 1993 das tolle, introvertiert-eindringliche
FEAR NOTHING veröffentlichte, ins Gedächtnis.
SAM OUTLAW befindet
sich in einem guten Entwicklungsstadium, denn fast alle Songs auf seinem
zweiten Solo-Album haben scharfe Konturen und straffe Melodien, die von seinem
sinnlich-tiefschürfenden Gesang umgeben werden. Der einschmeichelnden,
suggestiven Wirkung der Lieder kann man sich kaum entziehen. Zurzeit bewegt
sich der Musiker kompositionstechnisch im Dreiecksverhältnis zwischen dem
Laurel-Canyon-Folk-Rock und den Anfängen des Country-Rock ab Mitte der 1960er
Jahre sowie dem daraus entstandenen Soft-Rock. Traditionen, individuelle
Ausdruckskraft und Eleganz treffen so aufeinander und werden meistens
ausgewogen miteinander abgeschmeckt. Nur selten sind die Songs zu weich
gezeichnet und zu ausladend arrangiert, wie z.B. beim Titelstück.
Wem also herkömmliche introvertierte Songwriter meistens zu düster und grau sind und wer gerne packende oder eingängige Melodien mag, der bekommt mit SAM OUTLAW genau die richtige Alternative und Mischung geliefert. Denn der Musiker vereint Sensibilität, Geschmeidigkeit und Ernsthaftigkeit. Das gefühlvolle „Everyone`s Looking For Home“ überrascht mit plötzlich einsetzenden verfremdeten Tönen, die sowohl von Streichern, aber auch von Mariachi-Trompeten stammen. Die beherzten, wohlklingenden Country-Rocker „Trouble“ und „Say It To Me“ haben die Klasse und Reife der gehaltvoll-lockeren Songs der DESERT ROSE BAND des ex-THE BYRDS-Mitglied CHRIS HILLMAN.
Auch der zu Tränen rührende Country-Walzer „She`s Playing Hard To Get (Rid Of)“ ist eindringlich, ohne klebrig zu sein. „Two Broken Hearts“ kann als leicht ins Ohr gehender Country-Pop mit Schwung überzeugen, der sich nicht an mögliche Charts-Notierungen anbiedert. Outlaws Vortrag ist tiefschürfend, aber nicht depressiv. Er ist melancholisch, dabei aber selten schmalzig.TENDERHEART wächst aufgrund der starken Songs mit jedem Hördurchgang. Sam ist ein talentierter Musiker, der die Chance verdient, sich weiter beweisen und entwickeln zu dürfen. Hoffentlich fällt seine hoffnungsvolle Karriere nicht noch kommerziellen Gesichtspunkten zum Opfer.
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