Rich Medina Presents Jump N Funk + DJ Format's Psych Out + DJ Spinna Presents The Wonder Of Stevie Vol. 3 (2016)

Compilation-Control: Afro-Funk, Psychedelic und ein Stevie Wonder Tribute.

Es ist immer wieder schön zu erleben, wenn sich Spezialisten um Zusammenstellungen selten gehörter oder schwer zu erhaltener Musik kümmern. Der Antrieb dafür ist dann im besten Fall wahre Leidenschaft, so wie auch bei diesen Beispielen.

Rich Medina Presents Jump N Funk

Album Rich Medina Presents Jump 'N' Funk Vol. 1, Various Artists ...

ist als Hommage an Fela Kuti, den Godfather Of Afro-Beat, konzipiert worden und hat sich zu einer seit 15 Jahren weltweit stattfindenden Partyreihe gemausert. Selbstverständlich enthält die Zusammenstellung auch Aufnahmen des Afrobeat-Pioniers und dessen Nachfolgern. Alle Stücke auf dieser Sammlung zitieren auf irgendeine Weise die Musik des Afrikaners. Felas Schlagzeuger Tony Allen sollte Pop-Fans mindestens durch seine Mitgliedschaft bei der von Blur-Chef Damon Albarn gegründeten Formation The Good, The Bad & The Queen bekannt sein. Er ist hier mit dem hypnotischen Remix von „Wajid“ und dem geschmeidigen Funk „Nina Lowo“ vertreten. „Why Can`t We Live Together“ von Timmy Thomas bekommt einen interessanten rhythmischen Anstrich durch die Formation River Ocean verpasst und erstrahlt dadurch in neuem Glanz. Vor Ausgelassenheit und Lebensfreude sprüht „Fire“ von Akua Allrich, einer der wenigen Songs, der unter vier Minuten bleibt.

Afro-Rhythmen harmonieren auch in Verbindung mit moderneren Strömungen wie House, wie „For Real (Part 1)“ von Atjazz im Re-Mix beweist und Wale Oyejide verbinden für „Olodumare“ traditionelle afrikanische Klänge mit elektronischen Sounds . Zafari erschaffen bei „Addis Ababa“ ein Soundgeflecht, das die eckigen Rhythmen eines Captain Beefheart mit Thriller-Jazz-Themen zu einem spannungsreichen Gebräu verbindet. Durch eine lodernde, rhythmisch bewegliche und sich minimalistisch steigernde Atmosphäre kann „African-Scanian Music Continuum Rerouted“ von Damn! und das elegante, jazzige „Over The Bridge“ von den Skeletons im Afrostreet Re-Mix überzeugen. Auf den 2 CDs finden sich etliche Stücke, die einen beständigen Groove aufweisen sowie attraktive polyrhythmische Feinheiten und bemerkenswerte solistische Ausflüge bieten. Das gefällt in den meisten Fällen, vorausgesetzt, man kann mit Afro-Beat generell etwas anfangen.

Für DJ Format`s Psych Out

DJ Format's Psych Out | BBE

wurden herrlich schräge, abseitige, anachronistische Kuriositäten, die selbst zur Zeit ihrer Entstehung nur am Rande als Stilblüten wahrgenommen wurden, ausgegraben. Aus heutiger Sicht sind diese abgedrehten Hippie-Sound Ausgrabungen nicht ohne Komik. Wahrscheinlich ist das hebräische Volkslied „Hava Nagila“ noch nie so freakig interpretiert worden, wie von The Quests aus Singapur. Verzerrte Gitarren, Sitar-Klänge und eine Kaufhaus-Orgel sorgen in Kombination dafür, dass dem Hörer ein Lächeln ins Gesicht gezaubert wird, so bekloppt klingt das. Friar Truck verpassen dem Garagen-Rock-Klassiker „Louis, Louis“ eine merkwürdige Gospel-Pop-Version und die Rainbow Family hätte wahrscheinlich lieber Hard-Rock gespielt, sie schummeln sich aber bei „Travellin`Lady“ mit billigen Effekten durch den psychedelischen Dschungel. Das ist armselig, aber sehr lustig. Die Mitglieder der CT Four Plus waren tatsächlich Mönche. Ihr „Exodus II“ dümpelt rhythmisch relativ ereignislos vor sich hin, als würden sie sich noch halbwegs in einer Meditationsphase befinden. 49th Blue Streak versuchen sich an Jimi Hendrix „Foxy Lady“ und imitieren durch verzerrte Gitarren seinen Sound, wirken aber wie eine billige Imitation. Das klingt nach Scheitern als Kunstform.

„Jet Pop“ der Bana Pop Band wurde Ende der 60er Jahre in Frankreich für Schokoladenwerbung eingesetzt und hört sich an, als ob ein Tanzorchester das Hair-Musical interpretiert. Mit der Brechstange wird noch ein flippig-wirres Gitarren-Solo einbaut. Der Ostblock war für eine strenge Ernsthaftigkeit im Umgang mit psychedelischer Musik bekannt, die in krassem Kontrast zur westlichen Sichtweise stand. Koncz Zsusa und Krzysztof Klenczon sind gute Beispiele für diesen Musik-Typ. Der Russe Aleksandr Sergeyevich Zatsepin spielte Soundtrack zum Science Fiction-Film „Sannikovs Land“ ein und meinte, allerlei Geräusche, wie Quietsche-Entchen, einfügen zu müssen. Ein Brüller! Die Zusammenstellung würdigt die unfreiwillig komischen Auswüchse der psychedelischen Musik und ist deshalb ein großes Vergnügen für Menschen, die die endsechziger Jahre bewusst miterlebt haben und eine Bereicherung für alle, die an exotischen, absonderlichen Sounds interessiert sind.

Das wurde auch mal Zeit, dass sich jemand dem Werk des genialen Stevie Wonder nähert, auch wenn dieser seit 1980 keine Großtaten mehr zustande gebracht hat. Sein Freund Vincent Williams hat unter der Firmierung DJ Spinna Presents The Wonder Of Stevie Vol. 3 Cover-Versionen zusammengetragen, die zwischen 1972 und 2011 veröffentlicht wurden.

DJ Spinna presents the Wonder of Stevie - Volume 3 - Various ...
Darunter ist das unverwüstliche „I Don`t Know Why I Love You“, das von David Porter 2007 in der abgeklärten Art eines Clarence Carter („Patches“) dargeboten wird. Die Referenz-Version vom Hamburger Maxim Rad von 1995 ist hier nicht enthalten. Es muss ja auch noch was für Folge 4 übrig gelassen werden. Elegant und funky geht es bei „Make My Water Boil“ von David Ruffin zu und FBI machen nach dem Vorbild von Sly & The Family Stone oder The Temptations aus „Keep On Running“ einen ausufernden Psychedelic-Funk. BJ Thomas lässt „Happier Than The Morning Sun“ wie einen Song der kanadischen Folk-Legende Gordon Lightfoot klingen und „Have A Talk With God“ der East St. Louis Gospelettes ist ein cool groovender Funk-Gospel. Ein Hauptaugenmerk liegt auf den weich fließenden Titeln, die leicht und flockig ins Ohr gehen. So wie der Southern Soul/Mellow-Jazz-Verschnitt von Betty Everetts „Just A Little Piece Of You“ oder „If She Breaks Your Heart“ in der schwebend-sanften Version von The Foreign Exchange von 2008.

Als Kontrast hätten noch paar aufrüttelnde Nummern gut getan, aber leider konnte das furiose „Do Yourself A Favour“ von Edgar Winter`s White Trash aus rechtlichen Gründen nicht berücksichtigt werden. „Pastime Paradise“ war schon immer als Steilvorlage für eine Latin-Soul Cover-Version gut. Diese Möglichkeit nutzen auch Sunlightsquare mit ihrer Interpretation aus 2005. Im Übergang vom Philly-Soul zur Disco-Ära gab es auch Wonder-Verehrer, wie G C Cameron, der „If You Don`t Love Me“ zum Besten gibt. Auch für modernere Dance-Tracks lässt man sich gerne vom Meister inspirieren, so wie Jrod Indigo bei ihrer Fassung von „Go Home“. Insgesamt bietet die Platte also abwechslungsreiche Unterhaltung und eine gute Gelegenheit, Stevie Wonder neu- oder wiederzuentdecken.

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