Non Canon - Non Canon (2016)

Nachdenklich, aber nicht depressiv. Kunstvoll, aber nicht kopflastig. So versteht Barry Dolan die Magie von melancholischen Songs.

Non Canon ist das Art-Folk Projekt von Barry Dolan aus Bristol, der 2014 noch mit „Half-Life Of Facts“ ein impulsives, druckvolles Heavy-Punkrock-Album unter seinem Bandnamen Oxygen Thief herausgebracht hat. Non Canon ist komplett anders. Barry zeigt sich verletzlich und melancholisch, aber nicht resignierend. Die Songs wurden intelligent aufgebaut, der Gesang behält seriös die Kontrolle über die Situation und die instrumentelle Begleitung wirkt gediegen und ungewöhnlich. Der wandlungsfähige Musiker schildert in seinen Tondichtungen Ängste ohne Selbstmitleid und die Musik lädt auf intellektuelle Weise zum Innehalten ein.

Sparsamkeit bestimmt „Splinter Of The Mind`s Eye“. Klirrend-tropfende Akustik-Gitarren-Töne und A Cappella-Gesang werden zunächst separat aufgeführt und finden erst später zueinander. Wehmütige, schwere Cello- und Geigenklänge komplettieren diesen kammermusikalischen Folk. Bei „Eponymous“ finden bodenständiger Folk und experimentelle Songstrukturen zueinander. Das hört sich, wie auch „Bad Twin“, nach der komplexen Komponierweise von Bill Callahan an. Das Piano öffnet hier Räume, die durch Marsch-Schlagzeug und Trauer-Cello gefüllt werden.

Protest-Folk in laut und leise übermittelt „The Book Of Jasher“. Die akustische Gitarre verbreitet für „Home Alone 3“ Übungs-Akkorde und Barry Dolan singt unbeirrbar seine Verse darüber: Als würden Stimme und Instrument aneinander vorbei kommunizieren. Ausgebremster Power-Pop wird bei „A Study In Emerald“ in lebendigen Art-Pop umgewandelt

und „Crayola“ regt als barocke Pop-Kunst an.

Virtuos und kreativ gespielten, extravagant inszenierten instrumentalen Folk gibt es bei „1999 In Roman Numerals“ zu hören. „Memory Beta“ lebt in allen Belangen von monotonen Wiederholungen. Das gilt sowohl für die Gitarrenakkorde wie auch für die Refrains, die endlos und übertrieben nachhallen. Der Hypnotik-Effekt wird jedoch überstrapaziert und schlägt in Langeweile um. 

Für Barry Dolan ist redensartlich das Glas zwar halb leer, aber er ist nicht betrübt deswegen, sondern sieht das nüchtern als Tatsache. Wenn die Flasche dann leer ist, gibt es eben eine Neue. Bravo, hier wird das Prinzip Hoffnung bewusst gelebt: Hilf dir selbst, dann hilft dir Gott. Der nachdenkliche Songwriter drückt also glaubhaft Betroffenheit aus und kann dies intensiv musikalisch darstellen. 

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