Larry & His Flask - Remedy (2018)

Folk ist nur die Basis für ein Stilgemisch, das Larry & His Flask außergewöhnlich vielseitig erscheinen lässt.


Das Quintett Larry & His Flask kommt aus Bend in Oregon, aber einen Larry sucht man vergebens unter den Bandmitgliedern. Stattdessen besteht die Gruppe aus Kirk Scatvold (Mandoline, Tompete), Andrew Carew (Banjo, Trompete, Posaune), Jeshua Marshall (Stand-Up Bass, Harmonika, Bariton-Horn) und dem Lead-Sänger und Gitarristen Ian Cook. Dieser besitzt eine flexible Stimme, die stilübergreifend einsetzbar ist. Sie kann verwöhnen, aufbrausen, trösten, zum Tanz auffordern und ernsthaft unterhalten. Diese Allzweckwaffe ist das große Plus der Formation und wird entsprechend prominent hervorgehoben. Die Gruppe bringt unterschiedlich intensiv diverse Folk-Bestandteile in ihre Musik ein, streift aber die reine Lehre nur am Rande. Der betrübten Folkie, der einsam zur Begleitung seiner Akustik-Gitarre singt, kommt dabei aber nicht zum Tragen.

Diese Folklore enthält sowohl ländliche wie auch urbane Bestandteile und funktioniert stets als flexibles Ensemblespiel. Jazz, Blues, Rock & Roll sowie Pop-Wurzeln werden in den Sound eingearbeitet und sorgen für Abwechslung, wobei einige Vorbilder und Einflüsse klar auf der Hand liegen: The Band, Bruce Springsteen, Mumford & Sons, Country Rock und Bluegrass. Übermütig und aufgedreht nimmt der Opener „Atonement“ Fahrt auf und wird nur vom bedächtigen Gesang im Zaum gehalten. Folk-Ska trifft dabei auf Singer-Songwriter-Pop. Das balladeske „Doing Fine“ erreicht durch einen swingenden Dixieland-Rhythmus, dass sich die Melancholie in Grenzen hält.

„This Remedy“ bedient sich schäumender Banjo-Riffs, um einen hymnischen Eindruck zu erzeugen. Der trabende Rhythmus und der geschmeidige Gesang sorgen dann dafür, dass sich die Mumford & Sons-Ähnlichkeit verflüchtigt.

„Ellipsis“ sorgt erneut für Schwung und führt den Country-Folk auf die Tanzfläche. „Never All The Times“ versetzt uns mit behebigem, Bläser betonten Oldtime-Jazz zunächst nach New Orleans. Larry & His Flask wenden dann das Blatt und formen aus dem Song ein engagiertes, erwachsenes Pop-Stück, auf das auch Elvis Costello stolz gewesen wäre.

„Begin Again“ plätschert zunächst freundlich, aber relativ ereignislos dahin, wird aber im letzten Drittel durch eine scharfe Trompete und eine quengelnde Gitarre befeuert. Der bittersüße Country- und Folk-Rock „Hoping Again“ hält gekonnt die Balance zwischen dunkler Ballade und zuckriger Schnulze. „The Place That It Belongs“ kommt bei ähnlicher Ausrichtung ohne viel Pathos aus, verfügt aber über einen lebhaften Rhythmus, der das Lied aus der Traurigkeit heraus befördert.

„Dearly Departed“ kann schon beinahe als Hillbilly-Punk bezeichnet werden, so flott ist der Track unterwegs. Wieder ist es der ausgleichende, aber dennoch engagierte Gesang, der ein überkochen verhindert. Für den treibenden Folk-Rock „You Won`t“ zeigt die Band eine etwas aggressivere Seite, ohne allerdings aus der Fassung zu geraten. Für „Behind the Curtain“ wird Flamenco, Gypsy-Swing, Mariachi-Sound, Rock und Polka zu einem abwechslungsreichen Weltmusik-Gebilde mit Pop-Anstrich verarbeitet. Aber das abschließende „Three Manhattans“ ist dann doch zu unspezifisch und phasenweise zu schlagerhaft geraten, um eine nachhaltig positive Wirkung zu erreichen.

Die Platte ist dennoch sehr abwechslungsreich und unterhaltsam geraten. Manchen eher aufwühlenden Stücken hätte es allerdings gut getan, wenn der hervorragende Sänger etwas mehr aus sich heraus gegangen wäre und seiner natürlichen Aggressivität freien Lauf gelassen hätte. 

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